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Die Meute

Die Meute

Titel: Die Meute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fisher
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Schritte auf das Haus zu. Er grub sein keilförmiges Maul in den Schnee und holte ein Stück Fleisch hervor.
    »Er nimmt es! » rief Diane und packte Larrys Arm.
    Der Schäferhund entfernte sich wieder vom Haus und ließ das Fleisch fallen. Dann kam er zurück, holte etwas aus dem Schnee, was wie ein Laib Brot aussah, und legte es neben das Fleisch. Das wiederholte sich mehrmals, bis er einen kleinen Haufen aufgetürmt hatte. Dann drehte er sich um zu der Meute, als wollte er sich ihrer Aufmerksamkeit vergewissern.
    Und er hob das rechte Hinterbein und pißte auf den Haufen.
    Diane war blaß geworden. »Dieses schmutzige, widerwärtige Vieh!«
    Der Schäferhund wandte sich dem Haus zu, stieß ein durchdringendes Geheul aus, nahm dann wieder seinen Platz inmitten der Meute ein und wartete.
    »Sie bleiben«, sagte Larry dumpf.
    Diane ließ seinen Arm los. Er spürte, wie der Optimismus, der ihr zuletzt so viel Schwung gegeben hatte, lähmender Niedergeschlagenheit wich.
    »Warum, Larry?« fragte sie kopfschüttelnd. »Was wollen sie?« »Mich«, sagte er leise. Diane lachte nervös. »Was?« »Mich, Diane. Ich weiß, das klingt verrückt. Aber diese Hundewollen mich.« Ihm war das jetzt klar. Diese Hunde suchten keine Nahrung. Was sie aus irgendeinem unerklärlichen Grunde wollten, war er. Das war es, was sie durch die Schändung der Lebensmittel zum Ausdruck brachten. Das war nicht genug, bedeutete es, nicht annähernd genug.
    »Wie meinst du das, Larry?« fragte Diane verständnislos. »Diese Tiere dort draußen sind dumme Hunde. Sie denken nicht.« Ihr Ton war schärfer geworden.
    Es war schwer, ihr das zu erklären, weil er es selbst nicht ganz verstand. Aber er wußte es. Ganz sicher. »Der Schäferhund sieht in mir seinen Feind. Vielleicht, weil ich seine Hündin erschossen habe, vielleicht aus einem Dutzend anderer Gründe. Aber er wartet da draußen auf mich. Und wenn ich nicht hinausgehe ...« Er ließ den Satz unvollendet.
    »Das ist unmöglich«, widersprach Diane. »Das sind Hunde. Sie haben gar nicht das Hirn ...«
    »Der Schäferhund schon.« Er sagte es so kategorisch, als wollte er keinen Zweifel daran lassen, und die Bestimmtheit in seiner Stimme verwirrte sie noch mehr. Die Wirklichkeit war keine Wirklichkeit mehr. Der Alptraum da draußen, dieser unmögliche, scheußliche Alptraum – das war die Wirklichkeit.
    »Keine Angst«, hörte sie ihn undeutlich sagen. »Es wird alles gut. Hier sind wir sicher ...«
    Zwei starke Hände packten sie, und eine Stimme kam aus großer Entfernung. »Morgen kommt Kenny. Und ich habe einen Plan, Diane. Ich habe einen Plan.«
    Sie war so müde. Morgen, dachte sie, sind wir zu Hause. Morgen ist es warm. Und sicher. Sie schloß die Augen und brach in seinen Armen zusammen.
    »Himmel, Arsch und Zwirn! Scheißkarre, verdammte ...«
    »Du regst dich auf«, sagte Bob Pledge trocken.
    »Jawohl, ich rege mich auf«, bekräftigte Kenny. »Die verdammte Nacht fängt schon an, und wo sind wir jetzt?« Sie waren von einer unbefestigten Straße in eine Schneewächte geraten. Der Tank war nur noch zu einem Viertel voll.
    Pledge sah Hirschfeld an. »Wir sind verloren«, bekundete er unnötigerweise.
    »Was anderes«, sagte Hirschfeld. »Ist noch Bier da?«
    Im Landrover war es kalt geworden, aber Kenny spürte es nicht. Er war zu wütend. Das einzige verdammte Mal, wo Larry nicht anders konnte, als ihn um Hilfe zu bitten, und was passierte? Sie saßen irgendwo am Ende der Welt in einer Schneewächte fest. Der verdammte Larry hatte immer so gottverdammt recht. Unverantwortlich. Weiß nicht, was er tut. Der Mann hatte gottverdammt recht.
    Wieder trat er aufs Gaspedal. Die schweren Winterreifen krallten sich in den schneebedeckten Boden, rutschten, fanden wieder Halt. Er schaltete rasch in den Rückwärtsgang und versuchte, den Rover heraus-zuschaukeln. Rückwärts-schalten, vorwärts-schal-ten, rückwärts-schalten, vorwärts. Er war in Vietnam gewesen. Bei der Marine. Ja, was wäre mit Larry passiert, wenn sie mit diesen verdammten Mörsern auf ihn geschossen hätten? Aber sich das Maul zerreißen von wegen Verantwortungsgefühl. Ein Held, das war er gewesen. Jawohl, ein Held.
    »Komm mit mir in die Schaukel«, begann Hirschfeld zu grölen.
    »Halt’s Maul«, sagte Kenny. Rückwärts-schalten, vorwärts... Plötzlich machte der Rover einen Satz, daß es ihnen die Köpfe nach hinten riß. Sie waren draußen. Kenny beugte sich über das Steuerrad, als könnte er den Wagen so noch

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