Die Mestizin
einmal die Mühe machten, sie zu züchten. Erst jetzt wurde ihr bewusst, was für eine gewaltige Arbeit da auf sie zukam: Immerhin wollte sie die riesigen Wälder mit schmackhaften und seltenen Fasanen bevölkern und sie zu einem Mittel des Reichtums machen, das so sicher und konvertibel war wie Gold. Die jungen Indianer warfen ihr einen gleichgültigen Blick zu und gingen zum Ufer des Baches, um ihr abendliches Bad zu nehmen und sich dem Würfelspiel zu widmen.
Die nächsten Tage verbrachten sie mit dem Bau von Gehegen, und sogar einen Schuppen errichteten sie, für Arbeiten, von denen sie noch keine klare Vorstellung hatten. Sie zimmerten Riesenkäfige von hundert Metern Länge, die sie auf Pfähle setzten, und Einzelfasanerien mit behauenen Gipstoren. Die Stellen, wo die zukünftige Federpopulation weiden sollte, wurde auf Jagdstücken minutiös festgehalten.
Erna schickte die aufgewecktesten Mitarbeiter mit Botschaften zu den Nachbarstämmen, um erste Informationen einzuholen. Die Frage, die sie stellen sollten, war immer die gleiche: Wer wollte Zuchttiere verkaufen und wo? Auf diese Weise erfahr sie, dass in knapp einem Monat in einem nicht allzu weit entfernten Dorf (sechs oder sieben Tagesmärsche) einer der jährlichen Viehmärkte stattfinden würde. Da sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen durfte, sandte sie eine Eilbotschaft an Espina mit der Bitte, er möge ihr so schnell wie möglich alles Geld schicken, das er bislang gedruckt hatte, ohne abzuwarten, bis er über die ganze Summe verfügte. Dann begann sie mit den Vorbereitungen. Nur ihre engsten Freunde würden sie begleiten.
Die Reaktion des Kommandanten auf das dringliche Ersuchen ließ nicht lange auf sich warten: Am nächsten Tag erschien er höchstpersönlich, was eine Ausnahme war, denn niemand verließ seltener das Fort als er, und einen privaten Besuch hatte es überhaupt noch nie gegeben. Sein persönliches Interesse an diesem Geschäft war also offenkundig. Er hatte einen Karren mitgebracht, der von Papiergeld überquoll.
Er kam zur Mittagszeit, als die ganze Züchter-Kinder-Schar im Fluss badete und Erna an dem kleinen Strand in der Sonne lag und schlief. Sie begrüßte den Oberst und bat ihn ins Haus. Espina zeigte auf den Karren.
«Hoppla», sagte Erna lachend. «Vier Ochsen! Ist der so schwer?»
Und tatsächlich waren dem Karren zwei stabile weiße Joche vorgespannt.
Sie traten ein. Der Oberst ließ sich auf eine der Matten fallen. Mädchen eilten herbei und brachten ihm etwas zu rauchen. Erna schenkte zwei Gläser Wein ein. Sie sagte ihm, wann und wo der Markt stattfinden werde und dass sie beschlossen habe hinzufahren.
Espina senkte halb die Augenlider und seufzte.
«Als ob Sie nicht wüssten, dass es strengstens verboten ist! Aber ich nehme an, es gibt keinen anderen Weg, um eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen.»
«Nein, gibt es nicht.»
Einen Augenblick saß Espina schweigend da und rauchte.
«Wird das reichen?», fragte er in Anspielung auf den Karren, der draußen stand.
Erna beschränkte sich darauf, ihm mit einem «ernsten Lächeln» zu antworten.
Vom Bach her drang das Echo von Gelächter und Geplansche heran. Jemand kam, um anzukündigen, das Mittagessen sei gleich fertig. Also gingen sie hinaus, setzten sich, fern von den anderen, unter einigen Linden ins Gras. Die Mahlzeit bestand aus Waldschnepfen, Forellen und Kräuterschnaps. Espina soff wie ein Loch, fraß wie ein Scheunendrescher. Der Gesang eines Eisvogels ließ ihn kurz innehalten und weckte wohl seine Sehnsucht, denn er begann Erna von seinen Erinnerungen an die Anfangszeiten des Forts zu erzählen.
«Als ich ankam», sagte er, «gab es dort nichts, rein gar nichts, das Fort haben wir erst Jahre später gebaut. Anfangs wohnten wir unter den Bäumen, wechselten jede Nacht unser Quartier, ohne dass es uns zufriedengestellt hätte. Neben der Armut mussten wir die Marter der Höflichkeit ertragen. Die Indianer verachteten uns. Daher war es nötig, ein ganzes System des Luxus zu entwickeln, um sich das Nichts vom Leib zu halten. In diesem Sinn, meine Liebe, kann man sagen, dass ich einer der Entdecker des Horror Vacui war. Das Indianervolk entwickelte sich, so wie heute noch, mit dieser seltsamen Beharrlichkeit des Lebens, während wir uns zu Tode langweilten. Sie wurden von jener Lieferantenkette versorgt, deren Kontaktmann Baigorria war. Immerzu trafen Ladungen mit europäischen Getränken ein. Wir hingegen tranken Wasser.» Die bloße
Weitere Kostenlose Bücher