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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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in den nächsten Tagen hier eintreffen wird. Sie soll unsere schöne Audofleda abholen.«
    »Das ist nicht wahr!«, schrie Lanthild so laut, dass die lärmenden Zecher an den Tischen aufmerksam wurden.
    »Oh doch!«, bekräftigte Bobo. »Die beiden Männer dort am Ende des Tisches, die wie bunte Vögel gekleidet sind … siehst du sie? Sie kommen aus Italien und bilden die Vorhut, um uns vorzubereiten. Die eigentliche Gesandtschaft unter Leitung eines Bischofs Albilas ist noch fünf Tagereisen zurück. Zu unserer Hochzeitsfeier wird sie aber rechtzeitig eintreffen. Wie glücklich wird mein Freund und Gefolgsherr sein, wenn er das erfährt! Wie wird er die Botschaft genießen! So hat er doppelten Grund zur Freude!«
    Bobo spitzte die Lippen und erzeugte einige Schmatzlaute, als schmeckte er den Genuss im Voraus.
    »Weiß meine Schwester es schon?«, fragte Lanthild.
    »Gewiss. Ich selbst überbrachte ihr die glückliche Kunde. Vor Überraschung sank sie beinahe in Ohnmacht. Ihre Frauen mussten sich um sie kümmern.«
    »Und habt ihr schon Nachricht nach Berny gesandt?«
    »Noch nicht. Die Männer aus Italien sind ja gerade erst hier eingetroffen. Du siehst, mit welchem Appetit sie sich stärken. Ich hätte sie gleich nach Berny weitergeschickt, aber soviel ich weiß, ist mein Freund und Gefolgsherr zur Jagd aufgebrochen. Die Männer haben einen langen, beschwerlichen Weg hinter sich. So können sie erst einmal hier rasten und sich erholen.«
    »Das ist vernünftig!«, sagte Lanthild rasch. »Chlodwig wird erst in ein paar Tagen zurück sein, frühestens übermorgen. So lange hat die Sache wohl Zeit.«
    »Mag sein. Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es jetzt nicht mehr an. Am Ende ist es nun doch noch ein König. Wie schön! Aber es wird gewiss der Einzige bleiben, denn ringsum sind alle anderen schon vermählt, auch die erwachsenen Söhne der Könige. Ja, so lässt euch nun eure geliebte Schwester zurück … in Kummer und Schmerz. Besonders wird Albofleda leiden, weil sie dann noch einsamer sein wird und kein Ehemann sie tröstet. Die Freude der einen ist das Leid der anderen!«
    Bobo seufzte und wartete auf eine Antwort, die seine Hoffnung auf Albofleda vielleicht noch einmal beleben konnte. Doch Lanthild hatte jetzt anderes im Sinn. Sie ließ ihn stehen und rannte davon.
    »Hochnäsige Ziege!«, brummte der dicke Majordomus. »Wer ist sie schon? Sie hat einen Misthaufen mit zwei Mansen geheiratet!«
    Lanthild stürmte treppauf und fand Audofleda in dem Gemach, das mal ihr gemeinsames Liebesnest war. Die Ältere bewohnte es nunmehr allein. Sie saß im Hemd auf einem Hocker, die Augen verweint, die Haare zerzaust. Mägde standen um sie herum, eine mit einem beschmutzten Gewand über dem Arm, andere mit einer Schüssel und Wasserkannen. Vor Schreck und Aufregung hatte sich Audo, die einen schwachen Magen hatte, erbrechen müssen.
    Lanthild schickte die Mägde hinaus und ging ihrer Schwester selber zur Hand.
    »Jetzt ist alles verloren«, wimmerte Audo. »Jetzt werde ich in der Fremde, in diesem schrecklichen Italien, zugrunde gehen.«
    »So weit ist es noch nicht«, sagte Lanthild. »Du hast eine schlechte Nachricht erhalten – ich komme mit einer guten. Chlodwig hat Jullus zum Comes ernannt. Schon in den nächsten Tagen soll er sich nach Paris begeben und seinen Posten dort antreten.«
    »So werde ich auch meinen süßen Jullus nie wiedersehen!«, rief Audo verzweifelt.
    »Reiß dich zusammen!«, fuhr Lanthild sie an. »Soll man dich hören? Wenn du willst, siehst du ihn sogar heute noch wieder. Noch heute Abend! Wir müssen uns dringend mit ihm beraten. Bevor er sich aufmacht, müssen wir drei gemeinsam einen Entschluss fassen.«
    »Was können wir denn jetzt noch tun?«
    »Darüber denke ich gerade nach.«
    »Ach, es ist sinnlos! Für Jullus und mich gibt es keine Zukunft mehr. Sollen wir uns Chlodwig zu Füßen werfen, ihm sagen, dass wir uns lieben und ihn anflehen …«
    »Nein. Das würde ihn kaum rühren.«
    »Auf keinen Fall wird er die Gesandtschaft zurückweisen. Auch wenn er immer auf die Ostgoten schimpfte, hat er doch sehnsüchtig darauf gewartet, dass sie mich holten. Jetzt sind sie da …«
    »Ja, sie sind da. Doch er weiß es noch nicht.«
    »Er wird es erfahren …«
    »Nicht vor drei Tagen! So lange haben wir Zeit. Wenn wir nun schneller wären als die Gesandtschaft …«
    Lanthild legte nun dar, wie man den Goten zuvorkommen könnte. Noch war der Plan nicht ausgereift, doch je lebhafter die

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