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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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ihrer Arbeit als Wäscherin nachging. »Wahrscheinlich hast du gefunden, dass das Leben ohne mich billiger ist.«
    »Billiger - vielleicht, aber nicht leichter.« Sie zwickte ihn ins Ohr wie so oft in seiner Kindheit, wenn er sich schlecht benommen hatte. »Was hast du angestellt?«
    »Au!« Spandrels Schmerzschrei war übertrieben, aber sie ließ ihn los. »Etwas zum Frühstück wäre schön.«
    »Mich wundert, dass du kein Mastkalb erwartest.«
    »Hab doch ein Herz, Ma.«
    »Dein Glück, dass mein Herz größer ist, als mir gut tut. Ich mache dir ein Frühstück, während du Bericht erstattest.«
    Wie er seiner Mutter Bericht erstatten würde, darüber hatte Spandrel viel gegrübelt. Das Grüne Buch - mitsamt den Geheimnissen, die es barg - war ein Thema, das er vor seiner Mutter auf gar keinen Fall zur Sprache bringen wollte. Er bezweifelte, dass sie überhaupt in der Lage wäre, etwas zu begreifen, das zu glauben ihm selbst mittlerweile schwer fiel. Das Jahr, das seit seiner Abreise aus Rom verstrichen war, hatte all die Ereignisse, deretwegen es ihn dorthin verschlagen hatte, in seiner Erinnerung weit in den Hintergrund gedrängt, wo sie wie eine Legende erschienen. Und er war froh, sie dort zu belassen. So beichtete er einerseits, dass ihn Sir Theodore Janssen in geheimem Auftrag nach Amsterdam geschickt hatte, behauptete aber, keine Ahnung vom Inhalt des Päckchens, das er hatte überbringen sollen, gehabt zu haben. In Amsterdam war es ihm in einer Taverne geraubt worden, und aus Scham über seine Dummheit, so fuhr er fort, hatte er lieber im Ausland bleiben wollen, statt mit leeren Händen nach London zurückzukehren und sich Sir Theodores Zorn zu stellen.
    An diesem Punkt näherte sich seine Schilderung sogar der Wahrheit. Zuletzt hatte er tatsächlich in Frankreich in Rennes als Helfer eines Kartenzeichners gearbeitet. Er hatte diesen freundlichen, bereits von Krankheit gezeichneten und hilfsbedürftigen Mann namens Jean-Luc Taillard während einer Kutschenfahrt kennen gelernt. (Dass er damals aus Brest gekommen war, erwähnte er nicht.) Da Taillard keine Familie hatte, hatte er Spandrel zu seinem Erben bestimmt. Und seit Taillards Tod verfügte Spandrel immerhin über dessen lebenslang Angespartes in Höhe von gut fünfzehntausend Livres, was etwa tausend Pfund entsprach. Das war ein Bruchteil von dem, was sich Spandrel mit dem Grünen Buch erträumt, aber immer noch weitaus mehr, als er je besessen hatte. Und es bedeutete, dass er nach England zurückkehren konnte, ohne befürchten zu müssen, wieder ins Schuldnergefängnis geworfen zu werden.
    »Alle Schulden sind beglichen, Ma«, erklärte er, während er am letzten Bissen kaute. »Und es ist noch viel übrig geblieben.«
    »Und wofür gedenkst du es auszugeben, wenn ich fragen darf?«
    »Zuallererst für eine angemessene Unterkunft für dich. Du wirst die Wäsche weggeben und nicht mehr holen. Und ich werde die Karte vervollständigen.«
    »Dieser alte Traum deines Vaters?«
    »Das ist der Traum, der jetzt Wahrheit werden soll.«
    »Meinst du das im Ernst?«
    »Unbedingt.«
    »All unser Kummer ist vorüber?«
    »Ja, dank Monsieur Taillard.« Spandrel zog eine Flasche Gin aus seiner Tasche und entkorkte sie. »Trinken wir auf glücklichere Zeiten.«
    »Du bist noch mein Ruin«, klagte seine Mutter, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.
    Viscount Townshend eilte an diesem Morgen leichteren Schrittes ins Schatzamt, als er am Vortag beim Betreten des Spencer House für möglich gehalten hätte. Diesmal hatte er eine schlechte Nachricht für Walpole, und nicht umgekehrt -was er selten genug erlebte und darum entsprechend auskostete.
    Walpole stand, an einem Apfel knabbernd, vor dem Fenster seines Büros und beobachtete eine Hirschjagd im St. James's Park. In diesem Moment erweckte er in allem den Anschein eines Mannes, der er, wie Townshend wusste, überhaupt nicht war: unbeschwert und ohne jede Sorge. Doch Townshend wusste ebenso, dass es gerade die mit seinen Regierungsgeschäften verbundenen Sorgen waren, denen er dieses heitere Gebaren verdankte. Sie waren das, was sein Glück ausmachte. »Was hast du für mich, Charles ? Es muss wichtig sein. Ich habe dieses Funkeln in deinen Augen zu oft gesehen, um mich zu täuschen.«
    »Eine Depesche von Sir Luke Schaub.« (Schaub war der britische Botschafter in Paris, nach Rom die zweite Keimzelle jakobitischer Ränke.) »Sie ist vorgestern abgeschickt worden.« (Also war sie am Tag von Sunderlands Tod

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