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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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vier Augen stattfand.
    Remigius tastete sich vorsichtig an sein Thema heran und kam schließlich zum Kern.
    »Angenommen, König, du hättest die Absicht, neuen Ruhm zu erwerben und dein Reich zu vergrößern … würde dir dann nicht daran liegen, Mächtige als Verbündete zu gewinnen oder wenigstens als Unparteiische nicht fürchten zu müssen?«
    »Oh, an Verbündeten mangelt es nicht«, sagte Chlodwig. »Da ist zum Beispiel der König der Ostgoten, mein Schwager. Gerade hab ich erfahren, dass seine Frau, meine Schwester, ein Kind erwartet. Mit dem kann ich jederzeit rechnen.«
    »Ich meine einen noch Mächtigeren.«
    »Den Kaiser? Der sitzt irgendwo hinten im Osten. Und mit seiner Macht ist es nicht mehr weit her.«
    »Ich meine den Gott der Christen, König.«
    »Ach so. Nun, den lass aus dem Spiel. Er und ich … wir haben nichts miteinander zu schaffen.«
    »Vorsicht! Du hast tatsächlich noch nicht mit ihm zu tun gehabt. Die Römer hatten ihn vernachlässigt, deshalb versagte er ihnen seinen Beistand. Andere sind eifriger in seinem Dienst, und er ist ein guter, treuer Gefolgsherr. Allen, die an ihn glauben, hat er zu herrlichen Siegen verholfen, ihre Feinde dagegen hat er zerschmettert. Mächtig sind deine Nachbarn in Gallien, die Burgunder und die Westgoten.«
    »Was willst du?«, sagte Chlodwig verdrießlich. »Ich habe nicht die Absicht, gegen Burgunder und Westgoten loszuschlagen.«
    »Natürlich liegt dir daran, den Frieden zu bewahren. Aber was tust du, wenn sie dich angreifen, vielleicht sogar vereint? Dann hast du auch ihren Gott gegen dich, den sie inbrünstig verehren.«
    »Du irrst, Bischof. Ich werde ihn nicht gegen mich haben. Immerhin habe ich erlaubt, dass meine Schwester Audofleda euern Glauben annahm. Auch meine Schwester Lanthild tat das, ohne meine Erlaubnis, aber ich dulde es. Du siehst, ich habe im Lager eures Gottes meine Vorposten.«
    »Zugegeben«, sagte Remigius mit einem feinen Lächeln. »Aber noch besser wäre es, sich nicht auf seine eigenen Verwandten, sondern auf einen nahen Verwandten des Gottes selbst zu verlassen – seinen Sohn. Gott als oberster Gefolgsherr ist nämlich unzufrieden mit seiner gotischen und burgundischen Gefolgschaft, weil die seinem Sohn, dem Herrn Jesus Christus, die gebührende Anerkennung versagt. Dabei teilt er mit ihm den Himmelsthron! Würdest du, König, als Gefolgsherr dulden, dass dein geliebter, dir rangmäßig gleichgestellter Sohn von deinen Leuten geringgeschätzt wird?«
    »Natürlich nicht. Aber die Sorge hab ich noch nicht. Das ist nicht meine Sache.«
    »Vielleicht doch. Du könntest ein Zeichen setzen, indem du den Sohn an der Seite des Vaters anerkennst. Damit würdest du die Arianer unverzüglich – mit einem Schlag – ihres göttlichen Beistands berauben! Denn würde unser Gott den Westgoten oder den Burgundern seine hilfreiche Hand gegen einen König leihen, der ihn zwar nicht anbetet, aber sein wahres Wesen begreift, indem er auch seinen göttlichen Sohn anerkennt? Was meinst du?«
    »Du bist mir ein schlauer Kerl«, sagte Chlodwig vorsichtig. »Wenn ich dich richtig verstehe, Bischof, könnte ich mit euerm Gott eine Art Neutralitätsvertrag abschließen.«
    »Wie scharfsinnig formuliert, König!«, rief Remigius. »Und wir sind ja schon sehr nahe daran! Deine Königin ist eine rechtgläubige Christin. Wenn du nun auch noch dem kleinen Ingomer die Taufe gewährst … im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes …«
    »Jetzt kommst du mir damit auch noch! Es reicht mir schon, dass Chlotilde mir keine Ruhe lässt!«
    »Denke darüber nach und frage dich, was dir nützlich ist.«
    Noch immer war Chlodwig nicht einverstanden. Die Wand seines Widerstands hielt noch. Doch es war eine Bresche hineingeschlagen. Zielstrebig arbeitete Remigius weiter. Am Ende gab Chlodwig nach, wenn auch unter starken Bedenken.
    »Sollten meine Götter es erfahren«, brummte er, »würden sie mir vielleicht ihre Gunst entziehen. Ich hoffe, sie kümmern sich nicht darum, was in eurer verdammten Kirche vor sich geht. Es ist ja im Grunde auch ohne Bedeutung.«
    Die Taufe sollte ein großes Ereignis werden.
    Die Königin und der Bischof hofften, das sinnliche Erlebnis eines erhabenen Schauspiels werde auf Chlodwig mehr Eindruck machen als Predigten und Argumente. Noch mehr bunte Decken und Teppiche wurden in der Kirche aufgehängt. Hunderte Kerzen brannten. Das edle Metall der Pokale schimmerte. Die Geistlichen aus Chlotildes Hofstaat zogen

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