Die Meute der Morrigan
Brigit ihr bis zur Straße gefolgt waren, sahen sie mit
Freuden, daß die Blumen sogar durch den befestigten Boden gedrungen waren, um
den Weg anzuzeigen. Sie merkten auch, daß dieses Zeichen nur ihnen galt, denn
wenn sie an ihnen vorbeigegangen waren, verschwanden die Blumen ebenso, wie die
Kerzen im Nebel verloschen waren.
Der Blumenstreifen führte sie
bis zum ‹Gelben Apfel› und daran vorbei. Sie blieben zögernd stehen; die Düfte,
die aus dem Kaffeehaus drangen, waren gar zu verlockend, und sie hatten seit
dem Frühstück keinen Bissen gegessen.
«Weißt du was, Brigit? Wenn wir
sie wieder nicht finden, kommen wir hierher zurück und essen etwas. Was hältst
du davon?» schlug Pidge vor.
«Machen wir!» sagte sie.
Jetzt führte der Blumenpfad sie
um eine Ecke in eine Gasse. Hier lief er als breites Farbenband in der Mitte
der Fahrbahn. Die Kinder folgten ihm weiter.
Am Ende der Gasse standen eine
Menge Karren und Waggons, und die Seitengassen öffneten sich zu Höfen. Als sie
fast am Ende angelangt waren, roch es wieder nach Essen. Und dann hörten Pidge
und Brigit zu ihrem Erstaunen eine vertraute Stimme sagen;
«Oh, du frecher Ungeist! Komm
mir nicht in die Quere, wenn ich meine Würstchen umdreh’!»
Der Blumenpfad war zu Ende.
ie
bogen um eine Ecke und erblickten Boodie und Patsy.
Sofort war Pidges Kopf voller
Fragen; aber er beschloß, später nach Antworten zu suchen. Er bewahrte seine
Fragen sorgfältig im hintersten Winkel seines Gedächtnisses auf.
Nach dem, was sie mit Curu
erlebt hatten, erfüllte sie die Freude, ihre alten Freunde aus der Vergangenheit
wiederzusehen — die für Brigit ganz unerwartet kam — mit dankbarem
Glücksgefühl. Sie blieben einen Augenblick stehen, schauten den beiden zu und
warteten darauf, gesehen, erkannt und begrüßt zu werden.
Zuerst wurden sie nicht
bemerkt, und sie stupsten sich gegenseitig an und grinsten.
Boodie hockte an einem Feuer,
auf dem sie eine Pfanne voll Würstchen briet; dabei machte sie halbherzige
Versuche, eine Amsel zu verscheuchen, die auf ihrem Kopf hockte. Die Amsel
bemühte sich, Stroh von ihrem Hut zu rupfen. Sie war ein ganz gewöhnlicher
Vogel, aber ziemlich frech.
Auf dem Boden war ein sauberes
Tuch ausgebreitet, und darauf standen zugedeckte Schüsseln und
Steingutgeschirr. Patsy kniete daneben und steckte einen Strauß Gänseblümchen
in einen kleinen Krug voll Wasser. Er wandte den Kopf sah sie, und sein Gesicht
erstrahlte in einem Lächeln.
«Sie sind da, Boodie», sagte
er.
Boodies Hände flogen vor Freude
in die Luft, und die Amsel fuhr auf und zeterte dabei schrill. Patsy war
aufgesprungen und kam auf sie zu, wobei er die Saumecken seines Regenmantels
hochhob, wie damals an jenem Tag auf der Insel.
« Sie waren das!» rief
Pidge, als er und Brigit ihm entgegenliefen. «Ich habe geglaubt, in der
Menschenmenge jemanden zu sehen, den ich kannte. Sie waren es, der Äpfel und
Windräder verkauft hat. Ich wußte irgendwie, daß Sie da waren, sogar schon
bevor der Strohbursche kam!»
Und obwohl ihm das erst in
diesem Augenblick klar wurde, stimmte es. Er war freudig überrascht.
«Stimmt», sagte Patsy strahlend
und nickte. «Es gibt Sachen, die gesagt werden müssen. Aber ich konnte nicht in
eure Nähe kommen wegen diesen dämlichen Hundestrolchen und ihren tüchtigen,
tüchtigen Lauschern.»
«Sie haben Curu weggejagt. Er
ist ein Fuchs, und sie wollen ihn umbringen», sagte Brigit Ihre Augen
schimmerten, und sie steckte den Daumen in den Mund.
Boodie und Patsy tauschten
Blicke. Und Pidge hatte den Eindruck, als läge Traurigkeit in ihren Augen.
Um Brigit abzulenken, sagte er,
zu Boodie gewandt:
«Wir sollen eine Wahrsagerin
suchen. Sie muß irgendwo in dieser Gegend sein.»
Er glaubte zu wissen, was sie
antworten würde. Deshalb überraschte es ihn nicht, als sie lachend sagte:
«Das bin ich. Ich hab’ hin und
wieder Spaß an diesem Zeitvertreib, und wir wollten reden können, ohne daß man
uns belauschte oder uns die Worte von den Lippen las. Aber dann konnte ich
nicht länger auf euch warten und bin hierher gegangen, um mein Feuer
anzuzünden; sonst hätt’s heute überhaupt kein Abendessen gegeben.»
Sie hatte sich aus Steinen
einen einfachen Herd gebaut, in dem hell ein Feuerchen brannte. Mit einer
langen Gabel wendete sie die Würstchen, die in einer großen schwarzen
Bratpfanne lagen.
«Wir wußten, daß ihr uns finden
würdet, bevor der Tag vorüber wäre», sagte
Weitere Kostenlose Bücher