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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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in den Ring, oder du lässt sie frei. Vielleicht ist es besser, du lässt sie laufen, denn unser Platz ist begrenzt, und sie würden alles volläpfeln. Außerdem hast du sicher nicht genug Futter für eine so lange Zeit.«
    Der Überlandfahrer schluckte sichtlich. »Oh,
amico mio,
meine armen Gäule! Es wird mir das Herz zerreißen, mich von ihnen zu trennen. Darf ich denn wenigstens mein Herzblatt behalten?«
    »Bussola? Die musst du sogar behalten. Sie wird unsere Verbindung zur Außenwelt sein. Sie wird unsere Nachrichten nach Padua bringen und von dort Informationen zu uns zurücktragen. Zum Beispiel über das Verhalten der Pestis. Oder darüber, wie es deinem neu geborenen Sohn geht. Vielleicht auch darüber, was unser Freund Professor Girolamo an der Universität macht. Du siehst, alles wird sein wie sonst, nur dass du nicht durch die Lande ziehst.«
    »Und dass ich Weihnachten nicht bei meinen Liebsten sein kann. Oh,
buon Natale,
wie werde ich dich vermissen!« Fabio zerdrückte eine Träne.
    Vitus kam sich hart vor, aber er ging nicht darauf ein. Zu vieles musste noch besprochen werden. »Deinen Wagen stellst du am besten in die Mitte des Rings, sieh her, so.« Er nahm einen Stock und zeichnete einen Kreis in den Sand. Dann bezeichnete er die Stelle. »Nun zum Brunnen: Er wird am Rand liegen. Unsere Schlafplätze sind hier. Die Essensvorräte dort. Vielleicht werden wir sie in einem Erdloch aufbewahren. Aber nur, wenn wir in den Stallungen und Scheunen noch verderbliches Gemüse finden. Das Geräucherte wird ohnehin nicht schlecht. Das Kochfeuer werden wir hier anlegen, im Schutz des Wagens und des Scheitholzes, das dort gestapelt werden sollte. Zwischen Scheitholz und Feuerring werden wir einen Abtritt bauen, so können uns die Gerüche weniger belästigen.«
    »Jesus, Maria und Joseph!« Der Magister pfiff bewundernd durch die Zähne. »Und das alles hast du dir in der letzten Nacht ausgedacht?«
    Vitus warf den Stock beiseite. »Nicht alles, aber den größten Teil.« Er stand auf, ging zu seiner Kiepe und holte ein Döschen daraus hervor.
    »Was hast du nun schon wieder vor?«
    Vitus antwortete nicht, sondern fragte Antonella: »Kocht das Wasser schon?«
    »Ja, gleich, Cirurgicus.«
    »Gut.« Er nahm den Kessel vom Dreibein, stellte ihn in den Sand und kippte den Inhalt des Döschens hinein. »Das ist Weidenrindenpulver«, erklärte er. »Es gibt nichts Besseres gegen einen schweren Kopf. Warten wir ein Weilchen, bis die Wirkstoffe sich verteilt und ihre Kräfte entfaltet haben. Dann bekommt jeder einen Becher von dem Trunk. Ich will nicht, dass ihr unnötig leidet, wenn wir gemeinsam an die Arbeit gehen.« Er blickte in die Runde. »Wir werden doch an die Arbeit gehen?«
    Da niemand Einwände erhob, war es beschlossene Sache:
    Sie würden den Feuerring bauen.
     
    Drei Tage harter Arbeit waren erforderlich, bis alles so war, dass fünf Männer und eine Frau überleben konnten. Dann kam der große Augenblick. Der Zwerg Enano legte einen brennenden Span in das von ihm kreisförmig aufgeschichtete Holz. Das Feuer des Spans traf auf ein paar leere Vogelnester, die sofort lichterloh brannten. Sie gaben die Hitze weiter an klein gehackte Äste, die wiederum dickere Äste entzündeten, bevor endlich die kräftigen Scheite in Brand gerieten.
    Die Aufschichtung hatte viel Mühe und Schweiß gekostet und bildete ein Kunstwerk in sich. Jede Stelle des Feuerrings war so angelegt, dass die Flammen nicht nur lange vorhielten, sondern auch nicht zu klein und nicht zu groß ausfielen. Sie hatten eine Höhe von zwei Fuß und waren somit hoch genug, jedem Floh und jeder Ratte den Weg ins Lager zu versperren.
    Sowie das Feuer rundum brannte, trat die erste Feuerwache ihren Dienst an. Sie bestand aus Fabio und Guido. Ihre Aufgabe war es, unermüdlich Streife zu gehen – immer an der Innenseite des Rings entlang. Sie hatten den Zustand der Flammen ständig im Auge zu behalten und darüber hinaus darauf zu achten, ob sich jemand von außen dem Lager näherte. Die Zeit ihrer Wache betrug vier Stunden, eine Spanne, die genau mit dem Sandglas abgemessen wurde. Ihre Bewaffnung bestand aus der Muskete und mehreren Dolchen. Bei jedem Wachwechsel wurden die Waffen an das nächste Paar weitergegeben, in diesem Fall an Vitus und den Magister. Das letzte Paar schließlich bestand aus dem Zwerg und Antonella.
    Insgesamt war die Rechnung einfach: Wenn jede Wache innerhalb von vierundzwanzig Stunden zweimal ihre Runden drehte, würde

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