Die Mglichkeit einer Insel
ausgezogen. Ein großer junger Mann mit langen braunen Locken, der Pablo sein konnte, lag hinter ihr, streichelte ihr den Hintern und war kurz davor, sie zu penetrieren. Sie sprach mit einem anderen, ebenfalls braunhaarigen, muskulösen jungen Mann, den ich nicht kannte; gleichzeitig spielte sie mit seinem Glied, klopfte sich damit lächelnd gegen die Nase und gegen die Wangen.
Ich schloß leise wieder die Tür. Ich wußte noch nicht, daß es das letzte Bild war, das mir von ihr in Erinnerung bleiben sollte.
Einige Zeit darauf, als der Tag über Madrid anbrach, onanierte ich mit schnellen Handbewegungen neben dem Swimmingpool. Ein paar Meter von mir entfernt saß eine schwarzgekleidete junge Frau mit leerem Blick; ich hatte gedacht, sie hätte meine Anwesenheit nicht einmal bemerkt, aber in dem Augenblick, in dem ich ejakulierte, spuckte sie seitlich auf den Boden.
Ich schlief schließlich ein und schlief vermutlich lange, denn als ich aufwachte, war niemand mehr da; selbst Pablo war weggegangen. Ich hatte getrocknetes Sperma auf meiner Hose und mußte wohl Whisky auf mein Hemd gegossen haben, denn es stank. Ich stand mit Mühe auf, ging mitten zwischen Essensresten und leeren Flaschen über die Terrasse. Ich stützte mich mit den Ellbogen auf das Geländer und beobachtete die Straße unter mir. Die Sonne sank bereits am Himmel, bald würde es dunkel werden, und ich wußte in etwa, was mich erwartete. Ich hatte offensichtlich zum letzten Sprint auf der Zielgeraden angesetzt.
Daniel25,9
Schimmernde Metallkugeln schwebten in der Atmosphäre; sie drehten sich langsam um die eigene Achse und gaben eine Art Sphärenmusik von sich. Die lokale Bevölkerung zeigte ihnen gegenüber ein seltsames Verhalten, eine Mischung aus Verehrung und Sarkasmus. Diese Bevölkerung setzte sich unbestreitbar aus in Sozialformen lebenden Primaten zusammen — aber handelte es sich dabei um Wilde, Neo-Menschen oder Wesen einer dritten Gattung? Ihre Kleidung, die aus großen schwarzen Umhängen und Kapuzen mit Augenschlitzen bestand, ließ keine eindeutige Bestimmung zu. Die zerstörte Umgebung hatte anscheinend einen Bezug zu existierenden Landschaften — manche Ansichten erinnerten an die Beschreibung, die Daniel1 von Lanzarote gegeben hat; ich verstand nicht so recht, worauf Marie23 mit dieser ikonographischen Rekonstruktion hinauswollte.
Dem apperzeptiven Zentrum,
Dem emotiven IGUS,
Das den Untergang überlebt hat,
Legen wir Zeugnis ab.
Auch wenn Marie23, alle Neo-Menschen und ich selbst nur kybernetische Fiktionen waren, wie ich manchmal vermutete, zeigte allein die Prägnanz dieser Fiktionen, daß es ein oder mehrere IGUS gab, ganz gleich ob sie biologischer, digitaler oder intermediärer Art waren. Die Existenz eines IGUS reichte als solche aus, um zu beweisen, daß irgendwann im Rahmen der unzähligen Möglichkeiten der Wasserspiegel der Meere gesunken war; dieses Phänomen war die Voraussetzung für das Paradigma der Existenz. Selbst die Zukünftigen müßten, falls es sie eines Tages geben sollte, ihren ontologischen Status mit den allgemeinen Funktionsbedingungen der IG US in Übereinstimmung bringen. Hartle und Gell-Mann haben bereits nachgewiesen, daß die kognitive Funktion des IGUS (Information Gathering and Utilizing Systems) Stabilität und einen wechselseitigen Ausschluß der Ereignissequenzen voraussetzt. Für ein Beobachter-IGUS, ganz gleich ob natürlich oder künstlich, kann nur ein einziger Zweig des Universums eine reale Existenz besitzen; auch wenn diese Schlußfolgerung in keiner Weise die Existenz anderer Zweige des Universums ausschließt, verbietet sie einem gegebenen Beobachter jeden Zugang dazu, oder um es mit der etwas rätselhaften, aber durchaus synthetischen Formulierung von Gell-Mann zu sagen: »In jedem Zweig wird nur dieser Zweig bewahrt.« Die Existenz einer Gemeinschaft von Beobachtern, auch wenn sie nur auf zwei IGUS beschränkt sein sollte, erbrachte somit den Nachweis dafür, daß es eine Realität gab.
Wenn man an der üblichen Hypothese einer ununterbrochenen Evolution von Lebewesen innerhalb einer auf Kohlenhydratstoffwechsel basierenden Linie festhielt, bestand kein Grund für die Annahme, daß die stammesgeschichtliche Entwicklung der Wilden durch die Große Trockenzeit unterbrochen worden sei; nichts deutete jedoch daraufhin, daß sie, wie Marie23 vermutete, erneut die Fähigkeit der Sprache entwickeln konnten oder daß sich intelligente Gemeinschaften gebildet hätten, die
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