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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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in ihr lauert, wird
die ganze Schöpfung zu leiden haben.»
    Pidge gab keine Antwort. Er
stand da und fragte sich, was um alles in der Welt er tun könne, um da
herauszukommen. Für einen Jungen und ein kleines Mädchen allein ist das zuviel,
dachte er.
    «Der Dagda ist ein starker
Freund und steht dir bei», sagte der alte Angler sanft.
    Pidge hörte es kaum.
    «Ich habe Olc-Glas befreit, als
ich das Blatt mit den Worten des heiligen Patrick abgemacht habe», sagte Pidge
kläglich.
    «Er muß ein vornehmer und mächtiger
Druide gewesen sein, dieser Patrick», sagte der alte Angler bewundernd.
    Brigit war schockiert.
    «Er war ein Heiliger, kein
Druide — ich dachte, das weiß wirklich jeder! Daß Sie das nicht wissen!»
sagte sie.
    «Na ja, manchmal kriegen wir
die neuesten Nachrichten nicht mit. Ich bin ein bißchen der Zeit hinterher, und
außerdem bin ich nie zur Schule gegangen», lächelte der alte Angler.
    «Warum vernichten wir Olc-Glas
nicht einfach?» fragte Pidge.
    «Das ist deine Aufgabe, wenn du
es fertigbringst.»
    «Könnten wir das Blatt nicht
einfach zerreißen oder verbrennen?»
    «Das würde ihn nur befreien.»
    «Konnte er deshalb nicht mit
dem übrigen Plunder aus dem Trödlerladen verbrannt werden?»
    «Ja.»
    «Wie könnten wir es machen?»
    «Mit dem verruchten Blut der
Mórrígan selbst.»
    «Was?» schrie Pidge wieder auf,
entsetzt bei der Vorstellung, welche Gefahren und Schrecken das bedeutete.
    «Ein einziger Tropfen genügt.»
    «Aber den bekommen wir doch
nie. Sie wird uns vorher töten.»
    «Uns töten?» sagte Brigit. Sie
machte große Augen bei der Vorstellung, daß jemand an so etwas auch nur denken
könnte. Alles, was der alte Angler sagte, ging meilenweit über ihr Verständnis
hinaus; sie begriff nur, daß irgendein Spiel im Gang war. «So was will ich gar
nicht hören», meinte sie. «Es geht mir gegen den Strich.»
    «Könnte es sein», sagte der
alte Angler versonnen, «daß du den Namen Cúchulain schon mal gehört hast?»
    «Natürlich. Er war der große
Held, der in uralter Zeit lebte und der tüchtigste Krieger war, den es je gab»,
antwortete Pidge.
    Das Gesicht des alten Anglers
strahlte vor Entzücken. «Die Prophezeiung ist eingetroffen», flüsterte er vor
sich hin. «An jenem Tag, als er die Waffen zum ersten Mal ergriff, wurde
geweissagt, daß sein Leben kurz sein würde, aber sein Name größer als jeder
andere in Irland.»
    «Ich habe schon oft Geschichten
von ihm gehört, und es stehen auch ein paar in meinen Schulbüchern.»
    «Cúchulain vergoß drei Tropfen
vom Blut der Mórrígan. Wenn man nur einen Tropfen fände, so würde das schon
ausreichen», sagte der alte Angler ruhig.
    «War sie denn in diesen alten
Zeiten schon da?» fragte Pidge.
    «Allerdings», antwortete der
alte Angler mit Nachdruck. «Dreimal griff sie Cúchulain an während der Kämpfe,
die als The Cattle Raid of Cooley bekannt sind, und dreimal schlug er hart
zurück. Als er im Wasser einer Furt stand und gegen seine Feinde kämpfte, kam
sie beim ersten Mal in Gestalt eines Aals. Sie wand sich dreimal um seine
Beine, um ihn zu Fall zu bringen und am Kämpfen zu hindern, aber er schlug
zurück und quetschte ihre Rippen gegen einen grünen Stein im Wasser, und ein
Tropfen ihres Blutes färbte es dunkelrot. Das war der erste Tropfen. Das
nächste Mal kam sie in Gestalt einer grauen Wölfin und griff ihn wieder an. Er
wehrte sich mit seiner Schleuder, und sein Stein flog so schnell, daß er sie
ins Auge traf. Das dritte Mal erschien sie als rote Kuh ohne Hörner, eine ganze
Herde im Gefolge, und sie wühlten das Wasser der Furt auf, so daß Cúchulain
nicht mehr sah, ob es tief oder flach war und wo er sicheren Boden fand; da
schleuderte er einen zweiten Stein und brach ihr die Beine. Der erste
Blutstropfen ging verloren, aber die beiden Steine, mit denen er sie
verwundete, sind gefärbt von ihrem Blut und liegen irgendwo in diesem Land.
Wenn nur einer gefunden würde! Wenn nur einer gefunden würde...» schloß der
alte Angler noch nachdenklicher als zuvor.
    «Ist das eine Art Schatzsuche?»
    «Ja.»
    Pidge hatte Brigit einmal eine
Geschichte über einen Helden und seine Suche vorgelesen. Sie machte ein
finsteres Gesicht.
    «Ich will keine Drachen oder so
was nicht umbringen», erklärte sie.
    «Ohne ‹nicht›», sagte Pidge.
«Ich will keine Drachen umbringen.»
    «Ich auch nicht!» Sie nickte
feierlich.
    «In dieser Sache mußten noch
nie Drachen getötet werden», sagte der alte Angler

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