Die Merowinger - Zorn der Götter
langen Gesprächen, die sie mit Chlodwig führte, und rühmte die erstaunliche Geduld, mit der er ihr neuerdings zuhörte. Freilich erwähnte sie dabei nicht die näheren Umstände, unter denen sie Chlodwigs Aufmerksamkeit für die christliche Lehre gewonnen hatte.
Bald hatte sie nämlich herausgefunden, dass die günstigsten Stunden für die Mission die nächtlichen waren und dass der geeignete Ort das Bett war. Hier hatte sie Chlodwig für sich allein, was sonst kaum je der Fall war, und er hörte ihr zu. Der Preis dafür waren allerdings seine ungestümen, groben Umarmungen. Denn wenn sie nach einer solchen Attacke den Mund hielt und ihn schweigend auskeuchen, ausschnaufen und ausgrunzen ließ, fing er auch bald an zu schnarchen. Wenn sie aber zu reden anfing, lauschte er ihrer bei erbaulichen Themen immer etwas dunkel getönten, von verhaltener Leidenschaft bebenden Stimme und blieb dadurch munter. Dann brummte er nur wohlig, fingerte an ihr herum, leckte und kniff sie. Und oft genug, wenn sie oben mit ihrer Darlegung längst nicht zu Ende war, spürte sie plötzlich unten, dass sie mal wieder nur sein membrum, nicht aber seine mens inspiriert hatte.
Er gewann jetzt mehr und mehr Geschmack an der Sache, denn nun konnte er, wenigstens anfangs, im Bett den Meister spielen und einer Unerfahrenen zeigen, was er bei Sunna gelernt hatte. Chlotilde lernte allerdings schneller als er seinerzeit, und so, wie sie alles, was sie anfing, mit einer guten Portion Eigensinn und klarem Verstand tat, hatte sie bald die Stellungen und die Kunst erprobt, die ihr selber so viel Vergnügen wie möglich sicherten. Dass sie dabei als leichtes Persönchen den großen, schweren Koloss unter sich brachte, wollte er anfangs aus Herrscher- und Gattenstolz nicht dulden. Aber dann amüsierte es ihn, sich zähmen und unterkriegen zu lassen, und so waren sie bald vollkommen gleich gestimmt. Und das sollte erstaunlich lange so bleiben.
Da sich durch verstärkte Aktivität naturbedingt größere Pausen ergaben, nutzte also Chlotilde die Nächte und leerte in einer solchen Nacht oft ihr ganzes Arsenal guter Argumente, um den Gatten von seinem Irrglauben abzubringen. Dabei passte sie sich geschickt der Situation an. Sie pries ihm das reine Vergnügen im Ehebett im Gegensatz zur schmutzigen Lust auf dem unehelichen oder gar blutschänderischen Lotterlager und leitete dabei immer wieder schlau und fein zu den verachteten Götzen über, die sie zu denunzieren gedachte.
»Ach, wie wundervoll war das! Wie herrlich!«, begann sie zum Beispiel ein solches Missionsgespräch im Bett, wobei sie sich über ihn beugte und sein Gesicht mit kleinen Küssen bedeckte. »Du bist wahrhaftig nicht nur der größte König, sondern auch der größte Liebhaber!«
»Hm, hm«, machte er und langte schon wieder nach ihren Brüsten.
»Warte doch. Aber es ist nur wirklich schön, wenn man dabei verheiratet ist. Findest du nicht auch?«
»Hm, hm.«
»Das unterscheidet uns Menschen ja von den Tieren. Wir haben den höheren Genuss! Den niederen haben auch Pferde, Ziegen, Hunde, Hühner … sogar Frösche und Mäuse. Sie alle paaren sich vollkommen wahllos. Das ist eben eine ganz normale, kreatürliche Äußerung. Habe ich recht?«
»Hm, hm.«
»Aber meinst du nicht auch, dass es ein Gott nicht wie ein Frosch oder eine Maus treiben kann?«
»Versteht sich«, stimmte er bereitwillig zu.
»Die alten Götter aber taten es! Nimm Zeus oder Jupiter, wie ihn die Römer nannten. Was hörte man von dem? In allen Betten wälzte er sich … mit Europa, mit Leda, mit der verheirateten Alkmene. Mit seiner Schwester lebte er in Blutschande. Mit allen diesen Weibern zeugte er Kinder. Und nebenbei trieb er es noch mit Männern. Wie kann ein solcher Wüstling Gott sein!«
»Nun, aber …«
»Nein, lass mich alles sagen, ich bin noch nicht fertig! Dein Wodan zum Beispiel, auch so ein schändlicher Kerl … Sieben Söhne soll er haben, jeden von einer anderen Frau! Nur einer, Balder, ist von seiner Gattin Frigg. Den Donar zeugte er mit der Erdgöttin. Dann hatte er es mit neun Riesentöchtern, wobei es ihm, traurig genug, nur gelang, eine einzige zu schwängern. Angeblich brachten sie alle neun das Kind gemeinsam zur Welt. Wer solchen Unsinn glaubt! Und einen Frauenschänder wie den betet ihr an! Er hatte auch noch einen Sohn von …«
»Genug«, knurrte Chlodwig, »es reicht! Jetzt lass mir mal meinen Wodan in Ruhe. Es fehlte noch, dass er das hört! Warum regst du dich
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