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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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so ein beseligtes Lächeln auf den Lippen, wie ich es zuletzt bei dir sah, als du mit Ar …, nun ja, das behalte ich lieber für mich. In jedem Fall, altes Unkraut, scheinst du mächtig beeindruckt von Nina zu sein. Nina hier, Nina da, so höre ich es den ganzen Tag von dir. Du bist doch wohl nicht verliebt in die Kleine?«
    »Verliebt? Ich? Lächerlich!« Auf Vitus’ Stirn erschien eine steile Falte. »Wie kommst du nur auf solchen Unsinn?«
    »Schon gut, schon gut!«, wehrte der kleine Gelehrte ab. Und dachte: Er ist es. Er ist es tatsächlich!
     
    »Was hast du, Frau? Warum schläfst du noch nicht?« Orantes saß auf der mit Stroh unterlegten Bettstatt der Eheleute und streifte sich die wollenen Strümpfe ab. Es folgten das Wams und der Gürtel seiner Hose. Mehr war nicht notwendig, um sich für die Nacht bereitzumachen. Dann legte er sich neben Ana.
    »Nichts.«
    »Nichts? Hm.« Orantes war schon halb im Land der Träume. Doch irgendetwas in Anas Stimme hinderte ihn daran, ganz hinabzutauchen. »Sag’s mir, Frau, wenn du was hast. Das haben wir immer so gehalten.«
    Ana stöhnte leise auf.
    »Hast du wieder Schmerzen? Ist es das?«
    »Nein, nein, die Schmerzen sind nicht so schlimm. Nur eine Magenverstimmung.«
    »Das sagst du in letzter Zeit öfter.« Orantes war jetzt wieder ganz wach. »Wenn es nicht besser wird, gehen wir zum Bader im Dorf, der wird dir schon ein Tränklein dagegen mischen. Schlafe jetzt, Frau. Gott der Allmächtige möge über dich wachen und dir süße Träume schenken.«
    »Amen«, murmelte Ana.
    Eine Zeit verging. Zu den gewohnten Nachtgeräuschen gesellten sich die tiefer werdenden Atemzüge von Orantes. Er gehörte zu den wenigen Männern, die nicht schnarchten, wofür Ana dankbar war. »Es ist nur wegen Nina«, sagte sie.
    »Wie? Was?«
    »Es ist nur wegen Nina«, wiederholte Ana.
    »Was ist mit ihr?« Orantes hob halb den Kopf. Nina war seine Lieblingstochter, auch wenn er das niemals zugegeben hätte.
    »Ich weiß nicht recht. Sie ist in letzter Zeit so … so anders. Starrt Löcher in die Luft, will kaum etwas essen, ist unzufrieden mit ihren Kleidern und verbringt viel Zeit vor dem alten Spiegel. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, sie ist verliebt.«
    »Verliebt? Das ist nicht dein Ernst! Sie ist doch noch ein Kind!«
    »Das ist sie ganz und gar nicht. Sie hat die Figur einer Frau, und das schon seit zwei Jahren. Aber Väter haben für so etwas ja keinen Blick.«
    »Und in wen soll sie verliebt sein?«
    »Das ist es ja. Ich weiß es nicht. Ich glaube schon, dass sie es mir sagen würde, wenn es jemanden gäbe. Sie hat mir immer alles gesagt. Wahrscheinlich irre ich mich, und sie hat sich in niemanden verguckt. Dafür spräche auch, dass sie fleißiger denn je ist. Sie verbringt jetzt noch mehr Stunden im Kloster und studiert Medizin, wie sie sagt. Du weißt, das wollte sie schon immer.«
    »Ja, ich weiß, Frau. Und ich weiß auch, dass es dir zuerst nicht gerade recht war, als sie auf die Klosterschule zu Pater Thomas ging. Sie fehlte dir für die Hausarbeit. Wieso findet Pater Thomas eigentlich plötzlich Zeit, sie zusätzlich in Medizin zu unterrichten?«
    »Ich weiß es nicht, Mann. Schlafe jetzt. Gott befohlen.«
    »Gott befohlen, Frau.«
     
    »Die meisten ärztlichen Instrumente kennt auch der Nichtfachmann«, sagte Vitus. Auf dem großen Lesetisch im Nebenraum des Skriptoriums hatte er eine Reihe chirurgischer Werkzeuge ausgebreitet. »Ich meine die Skalpelle, die Pinzetten, die Scheren, die Haken und andere. Aber es gibt auch welche, deren Zweck sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Und über diese will ich heute mit dir sprechen.«
    Nina nickte ernsthaft. Ihr Blick schweifte über den Tisch, auf dem tatsächlich ein paar Gerätschaften lagen, die sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen hatte.
    »Weißt du, was das ist?« Vitus nahm ein Instrument hoch, eine Art Zange, deren eine Backe halbkugelförmig auslief.
    »Nein.« Sie nahm das Gerät und betrachtete es interessiert.
    »Überlege einmal.«
    Nina spitzte die Lippen, was, wie er fand, besonders reizend aussah. »Hm«, grübelte sie. »Weil es wie eine Zange aussieht, wird das Ding dazu da sein, irgendetwas zu greifen.«
    »Richtig«, sagte er erfreut. »Nun musst du nur noch herausfinden, was das sein könnte.«
    Nina legte die Fingerspitze in das Halbrund. »Da würde ein kleiner Ball hineinpassen.«
    »Fast! Du hast es fast erraten!«
    »Eine Kugel?«
    »Genau! Eine Musketenkugel. Du

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