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Die Meute

Die Meute

Titel: Die Meute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fisher
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daß sie die gleichen Gedanken hatten.
    Sie wiederholte die Frage.
    Er wußte nicht gleich eine Antwort. Die Vordertür und alle Fenster im Erdgeschoß waren mit Brettern vernagelt und sollten es auch bleiben. Blieb nur die Küchentür. Aber er wagte nicht, sie zu öffnen. Außerdem – so, wie die Hunde ums Haus verteilt waren, würde der Köder an einer Stelle nicht reichen. Jeder von ihnen mußte das Fressen sehen und riechen können. Es mußte eine so große Versuchung für sie sein, daß es stärker war als die seltsame Macht, die dieser Schäferhund über sie ausübte.
    Wie geben wir es ihnen, fragte er sich. Wir? Seltsam. Dieses »Wir« gab es in ihrer Beziehung schon lange nicht mehr. Das einzige, was sie noch gemeinsam taten, war,
    daß sie zusammen Dinner- und Cocktailpartys besuchten. Vielleicht konnten sie, wenn das alles vorüber war, einmal in aller Ruhe miteinander reden.
    »Ich dachte, ich werfe es vielleicht von oben hinaus«, sagte er. »Aus den Dachbodenfenstern.« Im ersten Stock hätte er nur die Frauen und Kinder nervös gemacht.
    »Wird das gehen?«
    »Ich glaube schon.«
    »Gut, dann tragen wir’s hinauf.«
    Diane überlegte kurz. Am besten, sie begann, solange sie noch einigermaßen bei Kräften war, mit den schwereren Sachen. Sie legte die Fleischstücke auf Zeitungspapier, trug sie zur Treppe und übergab sie dort Larry, der sie nach oben brachte. Sie arbeiteten schweigend -wie zwei Zahnräder, von denen eines das andere treibt. Mit ihrem straff nach hinten gekämmten Haar und den Schweißperlen auf der Stirne sah Diane fast wie eine Farmersfrau aus, dachte Larry.
    Am Nachmittag sank die Temperatur noch weiter, doch die Meute schien es nicht zu bemerken. Die Hunde heulten das Haus so grimmig an, als könnten sie damit die Wände, die den Feind schützten, zum Einsturz bringen. Der Herdeninstinkt hatte sie erfaßt. Der Feind des einen war der Feind aller.
     
    »Gefährlich da vorn«, warnte der dick vermummte Polizist. »Die Straße ist immer noch zu. Sie sollten es morgen wieder versuchen.«
    Kenny nickte freundlich, hörte aber nicht hin. Er dachte nur daran, wie er diesen Prallarsch von Polizisten loswerden konnte.
    »Danke!« rief er, als der Polizist wieder zu seinem Streifenwagen ging.
    »Verdammt!« sagte Len Hirschfeld. »Das war’s dann wohl, Kenny?«
    Wie erleichtert er war, konnte Kenny nicht entgehen. »Wir werden ja sehen, Len«, antwortete er. Nein, das war es noch lange nicht, dachte er. Diese Gelegenheit, Larry wieder einmal aus dem Schlamassel zu ziehen, würde er sich nicht entgehen lassen. Auf keinen Fall. Er würde ihm zeigen, ihm beweisen, wer der wirklich erfolgreiche Bruder war. Er wendete den Rover, fuhr ein paar hundert Meter zurück, bis er außer Sichtweite der Polizisten war, und bog dann ab.
     
    Durch die beiden schmutzigen Dachbodenfenster drang das trübe Licht des Spätnachmittags. Larry starrte hinaus. Er konnte ein paar von den Hunden sehen. Sie waren unruhig, schienen dem Haus zuzustreben und näherten sich dennoch nicht, als hielte sie eine unsichtbare Leine zurück.
    »Während ich das Zeug hinauswerfe«, sagte er zu Diane, die hinter ihm die Leiter hochgestiegen war, »mußt du für mich aufpassen. Ich kann nicht sehen, was seitlich vom Haus los ist.«
    Sie kehrte zu ihrem Posten am Küchenfenster zurück. Es war verwirrend, dachte sie. Zu viel passierte auf einmal. Sie war sich im unklaren, welche ihrer widerstreitenden Gefühle echt waren und welche nicht. Dennoch, sie war ein wichtiger Teil eines größeren Ganzen. Das gab ihr ein gutes Gefühl.
    Larry versuchte, das Fenster zu öffnen, aber es klemmte. Er stieß mit beiden Händen gegen den Rahmen. Es rührte sich nicht. Verärgert schlug er mit seinem Hammer gegen das Holz. Holzsplitter und Farbteilchen fielen zu Boden. Aber der Schlag hatte das Fenster gelockert, und er konnte es aufstoßen. Er nahm ein Stück Fleisch, hielt sich mit der Linken am Fenster rahmen fest und warf es hinaus. Es landete einen Meter von einem kläffenden Wolfshund entfernt.
    Der erschreckte Hund sprang davon, blieb dann stehen und äugte neugierig nach dem Loch im Schnee. Offenbar argwöhnte er Gefahr, denn er kam nicht näher.
    Das nächste Stück landete fast an der gleichen Stelle. Der Wolfshund wich noch ein wenig weiter zurück, unfähig, sich die kleinen Explosionen im Schnee zu erklären. Aber seinen Platz wollte er offenbar nicht verlassen.
    Larry kam in einen gewissen Rhythmus. Bücken, aufheben,

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