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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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vorgefunden wurde, der von dem Augenblick an merowingisches Eigentum war, da ihn der König betreten hatte. Ihm gehörte alles, was vorher Fiskalbesitz war, selbstverständlich auch der Inhalt der Schatzkammern. Er konnte darüber frei verfügen. Als er hinabstieg, um selbst seinen neu ernannten Majordomus aus der Gefangenschaft zu befreien, befahl er Bobo, die noch immer auf dem Boden der Kammer verstreuten Münzen zu sammeln und mitzunehmen. Nach zwei in Kälte und Dunkelheit verbrachten Nächten war der Dicke nur noch ein übelriechendes Jammerbündel. Doch er erholte sich rasch – und er hatte verstanden. Von jetzt an konnte Chlodwig ihm blind vertrauen.
    Bobo war es denn auch, der in seinem Namen die Auswahl des königlichen Fünftels am Beutegut traf. Gewichtig schritt er durch die Halle, immer gefolgt von dem misstrauischen, finsteren Droc, der ihn scharf beobachtete und darauf sah, dass er sich streng an das Gesetz hielt.
    Freilich konnte Droc nicht verhindern, dass Bobo von fünf zur Auswahl stehenden Schwertern für die Waffenkammer des Königs das beste und wertvollste nahm. Oder dass er von hundert Behältnissen aus den berühmten Glashütten zwischen Somme und Maas die zwanzig schönsten, höchsten und am reichsten mit Fadendekor, Kerbbändern und Rüsseln verzierten Glockenbecher für die königliche Tafel auswählte.
    Aber er erhob sofort Einspruch, wenn Bobo versuchte, eher minderwertiges Gut wie Tonware oder Lederzeug gegen Wertvolleres, etwa aus Bein oder Bronze zu tauschen und aufzurechnen. Auch der König bekam nur den Rindsledergürtel ohne Beschläge, die einfache Tonschüssel oder den plumpen Hocker aus Tannenholz.
    Zwei Tage dauerte die Auswahl des königlichen Beuteanteils. Immer mal wieder sahen die Anführer der Gefolgschaft herein, die sich jetzt bereits vornehm trustis dominica, convivae regis oder auch antrustiones nannten. Nur ihnen war der Zutritt zum Beutedepot erlaubt. Argwöhnisch verglichen sie Ausgewähltes und Übriggebliebenes, beklagten sich, stritten und waren ängstlich besorgt, dass ihr eigener Anteil nicht geschmälert wurde.
    Einige Male kam Chlodwig selbst. Er beteiligte sich aber nicht an der Auswahl der Beutestücke. Er ging nur umher, sah sich dieses und jenes an, und wenn er einen besonders wertvollen Gegenstand in die Hand nahm, fragte er manchmal nach dem vormaligen Besitzer.
    Anfangs gab Droc, der ein ausgezeichnetes Gedächtnis hatte, den Namen an. Dann kam es vor, dass der König entschied, einen silbernen Kandelaber, eine Marmorskulptur oder eine Elfenbeinschnitzerei zurückzugeben. Gewöhnlich geschah dies, wenn es einer der Magistrate, der Senatoren oder ein anderer der neuen, unentbehrlichen Ratgeber des Königs war, aus dessen Besitz der Gegenstand stammte. Gleich musste ein Legionär, der sich in der Stadt auskannte, das »versehentlich beschlagnahmte« Stück zurückbringen, manchmal sogar noch mit einem Geschenk.
    Dies verdross den Verwalter des Beuteguts, und bald konnte er sich an die Namen der früheren Besitzer nicht mehr erinnern. Als noch ärgerlicher empfand er, wenn der König einem Bittsteller die Rückgabe eines bestimmten Beutestückes bewilligte, das dann erst lange gesucht werden musste.
    So verlangte Chlodwig an diesem Morgen eine Kamee, die den Stammvater eines örtlichen gallorömischen Aristokratengeschlechts darstellte, ein wertvolles Andenken der Familie. Er gab nur eine vage Beschreibung, so wie er sie im Gedächtnis behalten hatte, denn er gestattete nicht, dass die Bittsteller selber das Beutelager betraten. Droc wühlte brummend in einem Korb mit Schmuckstücken.
    In diesem Augenblick trat ein Zenturio ein und meldete die Festnahme zweier Spione.
    »Spione?«, fragte Chlodwig. »Woran habt ihr sie denn erkannt?«
    »Ein junger Kerl und ein Mädchen sind es«, sagte der Zenturio. »Sprechen Latein, schnüffeln herum, führen verdächtige Reden.«
    »Also gut, bringt sie her.«
    Die beiden jungen Leute, denen die Augen verbunden, die Münder geknebelt und die Hände gefesselt waren, wurden hereingestoßen. Sie mussten an der Tür stehen bleiben. Hinter ihnen stahl sich der Marktaufseher herein.
    Chlodwig warf von weitem einen kurzen Blick auf das schmutzige Mädchen ohne Rock, nur im kurzen Hemd, und den nicht weniger verwahrlosten Burschen.
    »Die habt ihr wohl irgendwo hinterm Strauch aufgelesen«, sagte er und wandte sich wieder an Droc. »Nun? Immer noch nichts? Hier ist wohl schon einiges abhandengekommen.«
    »Du beleidigst

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