Die Meute der Morrigan
wirbelnden Nebel über ihnen durchbohrten. Inmitten dieser
Ereignisse fiel es Pidge auf, daß die Speere seltsamerweise grün bemalt waren.
Jetzt sah man auch die
Kriegerinnen durch den wallenden Nebel hindurch.
Der Schrei der Schlange hatte
auch die Mórrígan herbeigerufen.
Sie stieg am Rand der Grube vom
Pferd und sah, nun in ihrer Hexengestalt, herab. Mit einem Blick erfaßte sie,
daß sie besiegt war, und sie wußte, daß die Schlange Olc-Glas und der
Blutstropfen auf dem Kieselstein für immer verloren waren. Ein durchdringender
Schrei, rauh und trostlos, kam aus ihrer Kehle, und sie verwandelte sich und
schoß als riesenhafter, dreiköpfiger Vogel in die Luft, pechschwarz und mit
rotglühenden Augen. Sie war die Skaldenkrähe.
Ihr Geschrei, das aus drei weit
aufgerissenen Schnäbeln kam, füllte die steinerne Grube mit gräßlichem
Widerhall und ließ die Kinder bis ins Mark erschauern. Sie kauerten sich
nebeneinander so dicht wie möglich auf den Boden, voller Angst, was sie nun tun
würde.
Doch sie schrie auch deshalb so
fürchterlich, weil sie wußte, daß sie nichts mehr ausrichten und keine Rache nehmen
konnte, denn wenn sie ihre Hand ein zweites Mal gegen die Kinder erhob, würde
der Dagda nicht zögern, sie zu vernichten.
Die drei unheilvollen Köpfe,
die aus dem einen Hals des abscheulichen Vogelleibes ragten, starrten noch
einige Augenblicke auf die Kinder herab; dann schlug das unheimliche Geschöpf,
das nachtschwarz, aber nur von wenigen Federn bedeckt war, mit den riesigen
Schwingen.
Mit anklagenden Schreien
kreiste sie noch einmal über dem steinernen Rund, bevor sie sich durch den
Nebel in den Himmel erhob, die Kriegerinnen zu Pferd in ihrem Gefolge. Hoch in
den Lüften löste sie sich in eine wuchernde Masse schwarzer Atome auf, die sich
zu einer wilden Wolke türmten — die Königin der Trugbilder.
Ihre Klage über die Niederlage
zerriß den Himmel, ehe sie, dunkel und gestaltlos, noch höher hinaufstieg und
davontrieb, in einem weiten Bogen umgeben von ihren Kriegerinnen. Und auch die
immer noch getreuen Hunde waren bei ihr und folgten stumm ihrer Königin und den
Kriegerinnen. Langsam und lautlos entfernten sie sich von der Welt; die offenen
Haare der Kriegerinnen wehten und wogten hinter ihnen her im Rhythmus ihrer
Bewegungen, die den weiten Sprüngen ihrer Pferde folgten. Kein Geräusch drang
mehr von ihnen herab.
Lange Zeit blieb alles still,
während der Nebel leise wirbelte; dann lichtete er sich und löste sich ganz
auf, und Friede breitete sich über der steinernen Schale aus.
Radairc stieß zu ihnen herab.
«Sie ist fort», sagte er. «Ihr
habt gewonnen — für den Dagda und für alle anderen.»
Dann ging alles sehr schnell.
Die Schale schien zu
schrumpfen. Sie wurde immer enger dabei, und zuletzt konnten die Kinder und
Curu gerade noch herausschlüpfen, bevor sie in der kleinen Rundung
übereinandergepurzelt wären. Sie blickten staunend um sich.
Sie standen auf dem Eyre-Platz.
Die steinerne Schale war zum
Becken des Trinkbrunnens geworden, und die große Erzglocke war in Wirklichkeit
nur ein kupferner Trinkbecher, während das Gitter in der Mitte der Abfluß für
das Wasser war. Die grüngestrichenen Speere der Kriegerinnen waren das eiserne
Geländer gewesen, denn das Geländer war verschwunden. Da ist es also
hingekommen, dachte Pidge wie im Traum.
Alles Böse war vergangen.
Man konnte seine Abwesenheit
überall spüren.
Als erstes füllte Pidge den
Trinkbecher und reichte ihn Curu, und der Fuchs trank das Wasser dankbar.
Nachdem er mehrere Becher, die Pidge immer wieder füllte, geleert hatte,
stellte sich Curu auf die Hinterbeine und leckte Pidge das Gesicht, und dann
ging er zu Brigit und tat das gleiche. Als er dann still davontrabte, merkten
sie, daß er sich verabschiedet hatte. Er machte sich klein und ging im Schutz
der Schatten dahin, und manche Leute hätten gesagt, er stehle sich schlau
davon. Aber er war nur ein kleines kluges Tier, das sein Leben in Sicherheit
bringen wollte.
Der Platz war vollkommen leer,
und die Schatten waren groß und dunkelblau wie verschüttete Tinte.
Die Kinder sahen sich nach
allen Seiten um und blickten zum Himmel auf
Die Sonne hatte sich hinter
eine riesige, bauschige, rauchgraue Wolke zurückgezogen. Die Ränder der Wolke
leuchteten wie zartes, silbriges Gewebe, und das war ganz alltäglich und
zugleich wunderbar. Leiser Regen begann zu fallen, und da kam die Sonne hinter
der Wolke hervor und berührte den Regen mit
Weitere Kostenlose Bücher