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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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Schnurrbart sprechen — dem Gelehrten?»
    «Was für ein Gelehrter? Wovon
redest du eigentlich?»
    «Er war gestern da. Ich habe
ihn gesehen.»
    «Ich habe keinen Assistenten,
der bei mir arbeitet»
    «Aber er war gestern da.»
    «Das muß ein Kunde gewesen
sein. Ein Gelehrter, sagst du?»
    «Ja.»
    «Was für eine Art Gelehrter?»
    Pidge dachte einen Augenblick
nach.
    «Ein Latein-Gelehrter», sagte
er und drückte seinen Daumen.
    «Ich kann selbst gut Latein.»
    «Oh», sagte Pidge, «könnten Sie
etwas übersetzen?»
    «Ja, natürlich.»
    «Und — wollen Sie’s tun?»
    «Du bist ein Kind, was?»
    «Ja.»
    «Habt ihr nicht Latein in der
Schule?»
    «Nein, noch nicht. Ich bin noch
nicht alt genug dafür.»
    «W ills t du mich
vielleicht dazu überreden, dir die Hausaufgaben zu machen?»
    «Nein, ehrlich. Es sind doch
Sommerferien, und ich lerne noch nicht Latein. Wirklich!» sagte Pidge mit ernster
Stimme.
    «Na gut, dann schieß los!»
    «Also hier ist es», sagte
Pidge. «O Serpens Vilissimus! Et hic signo et his verbis te sie securo, in
Saecula Saeculorum, Amen. Patricus.»
    «Das ist ganz einfach», sagte
der Buchhändler überlegen. «Es bedeutet: ‹O überaus böse Schlange! Mit diesem
Zeichen und diesen Worten binde ich dich für alle Zeiten. Amen. Patrick» oder
so ähnlich. Frag mich noch etwas, los! Ich bin gerade in der Stimmung dazu.»
    «Sonst habe ich keine Fragen»,
sagte Pidge höflich. «Danke vielmals für Ihre Hilfe.»
    «Deine lateinische Aussprache
ist fürchterlich — ich weiß nicht, wohin das noch führen soll», sagte der
Buchhändler.
    «Wirklich?»
    «Bist du sicher, daß du mich
nichts mehr fragen willst — jetzt, wo ich gerade in Stimmung bin?»
    «Nein.»
    «Na, dann gut.»
    «In Ihrem Laden hat aber
wirklich ein alter Mann bedient. Sie haben ihn nicht gesehen, weil Sie
hinausgerannt sind, um sich ‹Überschallflugzeuge oder so einen Quatsch›
anzusehen.»
    «Sei nicht so frech», sagte der
Buchhändler und legte auf
    Brigit saß auf einer Mauer.
    «Wen hast du angerufen?»
    «Ich kann’s dir noch nicht
sagen», antwortete Pidge und kam sich gemein vor.
    «Ist es ein Geheimnis?»
    «Ja.»
    «Erzähl’s mir.»
    «Später. Laß uns jetzt nach
Hause gehen. Ich sterbe vor Hunger.»
    «Ich auch. Ich könnte einen
ganzen Elefanten verschlingen.»
    Pidge lachte und gab ihr einen
kleinen, liebevollen Schubs.
    «Könntest du nicht Er würde nie
in dich hineinpassen.»
    Brigit stellte sich vor, wie
sie aussehen würde, wenn in ihr ein Elefant drin wäre. Dabei vergaß sie, weiter
nach dem Telefongespräch zu fragen.
    Pidge nahm sie an der Hand, und
sie rannten zusammen zum Reitweg und nach Hause. Den ganzen Weg lang wunderte
er sich über die Sache mit dem alten Mann im Buchladen.
    Zu Brigits großer Empörung war
das Schwein doch nicht gestohlen worden. Es stand auf einem Feld in der Nähe
des Hauses, grunzte zufrieden und wühlte mit der Schnauze in der Erde wie
immer.
    «Ich wette, die haben es
versucht, aber es war schlauer als sie», sagte Brigit.
     
    Das Frühstück war köstlich; es
gab dicke Scheiben selbstgeräucherten Schinken, frische Pilze und Vollkornbrot
mit gelber, selbstgerührter Butter. Tante Bina hatte es für sie zubereitet,
bevor sie hinausgegangen war, um das kleine Huhn zu beschatten.
    Während sie beim Essen saßen,
klopfte es zögernd und verstohlen an der Eingangstür; es war eher eine Art
tastendes Pochen als ein kräftiges Einlaßbegehren. Ein Klopfen, mit dem einer
herausfinden wollte, ob jemand da war.
    Pidge öffnete die Tür.
    Ein seltsamer Mann schaute
lächelnd in die Küche. Er war außerordentlich groß und dünn, wie gedehnter
Gummi, und trug auf seinem Rücken einen großen braunen Sack, der an einigen
Stellen Beulen hatte.
    «Guten Morgen, junger Mann»,
sagte er und lächelte wieder breit Pidge fand sein Lächeln schrecklich, weil
seine Zähne so scharf und nadelspitz aussahen. Aus Höflichkeit wünschte er ihm
jedoch auch einen guten Morgen.
    «Ist die Dame des Hauses da?»
fragte der Mann.
    Pidge hatte den Eindruck, daß
der Mann sehr wohl wußte, daß sie allein im Haus waren, ohne den Schutz eines
Erwachsenen.
    « Ich bin die Dame des
Hauses», sagte Brigit grob. «Was wollen Sie?»
    Der Mann lächelte wieder und
tat so, als glaube er ihr.
    «Oh!» sagte er. «Dafür sind Sie
aber noch sehr jung! Ich wollte fragen, ob Sie irgend etwas zu verkaufen haben?
Zum Beispiel altes Gold oder Silber?»
    «Nein», sagte Brigit
unverfroren. «Mein ganzes

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