Die Mission des Wanderchirurgen
eindringen könnten, hermetisch abzudichten.
Darüber trage ich diesen langen Überwurf, dazu
lederne Handschuhe. Die Stiefel sind aus demselben Material.
So vermeide ich während der Behandlung
jegliche Berührung mit der Luft.«
A uf der Piazetta mit den zwei Säulen des heiligen Theodor und des Markuslöwen, inmitten brodelnder Betriebsamkeit, wo Gaffer, Bürger und Patrizier sich ein Stelldichein gaben, stand Giancarlo Montella und versuchte, sich Gehör zu verschaffen. Der Wein- und Vasenhändler, der zukünftig auch ein Pantoffelhändler sein wollte, hielt einen gut verschnürten Ballen in den Händen und rief: »Nehmt ihn zum Abschied, Cirurgicus, ja, nehmt ihn nur. Es ist eine Überraschung!«
Vitus zögerte. Der Ballen war recht groß, und er wusste nicht, wo er ihn in seiner Kiepe unterbringen sollte. Auch das Felleisen des Magisters war randvoll gepackt, und dem Zwerg mit seinem Buckel war es nicht zuzumuten, etwas auf den Rücken zu nehmen. »Danke, Signore. Es wird nicht ganz einfach sein, Euer Geschenk zu transportieren; ich denke, ich werde den Ballen oben auf dem Kiependeckel befestigen.«
»Das tut nur, Cirurgicus, das tut nur! Aber versprecht mir, das Bündel nicht vor Padua zu öffnen. Nicht vor Padua!«
»Ich gebe Euch mein Wort.«
»Gut, gut. Äh, wie ich Euch bereits sagte, pressiert es mir ein wenig, da die nächsten Geschäfte in Oran bereits warten. Der Wind steht günstig für meine
Quattro Venti,
und ich habe noch viel an Bord vorzubereiten, auch gilt es, dem Wesir rasch sein erworbenes Schuhwerk auszuliefern. Pantoffeln gegen bares Geld – nach einer guten Anzahlung, versteht sich –, so war es zwischen ihm und mir vereinbart. Ich sage Euch, Cirurgicus, anders kann man Geschäfte mit Osmanen nicht abwickeln! Wenn es denn überhaupt gelingt. Nachdem wir ihnen bei Lepanto gehörig die Flügel gestutzt hatten, lief geschäftlich zunächst gar nichts, das könnt Ihr mir glauben, aber nachdem wir ihnen anno dreiundsiebzig Zypern überließen, geht es wieder. Luigi jedenfalls weiß Bescheid.«
»Luigi? Was für ein Luigi?«
»Ach, wo bin ich nur mit meinen Gedanken! Das könnt Ihr ja nicht wissen: Er ist der Vorsteher meines hiesigen Kontors und wird Euch Unterkunft geben. Ich hoffe nur, Ihr werdet nicht allzu enttäuscht sein, die Bleibe ist wirklich recht dürftig. Nun ja, es soll ja nur für ein, zwei Nächte sein, wie Ihr sagtet, und
La Serenissima
ist ein teures Pflaster. Was meint Ihr wohl, warum ich mein Hauptkontor nicht hier, sondern in Chioggia habe!«
Montella machte eine kurze Pause, schnaufte und fuhr dann fort: »Findet Ihr nicht auch, dass der Montag immer der schlimmste Wochentag ist? Alles, was am Sonntag nicht erledigt werden konnte, weil der Allmächtige ihn zum Ruhetag erklärte, staut sich am Montag zusammen. Schon bald bricht die Mittagsstunde an, und ich habe noch nichts geschafft. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht! Was wollte ich noch? Ach ja,
amico mio,
ich wünsche Euch und Euren Gefährten viel Erfolg im Kampf gegen die Pestilenz. Dottore Sangio freut sich schon auf Euch, und ich muss nun gehen. Lasst von Euch hören, Gott befohlen!«
Montella, der an diesem Tag eine Schaube mit besonders weitem Schalkragen trug, drückte Vitus ohne ein weiteres Wort den Ballen in die Hand, keuchte noch einmal kurzatmig und eilte zu einer Gondel, die ihn zu seiner
Quattro Venti
übersetzen sollte.
Der Magister blinzelte. »Der Mann hat es ganz schön eilig, so wahr ich Ramiro García heiße! Nicht einmal mehr für die übliche Umarmung hatte er Zeit. Ich sage euch, das ist der Lockruf des Mammons! Wahrscheinlich stellt er seine Geschäftsgrundlage von nun an um. Die Zukunft gehört der gelben Pantoffel!«
»Wui, wui, gelbe Schlorren, gelbe Schlorren!«
Vitus schnürte den Ballen auf die Kiepe. »Die Gabe Montellas ist ziemlich leicht für ihre Größe. Gottlob, denn ich muss sie wohl bis Padua schleppen.«
»Erst einmal gehen wir zu diesem Luigi«, entschied der Magister. »Dort quartieren wir uns ein, dann machen wir einen Abstecher zum Rialtomarkt, um uns noch von Giovanni, seinen Söhnen und dem guten Alb zu verabschieden, und dann trennen wir uns. Du, Vitus, gehst zu Doktor Sangio, und der Zwerg und ich versuchen, für mich zwei neue Nasengläser aufzutreiben. Wäre doch gelacht, wenn es in dieser reichen Stadt keine Glasschleifer gäbe, die mit Beryllen umgehen können.«
»Genauso machen wir es«, sagte Vitus.
Drei Stunden später, die Sonne versank
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