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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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denn drauf?«
    »Nichts«, entgegnete Vitus. »Aber man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass hier die Bauersfamilie begraben liegt. Dahingerafft von der Pestis. Der letzte Überlebende mag das Grab geschaufelt und noch ein Gebet gesprochen haben.«
    »Bevor er sich davongemacht hat«, nickte der kleine Gelehrte. »Ich hätte wohl genauso gehandelt.«
    »Ich nicht. Bedenke, dass die Pest mittlerweile grassiert. Wer heute sein Heim verlässt, kommt vom Regen in die Traufe. Davon abgesehen scheint dieses Haus sehr gut bevorratet zu sein. An der hinteren Hauswand ist ebenfalls Scheitholz bis unter das Dach hochgestapelt. Und an der Stirnseite dazu. Ich glaube auch zu wissen, warum hier so viel Holz gehortet wurde: Ich habe nämlich zwischen den beiden unteren Räumen eine Räucherkammer entdeckt, in der die herrlichsten Schinken und Würste hängen.«
    »Sprich mir nicht vom Essen, wo ich so einen Bärenhunger habe! Tantalusqualen leide ich, wenn ich von Würsten und Schinken höre, die ich mir versagen muss.«
    »Aber warum denn? Du meinst, weil das Haus pestverseucht ist? Hast du denn schon alles vergessen, was wir gemeinsam mit Professor Girolamo herausgefunden haben? Solange uns kein Floh beißt, kann uns nichts passieren. Im Übrigen: Erinnere dich daran, was man mit Pesträumen macht – man räuchert sie aus. Wenn also etwas miasmenfrei ist, dann sind es die Köstlichkeiten aus dem Rauchfang.«
    Der Magister machte eine zustimmende Geste. »Dass du immer alles besser weißt! Nun ja, du kannst ja nichts dafür, dass ich manchmal etwas vergesslich bin.«
    Vitus lachte und knuffte dem kleinen Mann in die Seite. »Nun höre aber auf. Stelle dein Licht nicht unter den Scheffel. Komm, wir schauen uns noch in den Ställen um.«
    Sie gingen hinüber zu den Viehverschlägen und stellten fest, dass alle leer waren. Nur Stroh und Kot bedeckten den Boden. Niemand hatte mehr ausgemistet. Keine Kuh, keine Ziege, kein Schaf, kein Huhn war weit und breit zu sehen. Wer immer als Letzter das Gehöft verlassen hatte, er war nicht ohne lebenden Proviant gegangen.
    Einzig ein paar Hühnereier entdeckten die Freunde, doch als der Magister sie einstecken wollte, wehrte Vitus ab. »Lass es lieber, wer weiß, wie alt sie sind. Eine Magenvergiftung können wir alle nicht brauchen. Halten wir uns lieber an Wurst und Schinken. Ich schlage vor, du greifst dir ein paar Stücke aus der Räucherkammer, und ich packe mir die Arme voll Feuerholz.«
    Als die Freunde zum Lager zurückkamen, hatte die Laune sich dort sichtlich gebessert. Der Grund war Fabio, der über das ganze Gesicht strahlte. »Cirurgicus«, brüllte er schon von weitem, »gute Kunde, gute Kunde! Meine Schöne, meine Holde ist zurück!« Er deutete mit seinen Pranken zum Holzkäfig, in dem Bussola eifrig Körner aufpickte. Sie hatte einen langen Flug hinter sich und entsprechenden Hunger.
    Ihr Herr und Meister jubelte weiter: »
Uno messaggio!
Miabella hat einen Knaben geboren. Das Dutzend ist voll.
Dio mio, una dozzina di figli!
Ich bin ein glücklicher Mann!«
    Der Magister grinste. »Du bist fruchtbar und mehrest dich, mein Lieber! Das muss gefeiert werden. Ich für mein Teil kann ein paar Würste und einen Schinken beisteuern, allerdings nur, wenn du den Wein übernimmst.«
    Natürlich fand der Vorschlag allseits begeisterte Zustimmung, und wenig später saß die Gruppe um ein prasselndes Feuer, schmauste, trank und ließ es sich gut gehen. Nur Vitus war nachdenklich. Er hatte den Magister gebeten, nichts über die Pestgräber neben dem Bauernhaus zu erzählen. Die Gefährten würden es noch früh genug erfahren, morgen, nach dem Aufstehen, damit ihnen der Abend nicht verdorben wurde. Nach dem Aufstehen, ja. Und dann?
    Er machte sich Sorgen, wie es weitergehen sollte, denn er war sicher, dass die Schlange Pest aus allen Himmelsrichtungen über sie kommen würde. Egal, wohin sie gingen, sie waren gefangen, konnten nicht vor und zurück und schon gar nicht nach Piacenza. Dort, im Schmutz und Gedränge der Stadt, würde der Tod die reichste Ernte einfahren.
    Aber wohin konnten sie gehen?
    Und während die anderen lachten und sangen, reifte ein wahnwitziger Plan in ihm.

[home]
    Die Bürstenbinderin Antonella
    »Ich liebe ihn nicht. Dabei ist er so ritterlich, so putzig,
so hilfsbereit, und er kümmert sich auch so rührend
um die Kleine, aber lieben tue ich ihn nicht.
Was soll ich nur machen?«
    J e bedrohlicher die Zeiten, desto mehr neigt der Mensch dazu, vergessen zu

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