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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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fuhr die kleine
braune Ente fort und machte eine Kopfbewegung zu den Gänsen hin, die sich
wieder an den Wegrand begeben hatten, um Gras zu rupfen.
    «Manche mögen Schwingkeulen,
und manche mögen Steptanz — aber für uns ist es eben der Regen», erklärte die
kleine Ente weiter.
    «Das hab’ ich ja nie gewußt!»
sagte die Frau, deren Gesicht jetzt durch die Kräftigung ganz rosig war.
«Zuerst hab’ ich gedacht, sie wären einsam und verlassen, und danach hab’ ich
überhaupt nicht mehr an sie gedacht.»
    «Das wissen wir schon. Wir
mußten selbst Steptanz lernen, um Ihren närrischen Füßen aus dem Weg gehen zu
können. Sie trampelt rum wie wild, stimmt’s?» sagte die kleine Ente Zustimmung
heischend.
    «O ja, wie wild, wie wild!»
antworteten die anderen und nickten heftig mit den Köpfen.
    «Ach, du liebe Alte», sagte die
kleine Ente zärtlich. «Du hast uns frei gelassen wie Katzen und den Regen mit
uns geteilt; und was zählt schon das bißchen Unbequemlichkeit durch
wildgewordene Füße, wenn Freunde einen Weg gemeinsam gehn?»
    «Es ist jedenfalls ein langer
Weg, das kann man wohl behaupten», sagte die Frau mit einem Seufzen.
    Der Regen wurde wieder stärker
und hüpfte von ihrem Kopf.
    «Lang und gefährlich, was?»
sagte die kleine braune Ente.
    «Nein, gefährlich war er wohl
nicht», widersprach die Frau freundlich.
    «Nicht gefährlich? Und was ist
mit all den Hunden?» fragte die kleine Ente empört.
    Pidge fuhr auf. «Hunde?» fragte
er.
    «Die Wasserdame hat sie nie
gesehn, aber wir haben sie gesehn, nicht?»
    «Haben wir, haben wir! O ja,
das haben wir», sagten die anderen Enten schaudernd.
    «Ohne die Gänse wären wir
überfallen und erledigt worden. Es ist ein hartes Leben, Ente zu sein ohne
Hakenschnabel. Wir haben ja Schnäbel wie auch die Gänse, aber wir haben nicht
dieses Zischen und diese Stoßkraft. Ja, das ist es, was uns fehlt — das
Zischen. Und auch das Gewicht, das fehlt uns. Es sieht aus, als wären wir fürs
Gegessenwerden bestimmt... wehrlos geboren... und so gut ausgerüstet fürs
Kämpfen wie Tulpen.»
    «Was für Hunde waren das denn?»
fragte Pidge.
    «So eine Art Jagdhunde waren
sie! Dünne Hunde. Hätten wir den Gänserich da nicht gehabt, wir wären erledigt
gewesen, denn als sie uns gesehen hatten, sind sie irgendwie dahergeschlichen.
Aber er hat’s ihnen gezeigt — hat seinen langen Hals rausgestreckt und sie
angezischt wie ‘ne Dampfmaschine. Heda! Komm mal ‘nen Augenblick rüber, los!»
rief sie dem Gänserich zu.
    «Was glauben Sie eigentlich,
mit wem Sie sprechen?» erkundigte sich der Gänserich hochnäsig und abweisend.
    «Ach komm, Charlie», sagte die
kleine Ente. «Hör doch mal auf mit dem vornehmen Getue.»
    «Vornehmes Getue?» wiederholte
der Gänserich, als habe er die Worte eines Narren gehört, die Leute mit höherer
Intelligenz nicht zu verstehen vermochten.
    «Mimose!» sagte die kleine Ente
spöttisch. «Wenn man dich so reden hört, könnt’ man meinen, du kommst aus ‘ner
silbernen Muschelschale! Aber du bist aus ‘nem Ei geschlüpft wie unsereins,
also brauchst du auch nicht so hochnäsig zu sein!»
    «Hochnäsig? Wie bitte?» sagte
der Gänserich.
    «Hochnäsig und vornehm, daß
sich Dschingis-Khan daneben wie ‘n Lumpensammler vorkommen würde. Immer hat er
dieses Gehabe an sich, stimmt’s?»
    «Ja, hat er, hat er!»
bekräftigten alle.
    «Es tut mir leid», sagte der
Gänserich herablassend, «aber die Äußerungen Ihres Schnabels sind so unerhört
töricht, daß Sie lieber davon Abstand nehmen sollten.»
    «Hört euch nur an, was der für
Brocken ausspuckt!» spottete die kleine Ente. «Aber sie werden dir zu
Weihnachten trotzdem den Hals umdrehn, wie den andern. Weißte was, Charlie? Du
gehst mir ganz schön auf die Nerven.»
    «So etwas ignoriert man am
besten», sagte der Gänserich. «Er ist ein bedeutungsloses Objekt und keiner
Beachtung würdig.»
    Die Frau lachte jetzt herzlich
und ebenso Pidge und Brigit.
    Es regnete nicht mehr.
    «Ich dachte, ihr wärt alle
Freunde», sagte die Frau.
    «Oh, selbstverständlich sind
wir Freunde, aber wir sind nicht zu intim», sagte der Gänserich.
    «Ich werd’ gleich intim mit dir,
wenn du nicht aufpaßt», sagte die kleine Ente und spreizte die Federn. «Ich
werd’ dir die Stoppelfedern ausreißen. Das gibt ein Jiu-Jitsu, bei dem alles
erlaubt ist Der dreht mir doch glatt den Rücken zu. Haltet mich fest, sonst
verbeiß’ ich mich in ihn!»
    «Ich habe gehört, daß du

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