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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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Stock und sahen dem Sturm zu, ohne ein Wort zu sprechen, rauchend… Die aufgewühlten Elemente waren der beste Gegensatz zu den Gestalten, die sich die ganze Nacht über nicht rührten. Manchmal trat ein Schatten, den sie nicht erkannten (vielleicht ein Offizier, dem das Geld am Spieltisch ausgegangen war, oder ein Gespenst) hinter ihnen auf den Balkon, wo das Licht der Blitze nicht hinkam, und verschwand, ohne sich zu erkennen zu geben, bevor sie den Entschluss fassten, wieder auf ihre Zimmer zu gehen.
    Schließlich kam Paz’ Geliebte mit zwei Karren voll Gepäck und drei Zofen. Der Leutnant hatte kaum erfahren, dass sie Azul passiert hatte, als er auch schon ins Dorf ging, um dafür zu sorgen, dass Erna irgendwo unterkam. Er fand einen Soldaten, der eine Frau suchte, einen gewissen Gombo – offensichtlich ein Deckname, aber hier hatten es fast alle eilig, die Vergangenheit zu vergessen. Die junge Frau schnürte ein Bündel mit ihren wenigen Habseligkeiten, bekam von dem Offizier ein Kosakenpferdchen geschenkt und ging mit Francisco fort. Der Gaucho war augenscheinlich enttäuscht, als er sie sah: zu kindlich, unreif, der verfeinerte Geschmack der Offiziere hatte nichts gemein mit dem wüsten Eros der Truppe. Aber er hielt Wort und warf sogar die beiden indianischen Konkubinen hinaus, damit sie sich wohler fühlte.
    Er war, wie alle, ein Zwangsrekrut, der schon über zehn Jahre im Grenzland lebte und bereits sämtliche Höhen und Tiefen der Schwermut durchlitten hatte. Er war umgänglich, gutmütig und von einer Freundlichkeit, die fast schon übertrieben war. Er war nicht nur ein leidenschaftlicher Spieler, sondern fischte auch für sein Leben gern. Obwohl er noch keine vierzig Jahre alt war, hatte sein asketisches und ausgemergeltes Gesicht tiefe Falten, und sein Haar war ergraut. Vor einiger Zeit war er zum Gefreiten befördert und später wegen irgendeiner Sache wieder degradiert worden. Nichts davon war für ihn irgendwie von Bedeutung.
    Sie verbrachten nur wenig Zeit miteinander. Wenn er nicht gerade im Fort Wache schob, ging er ganze Tage und Nächte an abgelegenen Orten fischen oder traf sich mit seinen Kameraden zum Spiel. Folglich verbrachte Erna lange einsame Tage, an denen sie sich allmählich an ihr neues Leben gewöhnen konnte.
    Die Hütte ging auf die einzige Straße hinaus, an deren Biegung das Dorf begann. Jede der Hütten war klein und zerbrechlich, auf Pfählen gebaut und mit viereckigen Holzterrassen versehen, und lag etwa dreißig Meter von der Nachbarhütte entfernt. Sie waren nichts Ernstes, ein Zeitvertreib, ein Spielzeug aus Rinde und Papier; im Falle eines Angriffs mussten sich alle ins Fort flüchten und die kleinen Häuser auf Gedeih und Verderb den Wilden überlassen. Die Straße umarmte den Abhang eines Hügels, der sie vor den Südwinden schützte. Die Pflanzen wuchsen schnell, so schnell, dass einige Hütten schon im Blattwerk verschwanden.
    Die weiße Bevölkerung von Pringles bestand ausschließlich aus den Soldaten und ihren Frauen. Die Kolonisierung würde noch viele Jahre auf sich warten lassen, denn ein Frieden mit den Indianern war kaum möglich und ging nur schleppend voran, in Azul, dreihundert Meilen weit weg, so dass es in Pringles nicht an der Zeit war, von Arbeit auch nur zu träumen.
    Erst seit kurzem konnte sie beobachten, dass die Bedingungen, unter denen die Indianer lebten, besser waren als die im Fort. Und da sie nichts anderes zu tun hatte, wuchs ihre Kenntnis der anderen Kultur beträchtlich. Auf der anderen Seite des Hügels, entlang eines Nebenarms des Pillahuinco, lag eine große Siedlung der so genannten «friedlichen Indianer», die unter dem Schutz des Forts standen, auch wenn niemand recht erklären konnte, worin die Beziehung eigentlich bestand. Ihre Sommerzelte, die leicht wie Federn und ziemlich nutzlos waren, erhoben sich hier und da auf den abschüssigsten Stellen im Uferbereich. Mit den Soldaten spielten und tranken sie oder sie gingen mit ihnen auf die Jagd oder zum Fischfang oder einfach auf die Suche nach angenehmen Orten, an denen man den Nachmittag zubringen konnte. Zu den Stammesfeiern luden sie sie immer ein.
    Der Zufall wollte es, dass in der ersten Nacht, die Erna außerhalb des Forts verbrachte, das Fest des Affen gefeiert wurde. In Begleitung von Gombo und mit dem schlafenden Baby im Arm suchte sie sich am Strand einen Platz. Alle Frauen aus dem Dorf waren da, ebenso die Soldaten und einige Offiziere, die aus Neugierde teilnahmen.
    Es

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