Die Milliarden-Verschwender - wie Beamte, Bürokraten und Behörden unsere Steuergelder zum Fenster hinauswerfen
mit der die Stadt Kiel sich ein kulturfreundliches Image geben und zugleich zur Völkerverständigung beitragen wollte. Am 16. Mai sollte der Luxusliner »Fedor Dostojewski« in See stechen und bis 6. Juni auf seiner Reise durch das vom Kalten Krieg gebeutelte Baltische Meer den damaligen Ostblock ansteuern. Damals hieß Petersburg noch Leningrad, und die Kieler Seefahrer wollten in der russischen Metropole ebenso wie in der estnischen Hauptstadt Tallinn vor Anker gehen. Doch nicht nur politisch war das Abenteuer gewagt, denn geplant war die Unternehmung als Opernkreuzfahrt des Kieler Theaterensembles. Es galt also, 200 Kulturliebhaber zu gewinnen, die bereit waren, drei Wochen Zeit und bis zu 4700 Mark aufzubringen. Doch die Organisatoren hatten den Markt nicht realistisch eingeschätzt, Kiel ist nicht London oder New York, und so war etwa vier Wochen, bevor die Anker gelichtet werden sollten, erst die Hälfte der Karten verkauft.
Wer eine besonders originelle Idee hat, kann sich der öffentlichen Aufmerksamkeit gewiss sein. Doch die Geister, die man damit ruft, wird man so schnell nicht wieder los. Auch dann nicht, wenn das Projekt zu scheitern droht und man es am liebsten so unauffällig wie möglich unter den Teppich kehren würde. Um der Blamage zu entgehen, entschloss sich der Bürgermeister kurzerhand dazu, das Reisetheater mit einer Bürgschaft von 825 000 Mark abzusichern. Er tat dies per Eilentscheidung – es waren schließlich sein Ruf und sein nächster Wahlerfolg, die es zu retten galt. Gleichzeitig versuchte man, die noch verfügbaren 100 Karten an Angestellte des Rathauses, der Landesregierung und der Städtischen Betriebe mit Preisnachlässen von bis zu 70 Prozent loszuschlagen. Bis zu 3290 Mark wurden den Kreuzfahrern damit auf Kosten des Steuerzahlers geschenkt. Das ging der CDU-Fraktion zu weit. Sie stellte Strafanzeige gegen den Kieler Bürgermeister, der sich wegen Verstößen gegen die Gemeindeordnung und wegen »Untreue« nach § 266 des Strafgesetzbuches verantworten musste. Ob man während der Fahrt Dostojewskis Der Spieler aufgeführt hat? Der Geizige von Molière wird es wohl nicht gewesen sein.
Badevergnügen (1976)
Was tun Menschen, wenn sie zu viel Geld haben? Sie leisten sich allerlei Luxusgegenstände. Schöne Dinge, die den Reichtum nach außen sichtbar machen. Häufig verbinden sie dies mit immer neuen Hobbys. Es gab Zeiten, da ließ sich jede Kleinfamilie der besserverdienenden Mittelschicht eine Sauna ins Haus einbauen. Es folgten die Super-8-Kamera, der Diaprojektor, das Wohnmobil. Oder aufwendig angelegte Gartenteiche mit terrakottagefliesten Wegen, kleinen Holzstegen und hier und da einem hübschen Wasserspiel – alles eben, womit man sich ein bisschen Toskana in den Garten holte. Die Siebziger- und Achtzigerjahre waren eine solche Zeit, in der es den Menschen in der BRD gut ging. Das Thema Geldsorgen dröhnte damals noch nicht mit derselben Lautstärke wie heute. Das galt auch für die Städte und Gemeinden. Und was die Sauna oder der Gartenteich der Kleinfamilie, ist den Kommunen das Hallenbad.
»Gemeinden gehen baden«, titelten daher die Redakteure des Schwarzbuchs von 1976 in einem Absatz, in dem sie einen wahren Bauboom von Hallenbädern anprangerten. Womit die Gemeinden insofern baden gingen, als die Auslastung der neu errichteten Bäder angesichts des Überangebots zu wünschen ließ. Und damit wurden die schönen Prestigeobjekte für die öffentlichen Betreiber zum Verlustgeschäft. In Stuttgart etwa hatten die Leute sieben Hallenbäder vor der Haustür. Die Stadt verfolgte einen »goldenen Plan«, um sich mit Badeanstalten auszustatten. Anstelle der Zahl von Badegästen stieg jedoch der Zuschussbedarf an Steuergeldern. Doch was kümmert das die sparsamen Schwaben? Sie bauten noch ein achtes Bad. Nun sind herrlich ausgestattete Bäder seit der Antike ein Inbegriff des Luxus. Da versteht es sich von selbst, dass auch beim modernen Bäderbau nicht gekleckert werden darf. Die Stadt Sindelfingen etwa leistete sich ein zweites Hallenbad im Wert von 25 Millionen Mark, wobei allein die aufwendige Dachkonstruktion die Hälfte der Summe verschlang. In der 7000-Einwohner-Stadt Kleinostheim wiederum hoffte man, das neue 10-Millionen-Allwetterbad mit 50-Meter-Schwimmbecken, Bowlingbahnen, Restaurant, Solarien, medizinischen Badeeinrichtungen und Saunen würde sich in wesentlichen Teilen durch die zu erwartenden Besucher finanzieren lassen. Die überflüssige und unüberlegte
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