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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Bischof empfing, schlichen sie hinunter in die Halle, um einen Blick auf Potitius zu werfen.
    Hinter einer der wuchtigen Säulen versteckt, hörten sie, wie der Bewerber gerade dem Subdiakon und einigen Franken den Anspruch an seine künftige Gattin erklärte.
    »Ein Bauerntrampel darf sie nicht sein! Nein, so eine nehme ich nicht, auf keinen Fall! Eine Frau ohne Bildung kommt für einen Quintus Potitius nicht in Frage!«
    Audofleda sah ihre Schwester entrüstet an.
    »Was sagt er da? Eine Frau ohne Bildung? Er glaubt, er bekommt hier einen Bauerntrampel? Dem werde ich’s zeigen!«
    »Was willst du denn tun?«, fragte Albofleda.
    Audofleda trat hinter der Säule hervor und zog die Schwester mit sich.
    Die beiden sahen einander ähnlich, doch konnte man sie leicht unterscheiden. Beide hatten ein reizvolles Gesicht, doch das der Älteren war durch Klugheit und Willenskraft veredelt, das der Jüngeren eher gewöhnlich. Audofleda war schlank und hielt sich gerade und straff, während Albofleda schon ein wenig zu Fülle und Behäbigkeit neigte. Audofleda trug die blonden Haare zum Kranz geordnet und das Kleid fest gegürtet, während Albofleda die nachlässig geflochtenen Zöpfe baumeln ließ und auf den Zwang eines Gürtels verzichtete, um den Raum für das Honiggebäck, das sie in einem Körbchen mit sich trug und unentwegt in sich hineinstopfte, nicht zu verengen.
    Die beiden Schwestern schritten Arm in Arm durch die Halle, grüßten hierhin und dorthin, und als sie bei Potitius ankamen, tat Audofleda überrascht und fragte in bestem Latein: »Nanu? Ein Fremder? Woher des Wegs?«
    Potitius blickte auf und wunderte sich über die kühne Anrede.
    »Ihr beiden Hübschen wollt wissen, woher ich komme?«, fragte er grinsend. »Auf jeden Fall aus einer besseren Gegend als dieser. Quintus Potitius aus Reims. Und wer seid ihr?«
    »Galathea und Leda, wir sind auch zu Besuch hier«, sagte Audofleda und befeuchtete mit der Zunge die Lippen.
    Albofleda kicherte albern. Die Franken feixten.
    Potitius glaubte zu verstehen. »Ah, so ist das also! Zu Besuch! Aber ihr kommt hier nicht auf eure Kosten, wie? Stures Volk, diese Franken, und geizig. Schade, ihr seid zwei nette Stütchen, und ich hätte Lust, mit euch einen Ritt zu wagen. Aber ich habe hier ein ernstes Geschäft und muss mich beherrschen. Vielleicht ein andermal!« Er klopfte lachend auf den Geldbeutel an seinem Gürtel.
    »Wir nehmen kein Geld«, sagte Audofleda, die nun auch Mühe hatte, ernsthaft zu bleiben. »Wenn es aber ein gebildeter Mann ist, tun wir alles für ihn.«
    »Hoho!«, rief Potitius. »Ist das wahr? Wirklich alles? Dann bekäme ich es ja bei euch umsonst!«
    »Bist du denn so gebildet?«
    »Ich nehme es mit jedem Gelehrten auf. Also wird es wohl auch für euch beide reichen.«
    »Das käme drauf an. Wir mussten schon manchen abweisen, der sich für hochgebildet hielt, aber die einfachsten Fragen nicht beantworten konnte. Neulich besuchte uns ein Militärtribun, und wir fragten ihn, welcher berühmte Feldherr den Ausspruch tat: ›Noch ein solcher Sieg, und ich bin verloren!‹ Denkst du vielleicht, er wusste es? Du kannst die Frage natürlich beantworten.«
    »Oh ja, natürlich! Gewiss, das kann ich. Die Antwort liegt mir schon auf der Zunge.«
    »Dann sage uns: War es Themistokles? War es Hannibal? War es Pompejus?«
    »Ja, ja, Pompejus!«
    »Falsch, es war Pyrrhus«, sagte Audofleda seufzend.
    Albofleda kicherte wieder und aß ein Honigplätzchen.
    »Die Frage war natürlich sehr leicht«, fuhr die Ältere fort. »Ein andermal suchte ein Philosoph unsere Gunst, und wir fragten ihn interessiert, welche Philosophen der Kaiser Tiberius während seines berühmten Exils auf Rhodos studierte. Er meinte, Epiktet und Plotinus. Was meinst du als Gebildeter? Hatte er recht?«
    »Hm … ja, da würde ich … würde ich mich seiner Meinung anschließen wollen«, stammelte Potitius. »Ja, ja, Epiktet und Plotinus.«
    »Ein erstaunlicher Mann, dieser Kaiser Tiberius.«
    »Ja, wirklich … ein Kaiser und Philosoph.«
    »Studierte schon Philosophen, die erst nach seinem Tode geboren wurden.«
    »Wie?«
    »Eine seherische Begabung!«
    Unter den Franken erhob sich Heiterkeit, obwohl wahrscheinlich keiner von ihnen je von Tiberius, Epiktet und Plotinus gehört hatte. Die meisten verstanden aber so viel Latein, um dem Gang der Unterhaltung folgen zu können.
    Hilfesuchend blickte Potitius den jungen Subdiakon an. Aber der hatte auch keine Ahnung, wovon die Rede war,

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