Die Mestizin
Jagdpartie veranstaltet. Mir wurde gesagt, aus dem Gesäß könne man schöne Filets machen, aber ich habe sie nie probiert; wenn nicht genug Essen da ist, kann man mit so einem Rudel monatelang eine ganze Truppe ernähren. Angeblich ist auch ihr Fett nicht übel.»
«Ich glaube nicht, dass sie sehr fett sind. Man kann ihre Knochen sehen.»
«Das stimmt. Sie sind immer in Bewegung, selbst wenn sie schlafen, deshalb brauchen sie unbedingt eine Fettreserve, die, gerade weil sie so klein ist, ganz besonders vorzüglich sein muss. Sie ernähren sich von Insekten, Kröten, Schlangen…»
«Ich hätte gern eine.»
«Sie sind recht dekorativ, ganz bestimmt. Auch wenn Sie das vielleicht nicht glauben, sie gehören zur Familie der Robben. Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass sie keine Ohren haben? Aber ich nehme an, sie lassen sich nicht zähmen, so abgestumpft, wie sie sind…»
Kurz darauf führten sie ihre Unterhaltung weiter; der Leutnant zeigte sich deutlich geselliger als vorher. Der übliche Nieselregen hatte wieder eingesetzt, nach einer Ruhepause von etwa dreißig Stunden; auf einem dunklen Grund von Wolken schillerte die Luft vor lauter kristallklarer Tröpfchen. Lavalle fragte ihn, ob er rauchen wolle, und hielt ihm das Zigarrenetui hin, das der Franzose eingehend betrachtete; er war erstaunt, ein so reines Silber zu sehen, ohne die geringste Spur von Grau.
«Das ist Weißgold», sagte ihm der Leutnant, als er es in der Gesäßtasche seiner Hose verstaute. Er begann völlig zusammenhanglos von der Dame zu erzählen, die es ihm geschenkt hatte, verstummte indes, als er sah, dass der Franzose in Gedanken ganz woanders war und seinen Obszönitäten nicht folgte. Er dachte an die Gefangene.
«Könnte man sie nicht anders befördern? Gibt es keine Frauen, die bereit sind, ihren Männern zu folgen?»
«Nein.»
«Vielleicht doch.»
«Das kommt aufs Gleiche raus. Ob nun aus freien Stücken oder nicht, sie erfüllen eine Funktion: Sie befriedigen die Männer. Der Mann hingegen erfüllt überhaupt keine Funktion in der Natur. Nehmen Sie nur uns, um ein nahe liegendes Beispiel zu nennen. Können Sie mir vielleicht sagen, was wir beide hier zu suchen haben? Die Frauen dagegen… Sie verwandeln sich.»
«Sie verwandeln sich? In was denn?»
«Was weiß ich. Das ist auch gar nicht so wichtig. Sie sind Musen. Da gibt es viele Beispiele… Aus irgendeinem Grund, den sie selbst wahrscheinlich besser kennen als wir, schätzen die Indianer weiße Frauen als Tauschobjekt, so dass sie, kaum sind sie im Grenzland angelangt, bei allen möglichen Arten von Geschäften zu ‹zirkulieren› beginnen…»
«Soll das etwa heißen», rief der Franzose aus, «dass Sie sie den Wilden verkaufen?»
«Kein Grund zur Aufregung. Manche werden verschleppt, oder ein Soldat kann seine Frau gegen Pferde tauschen, oder aber ein Kommandant kann als Zeichen guten Willens ein Kontingent an Schönheiten einem Kaziken schenken. Und schon sind sie Teil einer Welt, in der sie als Zahlungsmittel dienen.»
«Das erscheint mir entsetzlich niederträchtig.»
«Ich versichere Ihnen, Sie werden Ihre Meinung noch ändern. Wir können über diese Frauen, wie Sie schon bemerkt haben werden, völlig frei verfügen; daher sprach ich von Musen. Für sie ist alles gleich: Leben oder Tod, ein Weißer als Ehemann oder ein Indianer… Bedenken Sie, dass sie von der Gesellschaft auf drastischste Weise ausgestoßen wurden, und man kann behaupten, dass sie kein Schicksal mehr haben; und gerade der Gebrauch, den die Indianer von ihnen machen, wird diesen Schwebezustand verlängern, vielleicht für den Rest ihres Lebens. Ist das nicht poetisch?»
Seine Pseudospekulation machte Duval wütend.
«Aber haben sie denn so schwere Verbrechen begangen, dass sie eine solche Strafe verdienen?»
«Es handelt sich nicht um die schwersten Verbrechen, sondern um die unbedeutendsten Vergehen. Die Strafe ist umgekehrt proportional.»
«Das verstehe ich nicht.»
Lavalle atmete den Rauch tief ein. Er wollte es nicht weiter erläutern.
«Der berühmte Frauentausch ist ein Gemeinplatz der Völkerkunde. Wenn Sie es mit eigenen Augen sehen, werden Sie feststellen, dass die Sache harmlos ist, ein unschuldiges Theater, und ziemlich unnütz, wie der ganze Rest.»
Der Franzose hörte wieder nicht recht hin.
«Heute habe ich mir eine von ihnen genauer angesehen… Es war nicht gerade die Art von Frau, die einen Mann erlösen könnte. Einige sind viel zu unbedarft.»
Der Leutnant fing an
Weitere Kostenlose Bücher