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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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hinausschiebe.
    Plötzlich erschreckte er uns fast zu Tode. Er erklärte, zwar Christ, doch nicht Katholik, sondern Arianer werden zu wollen! Es sei ihm klargeworden, dass der Herr im Himmel niemanden neben sich dulde – auch keinen Jesus und keinen Heiligen Geist –, dass er aufseiten der von ihm bevorzugten arianischen Christen stehe und deshalb die Franken gegen die Westgoten scheitern ließ. Wir wiesen ihn flehentlich darauf hin, dass er im Begriff sei, sich in die Arme von Häretikern zu werfen, die von Gott und in dessen Namen von zahlreichen Konzilen und Synoden gelehrter Bischöfe geächtet und verdammt seien. Da fragte er uns, ob dies zum Beispiel auch für Theoderich gelte, seinen Schwager, der als Arianer das ganze katholische Italien gewonnen habe. Auch der sei geächtet und verdammt? Du lieber Himmel! Was sollten wir ihm darauf antworten!
    Schnell fanden wir allerdings heraus, aus welcher Quelle er seine ›Erkenntnis‹ hatte. Es war seine Schwester Lanthild, die ihn ständig bearbeitete und zu der Irrlehre zu bekehren suchte. Eine gefährliche Person! Durch den Alamannenkrieg war sie Witwe geworden, der Comes von Rouen, ihr Ehemann Ansoald, war in der Schlacht am Rhein gefallen. Ich war ihm gewogen und er mir, und du hast ihn als Brautwerber für Chlotilde wohl auch geschätzt. Sie kehrte nun nach Soissons zurück, bezog ihre alte Wohnung im Palast und begann, zu hetzen und uns Schwierigkeiten zu machen. Die Königin kann sie nicht ausstehen, und es gab – noch schlimmer als früher – mehrere hochdramatische Auftritte zwischen den beiden. Ich konnte einige Male schlichten, denn ich habe ein wenig Einfluss auf diese Lanthild, der ich seinerzeit aus der Verlegenheit half, als sie, obwohl noch nicht mit ihm verheiratet, von Ansoald schwanger war. Das Verhältnis der beiden hohen Damen ist jedenfalls heillos zerrüttet.
    Glücklicherweise senkte sich dann die Waage bald wieder zu unseren Gunsten. Es gelang der Königin und mir, in Chlodwig den Verdacht zu verstärken (den er schon früher hatte), seine Schwester könne eine Spionin der Goten sein. Eine Verschwörung gegen die Franken, mit Theoderich und Alarich an der Spitze, wolle ihn nicht nur vom wahren Glauben fernhalten, sondern ihm auch allen kriegerischen Unternehmungsgeist rauben. Wie zur Bestätigung wurde ein Brief abgefangen, den Chlodwigs Schwester Audofleda, die Gemahlin des Ostgotenkönigs, der Lanthild geschrieben hat. Die wird darin dringend aufgefordert, den Bruder vor weiteren Abenteuern (wie dem Zug nach Tours und Bordeaux) zu warnen und ihn so zu beeinflussen, dass er künftig unbedingt den Frieden bewahre. Natürlich einen Frieden unter arianischer Dominanz und unter Aufsicht des großen Theoderich. Jetzt roch der König endlich den Braten! Man wollte ihm Zähne und Krallen ziehen, damit man ihn und sein Reich eines Tages verschlucken konnte. An dem Tag nämlich, da sich die vereinigten Ost- und Westgoten anschicken würden, in Italien und Gallien ein arianisches Großreich Gothia zu errichten.
    Nun hatte Lanthild nichts mehr zu bestellen. Sie konnte von Glück sagen, dass er sie nur auf eines ihrer Güter verbannte und ihr verbot, nach Soissons und Berny zu kommen. Allerdings ließ er sie nach Reims kommen – zu seiner Taufe. Ich erzähle dir gleich, was dort mit ihr geschah.
    Bevor es so weit war, musste noch eine letzte und nicht unerhebliche Hürde genommen werden. Chlodwig war immer fest überzeugt, er habe als Merowinger göttliche Ahnen und verdanke ihnen sein ›Heil‹, das heißt seine magische Führungskraft, sein Glück und seine Erfolge. Und in der Tat beruhten darauf vor allem sein Herrschaftsanspruch und seine Autorität gegenüber der Gefolgschaft. Wenn nun die alten Götter tot waren beziehungsweise nie existiert hatten – was wurde dann aus dem ›Heil‹ des Königs? Eine knifflige Frage, wie du zugeben musst.
    Ich fand die Lösung! Die früheren Götter der Germanen regierten nur eine Zeitlang über ihre Stämme und Völker und sind jetzt alt oder schon gestorben. Sie sind oder waren Getreue eines Gefolgsherrn, der hoch über ihnen thront und allmächtig und ewig ist. Diesem leistet ihr Nachkomme jetzt mit der Taufe den Treueid. Es ist ja auch besser, sich gleich dem Höchsten und Mächtigsten zu verpflichten als einem, der diesem untergeordnet ist. Wer auf Erden zur Gefolgschaft des Königs gehört, ist mehr wert als der, der nur einem Grafen dient. So erklärte ich Chlodwig sein neues

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