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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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den beträchtlichen Lohn zu zahlen, der für die Führung zur Waldburg verlangt wurde. Zwar kannte jeder in Tournai den Weg dorthin, doch war ebenso wohlbekannt, wie ungern der König und seine Leute sich dort von Fremden aufspüren ließen.
    Der Mann, der zehn Goldstücken nicht widerstehen konnte, verdrückte sich denn auch kurz vor dem Ziel.
    So erschienen sie vor dem Tor der Waldburg: Potitius und seine fünf Männer zu Pferde, der Diakon Chundo auf einem Esel. Sie wurden von den Wachen barsch abgewiesen und unter Drohungen aufgefordert, zu verschwinden. Vorsichtshalber zogen sie sich über Pfeilschussweite hinaus zurück.
    Noch berieten sie, was zu tun sei und in welche Richtung sie sich nun wenden sollten, als plötzlich aus dem Wald ein Trompetensignal ertönte. Es wurde von der Burg erwidert.
    Und da kamen zwischen den Bäumen auch schon die ersten Reiter hervor. Einer von ihnen, dessen Beine so lang waren, dass die nackten Füße über den Boden schleiften und das Gras niederdrückten, war Chlodwig.

Kapitel 7
    Keiner der Ankömmlinge hatte den zwanzigjährigen König der Franken jemals gesehen.
    Zwei Merkmale gab es zwar, die einen König vom einfachen Gefolgsmann unterschieden: das lange Haar und den goldenen Siegelring. Aber Chlodwig hatte die langen braunen Strähnen zusammengebunden und unter den Kittel gesteckt, damit sie beim Ritt durch den Wald nicht an den Zweigen hängenblieben. Und er hatte den Zügel des Pferdes so um die rechte Hand gewunden, dass der Ring im Augenblick unsichtbar war.
    So unterschied er sich kaum von den anderen. Wie alle war er verdreckt, abgerissen, seit Tagen unrasiert und übermüdet. Dass er auch missgestimmt und reizbar war, sollte das Grüppchen gleich erfahren.
    Er ritt heran und fragte in grobem Ton: »Was seid ihr für welche? Woher? Wohin?«
    Potitius, der auf einem größeren Pferd saß, blickte hochmütig zu ihm herab und antwortete: »Das werden wir euerm König sagen!«
    Die fränkischen Reiter, die ihn umringten, brachen in ein Gelächter aus, das Potitius an etwas erinnerte. Doch bevor er sich abermals in einen peinlichen Irrtum verstrickte, wurde er aufgeklärt.
    Der dicke Bobo ritt an seine Seite und knuffte ihn. »Werde nicht unverschämt, Kerl! Der mit dir spricht, ist der König selbst! Also rede! Was habt ihr hier zu suchen?«
    Inzwischen waren auch berittene Krieger aus dem Walde hervorgekommen. Das Wiesengelände vor der Waldburg füllte sich.
    Potitius, der nur in abschreckende Gesichter mit drohenden Mienen blickte, entschloss sich, diese barbarische Meute durch Höflichkeit zu entwaffnen. Obwohl er kaum glauben konnte, dass der schmutzige, langhaarige Schlaks, der ihn zuerst angeredet hatte, tatsächlich König Chlodwig war, saß er ab und machte eine knappe Verbeugung.
    »Salve!«, sagte er forsch. »Ich bin Quintus Potitius, Sohn des Senators Lucius Potitius, aus Reims. Ich nehme an, dass du schon von uns gehört hast. In aller Bescheidenheit: Der Familienbesitz der Potitiers dürfte Größe und Umfang deines Reiches, König, um ein Beträchtliches übertreffen.«
    Chlodwig wickelte den Zügel von der Hand, hob das Gesäß und stellte sich kurz auf die Zehen. Er gab seinem kleinen, stämmigen Pferd einen leichten Schlag auf den Hals, und es trat brav unter ihm hervor, trottete beiseite und begann zu grasen.
    Der König machte ein paar steife Schritte auf Potitius zu, kratzte sich, spuckte zur Seite, blieb vor ihm stehen und sah nun seinerseits auf ihn herab.
    »Freut mich, dich kennenzulernen«, sagte er langsam, indem er ihn mit seinem Wolfsblick fraß. »Du machst mir also einen Gegenbesuch.«
    »Damit hat er sich aber sehr beeilt!«, rief einer der Reiter, der kleine Ursio. »Er weiß eben, was sich gehört!«
    »Bist du wirklich dieser Potitius?«, fragte Chlodwig.
    Der mondgesichtige Lockenkopf hörte das höhnische Gemurmel ringsum, verstand aber nicht, was gemeint war, und sagte so fest wie möglich: »Der bin ich, es freut mich ebenfalls. Allerdings weiß ich nicht, worauf du anspielst. Dass mir die Ehre deines Besuchs entgangen sein soll, ist mir außerordentlich unangenehm.«
    »Hört, Männer, es ist ihm unangenehm!«, rief Ansoald. »Dafür haben wir viel Verständnis!«
    Chlodwig hob die Hand, an der Potitius nun auch den goldenen Siegelring bemerkte, und das erneute Gelächter verstummte.
    »Bist du nicht der, der mit Halleluja gekommen ist?«
    »Du meinst …?«
    »Na, dem Häuptling der Christianer. Da sehe ich ja auch noch einen

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