Die Meute der Morrigan
Handschellen besorgen.»
«Und wo willst du die
herkriegen?»
«Ach, irgendwoher», sagte sie
unbestimmt.
«Habt ihr heut’ morgen viele
kleine Pilzelchen gefunden?» fragte Mossie.
«Vierzehnhundert oder so haben
wir gefunden», erzählte sie ihm.
Mossie lachte. Jeder kannte
Brigit und ihre Geschichten.
«Na, ich hoff, ihr habt mir ein
paar übriggelassen», sagte er munter.
«Wir sind nicht mal halb
hinunter gekommen; da unten müßten noch eine ganze Menge sein», sagte Pidge.
«Wir haben nur ungefähr eine Mütze voll.»
«Gut. Aber jetzt hört mal, was
ich für Neuigkeiten mitbringe!» sagte Mossie zufrieden. «Ich hab’ zwei ganz
schön Verrückte unten bei mir!»
«Wie meinst du das?» fragte
Pidge.
«‘s sind zwei Damen. Ihr
werdet’s nicht glauben, aber eine von denen färbt sich die Haare blau. Sie hat
goldene Räder in den Ohren, und ich schwör’ bei Gott, sie raucht Zigarren! Sie
sagt, sie heißt Melody Mondlicht, wenn ich nicht schon ganz taub bin. Melody
Mondlicht», wiederholte er staunend. «Habt ihr schon mal so ‘nen Namen gehört?»
«Und wie heißt die andere?»
fragte Pidge.
«Die hat fast ‘nen genausoguten
Namen. Sie sagt, sie heißt Breda Ekelschön! Und wenn die erste Zigarren raucht
— na, die zweite steht ihr fast nicht nach — weil sie Tabak kaut So was hab’
ich bei Frauen noch nie gesehn! Na ja, und dann: Die erste hat blaue Haare —
wie das blaue Zeug, mit dem man die Kartoffeln gegen Mehltau besprüht, und bei
Gott, die zweite hat orangefarbenes Haar, das ihr grell über den Rücken hängt
wie der Schwanz von einem Pferd.»
«Ach, die zwei!» sagte Brigit
verächtlich. «Ich hab’ sie gestern gesehen. Sie haben Hunde und ‘n blödes
Motorrad!»
«Was machen die denn bei
Ihnen?» fragte Pidge.
«Sie haben mein altes Glashaus
gemietet! Sie zahlen mir gutes Geld dafür, daß sie drin wohnen dürfen. Was sagt
ihr jetzt? Nicht jeder hat so jemand bei sich wohnen, was?»
«Die wohnen in Ihrem Glashaus?
Die müssen ja dämlich sein», sagte Brigit, weil sie ein bißchen eifersüchtig
war.
«Warum tun sie das denn?»
wollte Pidge wissen.
«Weil sie Künstler sind und ein
bißchen plemplem», sagte Mossie stolz. «Sie haben mir gesagt, sie machen ihre
Sachen aus Teilen von alten Fahrrädern und Traktoren und so was. Sie sagen, daß
sie Spaß dran haben, aus altem Plunder Kunstwerke zu machen. Und außerdem sind
sie sehr lustig. Sie ulken die ganze Zeit miteinander und lachen immer
schallend über irgendwas.»
«Malen die auch?» Pidge dachte,
das müsse er fragen.
«Malen?»
«Schilder zum Beispiel?»
«Davon haben sie nichts gesagt
Ich glaub’ nicht.»
«Ach so», sagte Pidge.
«Na ja, dann geh ich wieder»,
sagte Mossie.
«Paß auf, daß sie nicht aus dir
ein Kunstwerk machen, Mossie», sagte Brigit, halb aus Spaß und halb aus Groll
darüber, daß Mossie die Frauen so mochte.
Als sie zum Tor gingen, sah sie
sich immer wieder um und winkte.
«Ich find’s nicht gut, daß
denen beiden bei Mossie sind», sagte sie.
«Nicht denen beiden, die
beiden», sagte Pidge.
«Warum nicht denen beiden?»
«Ich weiß nicht mehr, aber es
heißt jedenfalls die beiden.»
«Also, ich mag die beiden
nicht, und wenn du sie mal siehst, dann wirst du sie auch nicht mögen, oder,
Pidge?»
«Nein, wenn du sie nicht
magst», versprach Pidge.
«Ich glaub’, Mossie mag sie,
weil sie mal mit ihm ‘ne Spritztour mit ihrem alten Motorrad machen. Ich
wollt’, ich hätt’ selber eins.»
Sie gingen im Sonnenschein
dahin. Als sie an die Wegbiegung gekommen waren, sagte Brigit gerade, daß sie
nicht mal ein Motorrad haben wollte, wenn die beiden sie auf den Knien darum
bitten würden, sich eins anzuschaffen. Sie würde viel lieber ein Fohlen oder
einen «Hupschrauber» haben.
An der Abzweigung war eine
Telefonzelle in die Mauer eingelassen. Das brachte Pidge auf eine Idee.
«Wart einen Moment, Brigit. Ich
möchte bloß jemanden anrufen», sagte er.
Er ging in die Telefonzelle,
holte das Kärtchen aus seiner Hosentasche und wählte die Nummer des
Buchantiquariats.
Nach ein paar Sekunden war die
Stimme des Buchhändlers in der Leitung zu hören.
«Hallo!» Es klang recht
unwirsch. Pidge sank der Mut
«Hallo. Sind Sie der
Buchhändler?» fragte er höflich.
«Ja!»
«Könnte ich mit Ihrem
Assistenten sprechen?»
«Mit welchem Assistenten?»
«Der alte Herr mit dem weißen
Schnurrbart.»
«Was? Was soll der Unsinn?»
«Könnte ich mit dem alten Mann
mit dem weißen
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