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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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werd’, und ich würd’ diesen Tag nicht so schlimm finden. Aber ich werd’
den Bissen nicht kriegen, und das ist so wahr, wie die Sonne die Sterne
auslöscht...
    Und ich könnt’ meinen Kopf
jetzt nicht verdrehn, nicht mal, um einen Regenbogen anzuschaun, weil mein Kopf
schwer ist vom Gewicht meiner Träume. Sie ballen sich zu Wolken zusammen und
wuchern wie sie wollen in meinem Kopf. Manche davon sind hart wie Stein, aber
sie haben keinen Sinn — außer Hunger hätte einen Sinn. Und andere sind wie
Rauch und wollen sich nicht zeigen, aber sie necken mich mit undeutlichen
Sachen, die doch wichtig scheinen, und quälen mich...
    Ich bin immer wie eine Kuh mit
vier Mägen, die drei Tage nichts gegessen hat; und in einem der klaren Träume,
die ich hab’, graben sich weich meine Zähne in Schlagsahne mit Blaubeeren drin.
Und wie oft seh’ ich in der beunruhigenden Zauberei dieses Traums den Lachs mit
schwarzen Flecken und weißem Bauch in seiner festen Fülle, wie er übers Feuer
geht und zurückkommt mit dem Schimmer von geglättetem Metall auf seiner Haut,
die ganz knusprig ist, mit kleinen blauen Stellen; und der Duft, der im Dampf
vom Teller aufsteigt und in meine Nase dringt und bis in meinen Magen rein, daß
ich schon halb satt war, bevor ich einen Bissen gegessen hatte. Und dann seh’
ich ihn, den König der Fische in seinem aufgeplatzten Mantel, und diese dicken
rosa Stücke und die fetten kleinen Kissen von blassem Gerinnsel, die immer da
sind.
    Es ist, als könnt’ ich mich erinnern,
wie die Fetzen zwischen meinen Zähnen steckengeblieben sind und wie ich auf die
Gräten achtgeben mußt’. Ein komischer Traum für jemanden wie mich; denn soweit
ich weiß, hab’ ich so was nie im Leben gekostet
    Es ist gut, daß meine Lieblinge
von mir gegangen sind. Die Haare würden ihnen zu Berge stehen, wenn sie mich
jetzt sehn könnten, wo ich doch jeden Tag drauf warte, vor Schwäche umzufallen.
Ich möcht’ bloß wissen, wo sie sind. Ich frag’ mich, ob sie überhaupt mal da
waren. Denn das ist der schwankende Traum, der mich am meisten zornig macht...
er gaukelt mir vor, ich hätte einst sieben starke Söhne gehabt mit sanftem
Wesen, und ich hätt’ sie verworfen, weil ich irgendwelche närrischen Ideen
hatt’...»
    Urplötzlich veränderte sich ihr
Gehabe, und die Enten und Gänse flohen nach allen Seiten, weil sie einen Satz
machte und drohend ihren Stock schwang. Ihre Heftigkeit war ungeheuerlich.
    «Laßt mich in Ruh’! Laßt mich
in Ruh’!» schrie sie und hieb mit ihrem Stock auf ihre Träume ein.
    Sie war an den Kindern
vorbeigegangen, ohne sie zu bemerken. Und jetzt hatte Pidge keine Angst mehr
vor ihr. Er merkte, daß ihre Wut sich nur gegen sie selbst und ihre eigenen
Gedanken richtete.
    «Halt!» rief er.
    Die Frau gehorchte.
    Sie blieb wie angewurzelt
stehen und wandte sich um. Sie hob leicht den Kopf und sah die beiden bei dem
Felsen stehen. Ihre Überraschung war sehr groß, und sie kam langsam zurück, um
sie zu betrachten.
    «Hier ist warmes Essen, und ich
glaube, es ist für Sie bestimmt», sagte Pidge. Er wußte jetzt, daß sie ihnen
irgendwie helfen sollte, aber er konnte sich nicht vorstellen, wie.
    «Wenn ich trockene Stiefel in
Ihrer Größe hätt’, würd’ ich sie Ihnen geben», sagte Brigit mit schüchterner
Stimme.
    Die Frau sah sie verwundert an.
    «Kinder!» sagte sie. «Ein
kleines, kräftiges Mädchen und ein feiner kleiner Knabe. So was! Ich könnte den
ganzen Tag dastehen und mir so ein Kind ansehn.»
    Ihre Stimme war sanft, und ihr
ganzes Verhalten hatte sich geändert.
    «Ich heiße Pidge, und das ist
meine Schwester Brigit; und es tut uns leid, daß Sie es so schwer haben», sagte
Pidge. Er wurde ziemlich rot dabei.
    Die Frau sah verwirrt aus. Für
einen Augenblick trat ein verschleierter Ausdruck in ihre Augen, als versuche
sie etwas zurückzuholen, an das sie sich nicht genau erinnern konnte.
    «Oh, aber mir scheint, das war
nicht immer so. Ab und zu hab’ ich so eine Ahnung, als hätte es Zeiten gegeben,
die sehr gut waren, ja sogar herrlich», sagte sie mit einem Hauch von
Verwunderung in ihrem Ausdruck. «Ihr müßt nicht auf das hören, was ich sag’,
wenn ich mit mir selbst red’. Es ist nur eine schlechte Angewohnheit, in die
man verfällt, wenn man einsam ist, und zu sich selber sagt man immer nur die
schlimmsten Dinge.»
    «Wie heißen Sie?» fragte Brigit
    Wieder trat eine Pause ein, in
der sie vergeblich in ihrer Erinnerung forschte.
    «Ich hab’s

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