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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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da
schlief er ein.

 
     
     
     
     
     
     
    idge
erwachte jäh mit leichtem Herzklopfen, aber es war nur das Morgenlicht auf
seinem Gesicht, das seine Ruhe gestört hatte. Er lag eine Weile reglos da und
dachte über die seltsamen Ereignisse des vergangenen Tages nach. Die langen,
stillen Stunden des Schlafes zwischen dem Abend und dem Morgen hatten allem das
Wirkliche und Lebendige genommen, so daß es ihm jetzt nur noch wie etwas
vorkam, das er passiv auf sich hatte wirken lassen, wie einen Film. Doch die
nächtliche Unterbrechung konnte nicht den Funken Wissen auslöschen, der in
seinem Kopf blieb, aller Dramatik entkleidet und weiterhin wahr; den
vergangenen Tag mit all dem, was geschehen war, hatte es wirklich gegeben.
    Er schlüpfte aus dem Bett und
begann sich anzuziehen. Es würde besser sein, wenn er die Seite wieder holte,
bevor Tante Bina auf die Idee kam, Brot zu backen.
    Es muß noch sehr früh sein,
dachte er. Ich bin der erste, der auf ist. Kein Geräusch aus der Küche, alles
still.
    In dieser Stille quietschte der
Riegel an seiner Schlafzimmertür so laut, daß er sogar Brigit hätte aufwecken
können. Er wartete einen Augenblick, bevor er in die Küche hinunterging, aber
niemand regte sich.
    Das Feuer sah im Sonnenlicht
leblos und grau aus, und die Feuerzange lag immer noch auf dem Deckel des
Topfes. In zwei Sekunden hielt er die schreckliche Seite in der Hand. Er
faltete sie auf und sah sie an. Beinahe erwartete er, daß die Schlange
herausspringen und ihre Giftzähne in seine Hand schlagen würde.
    Doch die Schlange zierte
pflichtgetreu das Blatt, und was ihn jetzt erstaunte, war ihre Schönheit. Da
war keine Spur mehr von den tückischen weißen Blumen oder den bösartig
lebendigen Bäumen oder den umgarnenden Gräsern. Er mußte sich das alles einfach
eingebildet haben.
    Aber die Schlange hatte
trotzdem etwas an sich, das mehr als Malerei war. Er faltete das Blatt
zusammen, steckte es in sein Hemd und ging wieder in sein Zimmer hinauf.
    «Hallo», hörte er Brigits
Stimme, als er die Tür hinter sich schloß. «Wo warst du?»
    Er guckte hoch. Brigits Hände
umklammerten den oberen Rand der Trennwand, sonst sah er nichts von ihr. Sie
versuchte, zu ihm hinüberzuschauen und stemmte ihre Füße gegen die Holzwand,
während sie sich hochzog. Ihr Kopf tauchte kurz auf, dann rutschte sie wieder
ab. Nachdem sie ein paar Sekunden verschwunden war, kämpfte sie sich wieder
nach oben.
    «Na?»
    Wieder verschwand sie.
    Er wartete, bis ihr Kopf von
neuem erschien.
    «Ich war nur unten.»
    Brigit akzeptierte diese
Antwort, ohne nachzufragen; sie war oft «nur» irgendwo.
    «Hast du die Viehdiebe heute
nacht gehört?» fragte sie und hängte sich mit den Ellbogen über die Trennwand.
    «Welche Viehdiebe?» fragte er
überrascht.
    «Hast du sie nicht gehört? Sie
haben sich mit einem Motorrad aus dem Staub gemacht.»
    Also hatte auch Brigit es
gehört.
    «Vielleicht hast du nur geträumt?»
fragte er hoffnungsvoll.
    «Nein, hab’ ich nicht. Dafür
war es zu normal. Träume sind verschwommen, und es kommen Schokolade und
Bonbons drin vor. Und Puderzucker und Fahrräder. Ich wette um alles mit dir,
daß sie ein Schwein gestohlen haben.»
    «Ach, wer wird denn schon ein
Schwein stehlen!»
    «Schweinediebe! Gangster auf
Motorrädern. Schnell ein Schwein geklaut und dann nichts wie fein ausgehen, so
sagen die sich. Die anderen sind denen völlig schnuppe.»
    «Wo hast du bloß diese
Ausdrücke her, Brigit?»
    «Von nirgendwoher. Sie kommen
mir einfach so — und warum bist du schon so früh auf?»
    «Ich dachte, ich könnte mal
nach Pilzen schauen», sagte er. Er hatte ein schlechtes Gewissen, daß er sie
belog, aber im Augenblick fiel ihm nichts Besseres ein.
    «Gut!» erklärte sie. «Ich
brauch’ nicht lang, um mich anzuziehen. Wartest du ein bißchen?»
    Und in der oberen Hälfte vom
Grangefield fanden sie auch gleich genug Pilze für das Frühstück; da sie jetzt
sehr hungrig waren, hatten sie gerade beschlossen, nach Hause zu gehen, als sie
den guten alten Mossie Flynn sahen, der keuchend und schnaufend über die
Steinmauer am Rand ihres Feldes geklettert kam.
    «Schöner Tag!» rief er, als er
nahe genug herangekommen war, um sie zu begrüßen.
    «Wir sind schon Stunden auf»,
sagte Brigit stolz.
    «Wirklich? Na, du bist ja ein
tolles Mädchen.»
    «Ja. Hab’ Viehdiebe verfolgt
und wer weiß was noch!»
    «Hast du einen von ihnen
geschnappt?»
    «Noch nicht, aber bald. Ich muß
erst ein paar

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