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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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an.
    «Sind Sie der alte Knacker, der
Pidge vor der Kreuzung gewarnt hat?»
    «Brigit!» sagte Pidge streng.
Er hoffte, daß der alte Angler merken würde, daß sie in Wirklichkeit nicht
unverschämt und dumm war.
    «Der bin ich!» kicherte der
alte Angler. «Der alte Knacker! So alt wie der Busch hinterm Haus; so alt wie
die längst Vergangenen; ein alter guter Freund so mancher alter Knochen, die
einst kühn und mutig waren.» Und er lachte keuchend wie ein zerrissener
Dudelsack.
    «Älter als Wälle, Wege und
Winkel; älter als ‹Mariechen saß auf einem Stein›; älter als die Boote und
sogar älter als die eherne Schlängelschlange, wenn man Bescheid weiß.»
    «Das dachte ich min», sagte
Brigit und sah ihn aufmerksam an. «Ihr Gesicht ist so runzlig wie ein
verschrumpelter Apfel; da sind Falten drin wie bei einem Hühnerbein.»
    «Brigit!»
    «Was denn?»
    Pidge wurde rot vor
Verlegenheit, aber der alte Angler schien gar nicht böse zu sein.
    «Die Wahrheit hat nun mal
nichts mit Höflichkeit zu tun; sie hatte es fast nie», sagte er. Sein altes
Gesicht verzog sich zu einem Lächeln und wurde noch runzliger, aber die Runzeln
sahen irgendwie fein und vollkommen aus und erinnerten Pidge an die Blätter
einer Mohnblume, die sich gerade zerknittert und seidig öffnet. «Vor allem bei
Knirpsen», schloß er und blinzelte Pidge zu.
    Glücklicherweise verstand
Brigit nicht ganz, was er meinte, aber sie wußte, daß er sie entschuldigte.
    «Siehst du?» sagte sie.
    «Hast dich also nicht ködern
lassen wie ein Aal?» fragte der alte Angler Pidge.
    «Nein, dank Ihrer Hilfe.»
    «Bis jetzt bist du also
jedenfalls ohne Schaden davongekommen.»
    «Ja.»
    «Wenn jemand Wohlwollendes
fragen darf — kannst du den nächsten Schritt tun?»
    «Wie meinen Sie das?» flüsterte
Pidge und wünschte allmählich, er hätte nichts von einem wunderbaren Abenteuer
gesagt
    «Wie ist der schöne Name dieses
Ortes?»
    «Shancreg. Das bedeutet Alter
Stein.»
    «Ja, Shancreg», sagte Brigit,
um nicht übergangen zu werden.
    «Ah», murmelte der alte Angler,
«ein hübscher Name.»
    Irgend etwas an der Art, wie er
das sagte, gab Pidge das Gefühl, der alte Angler habe sehr wohl gewußt, daß
dieses Gebiet Shancreg hieß und daß mitten in einem der Felder ein uralter
Felsen stand, umlagert von anderen alten Steinen wie von umgestürzten Bäumen.
Einst waren sie alle in einer bestimmten Ordnung aufrecht dagestanden, und
einer oder zwei von ihnen hatten Decksteine gebildet, wie die alten Leute
erzählten; irgendwann einmal, in längst vergangenen Zeiten, hatten sie einen
bestimmten Sinn gehabt, doch das Wissen von diesen Dingen war inzwischen
verlorengegangen.
    «Wenn du weitergehen willst,
junger sterblicher Herr, dann führt dein Weg nach Shancreg.»
    Pidge war sicher, daß der alte
Angler nur nach dem Namen gefragt hatte, um ihm dies mitzuteilen. Das bedeutete
wohl, daß die ganze Sache von Anfang an mit der Gegend zu tun gehabt hatte, in
der er lebte.
    «Könnten Sie uns bitte noch ein
bißchen mehr darüber erzählen?» bat er.
    «Es würde euch vielleicht gar
nicht gefallen. Die Haare könnten euch zu Berge stehen, und das Zittern könnte
euch ankommen, und ihr könntet das Abenteuer sogar von euch weisen — obwohl
alles von Anfang an in euren Händen lag.»
    «Der Anfang war wohl im
Buchladen?»
    «Zwei lange Finger haben dich
bewegt, aber du hast es rechtzeitig bemerkt»
    «Ja. War einer von ihnen — der
Dagda?»
    «Gewiß.»
    «Wer ist der Dagda?»
    «Der Dagda ist der gute Gott Er
ist der Gott der Erde und des Lebens in ihr; er ordnet den Lauf der
Jahreszeiten. Er ist der Herr des Großen Wissens.»
    «Und die andere war — die
Mórrígan?»
    «Ach, die!» sagte Brigit mit
verächtlicher Miene. «Dumme Gans.»
    «Halte nicht für dumm und
unterschätze nicht eine, gegen die Nero ein armes Würstchen ist. Sie ist in
ihrem bösen Herzen — das so klein ist, daß es in einer Mücke schlagen könnte —
darauf aus, Olc-Glas zu erobern; doch das würde Vernichtung und Zerstörung mit
sich bringen und großen Kummer.»
    «Wer ist sie denn eigentlich?»
    «Sie ist die Göttin des Todes
und der Zerstörung.»
    «Was?» sagte Pidge. Er
schauderte vor Angst und Schrecken und dachte an das häßliche Feuer in den
Augen der Stute. Er griff nach Brigits Hand und wäre am liebsten nach Hause
geflüchtet.
    Der alte Angler sah ihn prüfend
an und sagte:
    «Wenn sie das böse Gift, das
Olc-Glas in sich hat, mit dem Unheil verbindet, das noch

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