Die Messerknigin
Gehirnblutung.«
»Das tut mir Leid. Geht es ihr einigermaßen?«
»Nein.«
»Tut mir wirklich Leid.«
Es folgte ein verlegenes Schweigen.
»Wie geht’s dir?«, fragte sie.
»Ziemlich miserabel.«
Ich erzählte ihr alles, was mir bislang passiert war. Ich sagte ihr, wie ich mich fühlte.
»Warum ist das so?«, fragte ich sie.
»Weil sie Angst haben.«
»Warum haben sie Angst? Und wovor?«
»Weil du nur so gut bist wie die letzten Hits, mit denen du deinen Namen in Zusammenhang bringen kannst.«
»Was?«
»Du gibst deine Zustimmung zu irgendwas und das Studio geht hin und macht einen Film, der zwanzig oder dreißig Millionen Dollar kostet. Und wenn er durchfällt, hängt dein Name mit dran und du verlierst Status. Wenn du von vornherein Nein sagst, riskierst du diesen Statusverlust nicht.«
»Im Ernst?«
»Ja, so ungefähr.«
»Woher weißt du so viel über diese Geschichten? Du bist Musikerin, du hast nichts mit Filmen zu tun.«
Sie lachte müde. »Ich lebe hier. Jeder, der hier lebt, weiß über diese Dinge Bescheid. Hast du jemals versucht, Leute nach ihren Drehbüchern zu fragen?«
»Nein.«
»Probier es irgendwann mal. Frag irgendwen. Den Typ an der Tankstelle. Ganz gleich. Jeder hat eins.« Jemand im Hintergrund sagte irgendwas zu ihr und sie antwortete und sagte dann: »Hör mal, ich muss Schluss machen«, und legte auf.
Ich konnte die Heizung nicht finden, falls das Zimmer überhaupt eine hatte, und ich fror erbärmlich in meinem kleinen Chalet-Zimmer, ganz ähnlich dem, wo Belushi gestorben war, der gleiche, nichts sagende Druck an der Wand, da war ich sicher, die gleiche, eisige Feuchtigkeit in der Luft.
Ich ließ mir ein Bad ein, um mich aufzuwärmen, aber als ich herauskam, war mir noch kälter.
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Weiße Goldfische glitten im Wasser hin und her, verschwanden pfeilschnell unter den Lilienblättern. Einer der Goldfische hatte ein feuerrotes Mal auf dem Rücken, das möglicherweise ein perfekter Lippenabdruck war: das wundersame Stigma einer beinah vergessenen Göttin. Der graue Himmel des frühen Morgens spiegelte sich im Teich.
Ich starrte trübsinnig darauf hinab.
»Alles in Ordnung?«
Ich wandte mich um. Pious Dundas stand neben mir.
»Sie sind früh auf den Beinen.«
»Ich habe schlecht geschlafen. Zu kalt.«
»Sie hätten die Rezeption anrufen sollen. Die hätten Ihnen einen Heizlüfter und zusätzliche Decken geschickt.«
»Darauf bin ich nicht gekommen.«
Sein Atem ging holprig, mühsam.
»Geht es Ihnen gut?«
»Nein, wirklich nicht. Ich bin alt. Kommen Sie mal in mein Alter, Junge, dann wird’s Ihnen auch nicht besser gehen. Aber ich werde noch hier sein, wenn Sie wieder weg sind. Was macht die Arbeit?«
»Ich weiß nicht. Ich arbeite nicht mehr an dem Treatment und mit dem ›Traum des Künstlers‹ hänge ich fest, diese Geschichte über viktorianische Zauberkunststücke. Sie spielt in einem englischen Badeort im Regen. Und der Zauberer kommt auf die Bühne und führt seine Kunststücke vor, wodurch sich das Publikum irgendwie verändert. Es berührt ihre Herzen.«
Er nickte bedächtig. »›Der Traum des Künstlers‹ …« sagte er. »Und? Sehen Sie sich selbst als den Künstler oder den Zauberer?«
»Keine Ahnung. Ich glaube, ich bin keiner von beiden.«
Ich wandte mich ab, aber dann fiel mir noch etwas ein.
»Mr. Dundas, haben Sie ein Drehbuch? Das Sie geschrieben haben?«
Er schüttelte den Kopf.
»Sie haben niemals ein Drehbuch geschrieben?«
»Ich nicht, nein«, antwortete er.
»Schwören Sie’s mir?«
Er grinste. »Ich schwöre.«
Ich ging wieder in mein Zimmer. Ich blätterte durch das englische Hardcover von Menschensöhne und fragte mich, wie ein so unbeholfen formulierter Roman je einen Verleger hatte finden können, warum Hollywood es nur gekauft hatte und warum sie es nicht wollten, jetzt, da sie es hatten.
Ich versuchte, am »Traum des Künstlers« weiterzuschreiben und versagte kläglich. Die Figuren waren erstarrt, schienen unfähig zu atmen, zu agieren, zu sprechen.
Ich ging ins Bad und pinkelte einen lebhaften gelben Strahl ins Porzellanbecken. Ein Kakerlak huschte über die silberne Spiegelfläche.
Ich ging zurück ins Wohnzimmer, öffnete ein neues Dokument und schrieb:
Ich denk an England, Regen früh im März
Das Haus am Pier, ein Varieté, im dunklen Saal
Herrscht Furcht, Magie, Erinnerung und Schmerz
Die Furcht um den Verstand bedrückt das Herz
Doch bannt Magie die Angst, ist nicht real
Ich denk an England, Regen
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