Die Meute der Morrigan
verborgen wie eine Made unter einem Stein,
und so können wir es euch nicht benennen.»
«Das muß ein furchtbarer Ort
sein», sagte Pidge leise.
Obwohl er unverwandt in die
Flammen blickte, war er sich der blauen Dämmerung bewußt, die diese einzige
Helligkeit zu umgeben schien. Er merkte, daß der blaue Rand um das Feuer
dunkler war als die Umgebung; manchmal hatte er so etwas erlebt, wenn er in der
Kirche reglos in die Kerzen am Altar schaute. Aber er träumte nicht, sondern
lauschte aufmerksam auf jedes Wort, das gesprochen wurde.
«Um dorthin zu gelangen, muß
man durch das Nadelöhr hindurch, und niemand weiß, was dahinter liegt», sagte
Patsy. «Nicht einmal die Vögel wollen über dieses Tal fliegen, so können ihre
scharfen Augen uns auch keine Hilfe sein.»
«Von Zeit zu Zeit», sagte
Boodie, «sind Tiere verlorengegangen, und man glaubt, daß sie sich dorthin
verlaufen und aus irgendeinem Grund nicht mehr zurückgefunden haben. Diese
Dinge müssen wir euch sagen, bevor ihr weitergeht.»
«Es ist eure freie Entscheidung;
wenn ihr es nicht wagt, nachdem ihr das gehört habt, kann euch das niemand
verdenken», sagte Patsy. Es war klar, daß seine Worte ernst gemeint waren.
Wieder herrschte Schweigen.
Dann fragte Pidge:
«Was wird die Mórrígan tun,
wenn sie den Stein findet?»
«Auf dem Stein ist ein Tropfen
ihres alten, starken Blutes. Wenn sie nur den Stein bekommt, wird dieser eine
Tropfen ihr nunmehr schwaches Blut so auffrischen, daß sie einen Teil ihrer
alten Macht zurückerhält. Fällt ihr aber auch Olc- Glas in die Hände, dann wird
sie wirklich überaus stark sein», erklärte Patsy.
«Olc-Glas!» rief Pidge. Er
blinzelte und verlor für ein paar Sekunden den dunkelblauen Rand aus den Augen.
«Ich hätte ihn beinahe vergessen!»
«Du hattest ihn in deiner Hand.
Er fühlte das menschliche Blut unter deiner Haut pulsieren und ist aus seinem
Schlaf erwacht», murmelte Boodie.
«Wer ist dieser Olc-Glas?»
fragte Curu.
«Irgendeine blöde Schlange»,
flüsterte Brigit. «Er war in einem uralten Buch drin — Pidge hat ihn gefunden!»
schloß sie stolz.
«Was geschieht, wenn die
Mórrígan auch ihn bekommt?» fragte Pidge.
Boodie und Patsy tauschten
einen raschen, sorgenvollen Blick aus, den sonst niemand bemerkte.
«Sie wird ihn mit Hilfe des
Blutstropfens auf dem Stein auflösen und ihn verschlucken. Dann hat sie zu
ihrem eigenen auch noch das Gift von Olc-Glas in ihrem Herzen. Und das will sie
unbedingt», erklärte Boodie.
«Was wird sie mit all dem Gift
tun, wenn sie es sich aneignen kann?» fragte Pidge nun.
«Sie wird ihren Schatten über
die Welt werfen. Wie einst wird sie auch dann wieder vielen ihre bösen Gedanken
einflüstern», antwortete Patsy.
«Ihr müßt auch erfahren, daß
sie nun weiß, wo der Stein zu finden ist. Und sie wird, zusammen mit den beiden
anderen, alles daransetzen, den verfluchten Stein an sich zu reißen», fuhr
Boodie fort. «Bis jetzt war es ein Spiel für sie, das sie aus der Ferne lenkte.
Sie selbst blieb kühl dabei, und Macha und Bodbh, die anderen beiden, die Teil
von ihr sind, haben sich daran ergötzt — aus böser Freude und um Theater zu spielen.
Aber aus dem Spiel ist nun Ernst geworden.»
«Wer sind denn schon wieder die beiden? Wer sind Macha und Bodbh?» wollte Brigit wissen.
«Die beiden Frauen, die sich im
Glashaus eures Nachbarn eingemietet haben. Sie hatten eine andere Gestalt
angenommen und nannten sich Melody Mondlicht und Breda Ekelschön», erklärte
Boodie eingehend und geduldig.
«Ach, diese beiden!» knurrte
Brigit. «Die hab’ ich nie leiden können!»
«Nun haben wir euch auf die
Gefahren aufmerksam gemacht, die euch bevorstehen, soweit wir davon wissen»,
sagte Patsy.
Wieder versanken sie in
Schweigen.
Im Herzen des Feuers sprang der
glühende Torf auf in kleine Flammengarben, die zuerst wie orangefarbene
Seeanemonen aussahen, und in hellgelbe Flecken, die kleinen Chrysanthemen und
schließlich goldgelben Löwenzahnblüten glichen.
Scheinbar wie aus heiterem
Himmel bemerkte Brigit:
«Wir haben auf unserem Weg so
viele Löwenzähne und Gänseblümchen gesehen — warum eigentlich?»
«Der Löwenzahn ist die Blume
der Brigit, der Göttin des Herdfeuers», sagte Patsy.
«Das Gänseblümchen ist die
Blume des Angus Óg, des Gottes der Liebe», sagte Boodie.
«Ach ja, das haben wir auch von
den beiden im Glashaus gehört, daß die Gänseblümchen dem Angus Óg gehören»,
erinnerte sich Brigit.
«Sind der Gott
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