Die Messerknigin
geworden.
Noch schöner war die Magd, denn sie gehört hatten: ihr Haar war rot, was ungewöhnlich war, und sie trug nichts als ein weißes Hemd und als sie ihrer gewahr wurde, da fürchtete sie sich, denn sie hatte nie zuvor Menschen gesehen bis auf das Weib, welches ihr Speis und Trank brachte. Mit großen Augen starrte sie sie an und stieß schwache Schreie aus, als wolle sie sie anflehen, ihr kein Leid anzutun.
Die Männer der Stadt lachten jedoch nur, denn sie führten Böses im Schilde und waren gemeine, grausame Gesellen und im Lichte des Mondes wollten sie sich an ihr vergehen.
Da fing die Magd an zu schreien und zu wehklagen, doch sie ließen sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen. Und dann wurde es finster vor dem Gitterfenster, das Licht des Mondes ward ausgesperrt und dann erklang das Rauschen gar mächtiger Schwingen, doch die Männer sahen es nicht, denn sie hatten nur ihr frevlerisches Vorhaben im Sinne.
Den Leuten von Dymton in ihren Betten träumte in dieser Nacht von Rufen und Schreien und Geheul und von großen Vögeln und ihnen träumte, sie alle seien in kleine Mäuse und Ratten verwandelt.
Am Morgen, als die Sonne hoch stand, machten die guten Weiber von Dymton sich auf die Suche nach ihren Männern und Söhnen und da sie zum Kloster kamen, fanden sie am steinernen Boden des Kellers Eulengewölle: und in den Gewöllen entdeckten sie Haare und Schnallen und Münzen und Knöchelchen und auf dem Boden ein wenig Stroh.
Und das Mannsvolk von Dymton ward nie mehr gesehen. Jedoch noch Jahre später hieß es, die Magd sei an hohen Orten gesehen worden wie in Eichenkronen oder auf Kirchtürmen, doch geschah dies immer bei Dämmerung oder des Nachts, sodass niemand beschwören konnte, dass sie es wahrlich gewesen sei.
(Es war eine weiße Gestalt, doch Mr. E. Wyld konnte sich nicht recht entsinnen, ob die Leute sagten, sie habe Kleider getragen oder sie sei nackend gewesen.)
Ob es wahr ist oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, doch es ist eine gar launige Geschichte, die ich daher hier niederschrieb.
Shoggoth’s Old Peculiar
Benjamin Lassiter kam langsam zu der unausweichlichen Überzeugung, dass die Frau, die Eine Wanderung entlang der britischen Küsten verfasst hatte, das Buch nämlich, das er in seinem Rucksack trug, niemals eine wie auch immer geartete Wanderung unternommen hatte und dass sie die britische Küste wahrscheinlich auch dann nicht erkennen würde, wenn dieselbe mit einer Blaskapelle durch ihr Schlafzimmer marschierte und mit lauter Stimme »Ich bin die britische Küste« sänge und sich dazu auf einer Flöte begleitete.
Seit fünf Tagen war er ihren Ratschlägen gefolgt und es hatte ihm abgesehen von Blasen und Rückenschmerzen nicht viel eingebracht. Alle englischen Küstenorte verfügen über eine Reihe von Bed-and-Breakfast-Pensionen, wo man Sie in der Nebensaison nur zu gern aufnehmen wird , lautete etwa einer ihrer Ratschläge. Ben hatte ihn durchgestrichen und an den Seitenrand gekritzelt: Alle englischen Küstenorte verfügen über ein paar Bed-and-Breakfast-Pensionen, deren Eigentümer in den letzten Septembertagen ihre Türen absperren, um sich nach Spanien, in die Provence oder sonst wohin zu verflüchtigen.
Er hatte noch einige andere Randbemerkungen geschrieben. So etwa: Bestelle auf keinen Fall je wieder Rühreier in einer Raststätte oder Was ist dieses Fisch-and-Chips-Dings? Und Nein, sind sie nicht . Letzteres stand neben einem Abschnitt, in dem behauptet wurde, die Einwohner der malerischen Dörfer entlang der britischen Küste seien immer hoch erfreut, einen jungen amerikanischen Touristen auf einer Wandertour zu sehen.
Fünf höllische Tage lang war Ben von Dorf zu Dorf gezogen, hatte süßen Tee und Pulverkaffee in billigen Schnellrestaurants getrunken und auf die raue, graue Felsenküste und das schieferfarbene Meer hinausgestarrt. Selbst in seinen zwei dicken Pullovern hatte er gefroren, er wurde nass und hatte nicht eine der versprochenen Sehenswürdigkeiten gefunden.
An einem Abend hatte er seinen Schlafsack im Wartehäuschen einer Bushaltestelle ausgerollt und begonnen, beschreibende Schlüsselwörter zu übersetzen: charmant hieß nichts sagend , entschied er; malerisch bedeutete hässlich, aber mit hübschem Ausblick, wenn der Regen je nachlässt und reizend hieß vermutlich so viel wie: Wir waren nie dort und kennen auch niemanden, der es gesehen hat. Darüber hinaus war er zu dem Schluss gekommen, dass ein Dorf umso langweiliger war, je
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