Die Meute der Morrigan
vom Türbalken herabhing. Sie hängte den Faden an
ihren Finger, und die Spinne begann sofort zu ihrer Hand hinaufzuklettern. Sie
versuchte, zu ihrem Netz zurückzukommen, und sie wußte, daß ihr Netz oben war.
Als sie ihre Hand fast erreicht
hatte, gab Brigit dem Faden einen kleinen Ruck, und die Spinne ließ sich nach
unten fallen. Sofort begann sie wieder hinaufzuklettern.
«Was machst du da, Brigit?»
fragte Tom.
«Ich laß eine Spinne baumeln»,
sagte sie und tat gleichgültig.
«Tu ihr nichts, das bringt
Unglück», sagte Pidge rasch. Er dachte, es könne nicht schaden, das Glück auf
seiner Seite zu haben.
«Was soll ich ihr denn tun»,
fragte Brigit verächtlich. «Ich spiel’ doch nur Jo-Jo mit ihr.»
«Komm her, Brigit, schau, was
ich für dich habe», sagte Tom.
Sie ließ die Spinne fallen, die
augenblicklich in einer Ritze an der Türschwelle verschwand, und lief zu Tom in
die Schmiede. Er streckte ihr die Hand entgegen und zeigte ihr ein Stück
Metall, das wie mattes Silber aussah.
«Was ist das?»
«Bis jetzt ist es nur ein Stück
Metall, ein kleines Stück Silber.»
«Machst du was für mich draus?»
«Ja, das hab’ ich vor.»
«Jetzt gleich?»
«Ja.»
Brigits Gesicht hellte sich
auf.
Tom zog eine kleine Schublade
aus einem hölzernen Kästchen, das aussah wie die Kästchen, in denen man Gewürze
aufbewahrt. Er nahm feine Werkzeuge heraus und begann zu arbeiten. Er fachte
die Glut mit seinem Blasebalg an und nahm das Silberstückchen in seine großen
Hände. Er faßte es mit den Backen seiner Zange und erhitzte es ganz behutsam im
glühenden Herzen des Feuers. Dann zog er es heraus und begann zu arbeiten.
Seine Hände bewegten sich so
schnell, daß die Kinder dem, was er tat, kaum folgen konnten. Während er das
Silber formte, erzählte er ihnen von der Arbeit des Schmiedes. Er erzählte
ihnen von den Metallen und den Meisterschmieden vergangener Zeiten, die
wunderbare Dinge aus Silber und Gold machten und von den Leuten als Künstler
angesehen wurden.
Dann war Tom fertig. Er hatte
für Brigit ein winziges Kunstwerk geschmiedet: Pfeil und Bogen; der Bogen hatte
eine kleine Kerbe, in die man den Pfeil legen konnte, und beides glänzte im
Feuerschein.
Brigit war noch nie so
begeistert gewesen. Pidge war voller Bewunderung.
«Jetzt wollen wir den Bogen
bespannen», sagte Tom und holte noch etwas aus dem Kästchen. Es war starkes
Haar vom Pferdeschweif
Und dann war das Werk fertig;
geformt, blank poliert und mit einer Sehne bespannt. Dazu war es mit einer
kleinen Spange und einem Kettchen versehen, so daß Brigit es als Brosche an
ihrem Kleid tragen konnte.
Daß das Schmuckstück so gut
gelungen war, schien Tom selbst zu erstaunen.
«Ich wußte gar nicht, daß ich
so was zustande bringen kann», erklärte er.
«O Tom», flüsterte Brigit «Es
ist wunderschön. Wenn ich die Fersen gelernt habe, strick’ ich dir zwanzig Paar
Socken.»
Er war sehr angetan von Brigits
Reaktion.
«Das wäre gar nicht übel»,
sagte er.
«Wann bist du denn darauf
gekommen, es zu machen? War das, während diese Kesselflicker gesungen und Banjo
gespielt haben?» fragte Pidge.
Nun schien Tom noch verdutzter
zu sein.
«Jetzt, wo du’s sagst — ja, so
war’s.» Er sah völlig verwirrt aus.
Schon wieder so was, dachte
Pidge. Diesmal sind es zwei, die singen und andere auf Ideen bringen.
«Ist an Eisen eigentlich was
Besonderes?» fragte er, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.
«Über Eisen könnte ich dir viel
erzählen. Meinst du etwas Bestimmtes?»
«Na ja», zögerte Pidge, der
fürchtete, sich lächerlich zu machen.
«Was denn?»
«Hat es irgendwas Magisches an
sich?»
«O ja, eine ganze Menge, glaub’
ich. Es heißt zum Beispiel, Hexen könnten’s nicht anfassen, aber ich weiß es
nicht so genau.»
Hexen! An Hexen hab’ ich gar
nicht gedacht. Ich hab’ an irgend etwas, hm, Stärkeres gedacht, merkte
Pidge. Und wenn es wirklich Hexen sind, dann hab’ ich wenigstens etwas aus
Eisen, und das wird mich vor ihnen schützen.
Jetzt, wo er gegen fast alles
gewappnet war, verabschiedete sich Pidge mit Brigit zusammen von Tom und dankte
ihm noch einmal. Dann gingen sie den mit Hecken eingefaßten Weg zum See
hinunter.
Zur Insel hinüber war es nicht
weit zu rudern.
Brigit saß am Bug, bewunderte
ihre Brosche und lauschte auf das Geräusch der Ruder, die ins Wasser tauchten,
und der Tropfen, die ins Wasser zurückfielen. Sie glitten langsam dahin. Es war
ein sehr heißer Tag, und es war
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