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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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seine Laster ebenso wenig wie seine Tugenden. Er hat sie in einem Haus in der Jermyn Street untergebracht. Phoenix House heißt es und steht in der Nähe der Ecke zur Duke Street, falls Sie das überprüfen möchten. Nur einen Katzensprung von dem Haus entfernt, das er in der Arlington Street unterhält. Eine Ehefrau in Chelsea und eine Geliebte in St. James's. Keine Frage, das passt zu seinen Vorstellungen von... Häuslichkeit. Ach, sie nennt sich jetzt übrigens Davenant, Mrs. Davenant selbstredend. Ich habe meinen... Komplizen... nicht gesagt, wer sie wirklich ist.«
    »Ich glaube es trotzdem nicht.«
    »O doch. Sie wollen es nur nicht wahrhaben. Walpole hat es Ihnen gegenüber natürlich nicht erwähnt. Das wäre wohl auch kaum in seinem Interesse. Ihm ist an Ihrer Willfährigkeit gelegen, nicht an Ihrer Eifersucht.«
    »Gott soll ihn verdammen!« Spandrel presste sich eine zur Faust geballte Hand an die Stirn und schloss die Augen. Hätte er doch nur im Bewusstsein der Wahrheit erklären können, dass das keinen Sinn ergab! Aber es war eben doch schlüssig. Auf eine verquere Weise war es genau das, was er eigentlich hätte erwarten sollen. Er hatte gedacht, es wäre ihm gelungen, Estelle zwar nicht zu vergessen - wie konnte man eine solche Frau je vergessen? -, so doch sein Begehren nach ihr zu überwinden. Die Monate in Rennes, die Frauen, die er dort gehabt hatte, sein besonnenes Werben um Maria Chesneys Hand, waren so gut wie nichts im Vergleich zu der kurzen Episode in seinem Leben, die er mit ihr verbracht hatte. Und so gut wie nichts war gar nichts.
    »Hassen Sie ihn jetzt, Spandrel?« Er vernahm McIlwraiths Stimme als Flüstern fast unmittelbar an seinem Ohr. »Wenn ja, dann habe ich eine gute Nachricht für Sie.«
    Spandrel öffnete die Augen und sah zu McIlwraith auf. Was mochte der Captain nur vorhaben? Was konnte er gegen jemanden wie Walpole ausrichten? Was konnte er tun?
    »Ich habe es in der Hand, ihn zu brechen.« Ein breites, zufriedenes Lächeln spielte um McIlwraiths Lippen. Er erweckte den Eindruck eines Mannes, der mit sich in Frieden lebte - und Krieg gegen einen anderen führte. »Jetzt heißt es: Er oder ich.«

35 In Teufels Küche
    St. James's war besser beleuchtet als die meisten übrigen Stadtviertel von London, doch gab es auch hier noch reichlich Stellen, wo die Dunkelheit tief genug war, um Spandrel zu schlucken. Er hatte in einem Dienstboteneingang an der Nordseite der Jermyn Street schräg gegenüber dem Phoenix House, der stattlichen Residenz einer gewissen Mrs. Davenant, Stellung bezogen und hielt nach Lebenszeichen Ausschau. Bisher hatte es keine gegeben.
    Wiederholt hatte Spandrel sich gefragt, was er eigentlich zu sehen erwartete. Ihm zuliebe würde sich Estelle gewiss nicht zeigen, schon gar nicht um diese Zeit, sofern sie tatsächlich dort lebte. Für solche Beobachtungen hätte sich der Nachmittag besser geeignet. Andererseits konnte er es sich nicht leisten, hier allzu lange am helllichten Tag herumzustehen oder gar an die Tür zu klopfen und nach Mrs. Davenant zu verlangen.
    Wenn er ehrlich mit sich war, versprach er sich nicht das Geringste von seiner Warterei. Aber die Alternativen waren auch nicht besser. Er konnte nach Hause gehen und sich anhören, was seine Mutter von den Mädchen hielt, die als Haushaltshilfen in Frage kamen, oder von derjenigen, für die sie sich vielleicht schon entschieden hatte. Er konnte sich auch in eine Taverne davonstehlen und so viel trinken, wie er nötig hatte - was eine Menge wäre -, um zu vergessen, in was für ein Dilemma ihn McIlwraith gestürzt hatte.
    Sollte er Walpole berichten, dass McIlwraith gesund und munter war und darauf brannte, Gerechtigkeit - oder das, was er dafür hielt - zu üben? Doch das hieße einzugestehen, dass sein Versuch, Atterbury zu ködern, kläglich gescheitert war. Abgesehen davon hatte er keine Ahnung, wovor er Walpole überhaupt warnen würde. Da wäre es doch gewiss leichter, McIlwraiths Rat zu folgen und ihn zu belügen. Gleichwohl war Walpole ein gefährlicher Mann, der sich nicht ohne weiteres ins Bockshorn jagen ließ. Nur wenn McIlwraith tatsächlich in der Lage war, ihn zu zerstören, wie er es geschworen hatte, lohnte sich dieses Risiko.
    Spätestens morgen stand die Entscheidung an. Bis dahin, so hatte Walpole verlangt, musste er den Bericht über seine Fortschritte persönlich dem Postminister, der kein anderer als Walpoles Bruder war, vorgelegt haben. Irgendetwas musste Spandrel melden. Und

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