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Die Mglichkeit einer Insel

Die Mglichkeit einer Insel

Titel: Die Mglichkeit einer Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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Esther lieben würde, daß ich sie heftig lieben würde, ohne die geringste Rückendeckung und ohne Hoffnung auf Erwiderung. Ich begriff, daß diese Geschichte so überwältigend sein würde, daß sie mich umbringen konnte und mich vermutlich sogar umbringen würde, sobald Esther mich nicht mehr liebte, schließlich gibt es Grenzen, auch wenn jeder von uns eine gewisse Widerstandskraft besitzt, sterben wir letztlich alle an der Liebe oder besser gesagt an mangelnder Liebe, die Sache endet jedenfalls unausweichlich mit dem Tod. Ja, vieles hatte sich bereits in den ersten Minuten entschieden, der Prozeß befand sich schon in einem fortgeschrittenen Stadium. Ich konnte ihn noch aufhalten, konnte darauf verzichten, Esther zu treffen, konnte diese DVD vernichten, eine weite Reise machen, aber tatsächlich rief ich ihren Agenten schon am folgenden Tag an. Er war natürlich hoch erfreut, ja, das sei möglich, ich glaube, sie arbeitet im Moment nicht, die Wirtschaftslage ist zur Zeit nicht einfach, aber das wissen Sie ja besser als ich, wir haben noch nicht zusammengearbeitet, oder irre ich mich da, also mit Vergnügen — Zwei Fliegen später hatte wirklich überall ein gewisses Echo gefunden, nur nicht in Frankreich; sein Englisch war tadellos, und überhaupt paßte sich Spanien erstaunlich schnell den modernen Verhältnissen an.
    Unsere erste Begegnung fand in einer Bar der Calle Obispo de Leon statt, einem ziemlich großen, typisch spanischen Lokal mit dunkler Holztäfelung und tapas — ich war ihr dankbar dafür, daß sie nicht ein Planet Hollywood vorgeschlagen hatte. Ich traf mit zehn Minuten Verspätung ein, und von dem Augenblick an, als sie zu mir aufblickte, konnte von freier Entscheidung keine Rede mehr sein, wir waren bereits im da war's geschehen. Ich setzte mich ihr gegenüber auf die Bank und verspürte etwas ähnliches wie ein paar Jahre zuvor, als man mir eine Vollnarkose verabreicht hatte: das Gefühl, zwanglos davonzuschweben, und noch dazu mit der Überzeugung, daß der Tod letztlich eine ganz einfache Sache ist. Sie trug eine enge Jeans mit tiefer Taille und ein hautenges, schulterfreies rosa Top. Als sie aufstand, um die Bestellung aufzugeben, sah ich ihren String, der ebenfalls rosa war und aus der Hose hervorschaute, und bekam einen Ständer. Als sie von der Theke zurückkam, hatte ich große Mühe, den Blick von ihrem Bauchnabel abzuwenden. Sie merkte es, lächelte und setzte sich neben mich auf die Bank. Mit ihrem hellblonden Haar und ihrer schneeweißen Haut sah sie nicht wie eine typische Spanierin aus — sie glich eher einer Russin. Sie hatte hübsche aufmerksame braune Augen, und ich erinnere mich nicht mehr so recht an meine ersten Worte, aber ich glaube, ich habe ihr fast augenblicklich erzählt, daß ich die Absicht hatte, auf mein Filmprojekt zu verzichten. Sie schien erstaunt, aber nicht wirklich enttäuscht darüber zu sein. Sie fragte mich, warum.
    Im Grunde wußte ich es selbst nicht so genau, und ich glaube, daß ich mit einer langatmigen Erklärung begann, in der ich bis in das Alter zurückging, in dem sie jetzt war — ihr Agent hatte mir schon gesagt, daß sie zweiundzwanzig war. Es ging daraus hervor, daß ich ein ziemlich einsames, trauriges Leben geführt hatte, das von harter Arbeit gekennzeichnet war, unterbrochen von häufigen depressiven Phasen. Die Worte gingen mir leicht über die Lippen, ich sprach Englisch, ab und zu bat sie mich, einen Satz zu wiederholen. Ich sagte ihr zusammenfassend, daß ich nicht nur auf den Film verzichten wollte, sondern praktisch auf alles, ich hätte keinerlei Ehrgeiz mehr, nicht mehr das Bedürfnis, mich zu behaupten, und auch sonst nichts mehr in dieser Richtung, diesmal sei ich alles satt, die Sache ermüde mich zu sehr.
    Sie blickte mich verwundert an, als sei das Wort schlecht gewählt. Dabei war es genau das, vielleicht handelte es sich nicht um eine körperliche Müdigkeit, sondern eher um eine nervöse Erschöpfung, aber was ändert das schon? »Ich glaube einfach nicht mehr dran…«, sagte ich schließlich.
    »Maybe it's better …«, erwiderte sie und legte die Hand auf meinen Schwanz. Dann schmiegte sie den Kopf an meinen Hals und massierte meinen Pimmel sanft mit den Fingern.
    Im Hotelzimmer erzählte sie mir ein bißchen mehr aus ihrem Leben. Natürlich könne man sie als Schauspielerin ansehen. sie habe in Sitcoms und Krimiserien mitgewirkt — in denen sie im allgemeinen von einem oder mehreren Psychopathen vergewaltigt und

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