Die Mission des Zeichners
Gewünschte zu verweigern.«
»Papa lässt sich nicht erpressen.«
»Sie sehen das anders.«
»Was, haben sie gesagt, werden sie mir antun?«
»Sie haben gesagt, dass sie Sie töten«, erklärte Spandrel.
Langes, dumpfes Schweigen breitete sich aus. Spandrel tastete sich zu dem Jungen zurück und begann, die um seine Handgelenke und Knöchel geschlungenen Seile zu lösen. Aber die Knoten waren zu fest, und in der Dunkelheit konnte er nichts sehen.
»Du hast doch ein Messer.« Edward Walpole war nicht lange kleinmütig geblieben. »Schneide sie durch!«
»Das wollte ich gerade tun.« Spandrel zog sein Messer aus der Tasche und machte sich an die Arbeit. »Aber ich muss vorsichtig sein, damit ich Sie dabei nicht verletze.«
»Kannst du dich nicht beeilen?«
»Sie gewinnen nichts, wenn Sie mit uns hadern«, mahnte Estelle den Jungen.
»Ach nein?« Es gab einen dumpfen Schlag. Der Junge hatte mit den gefesselten Füßen gegen die Wand getreten. Daraufhin lösten sich Brocken vom Verputz und prasselten zu Boden. »Mein Vater ist der Erste Minister des Königs! Ich lasse mich nicht so behandeln!«
»Das hätten Sie vielleicht Ihren Entführern erklären sollen«, meinte Spandrel ungerührt, obwohl er sich sicher war, dass der junge Walpole genau das bei jeder Gelegenheit getan hatte. »Halten Sie jetzt still.« Der Junge gehorchte, wenn auch widerwillig. »So, Sie sind frei.« Spandrel streifte die Seile von ihm ab.
»Frei von den Seilen, aber nicht vom Gefängnis. So, was machen wir jetzt, verdammt noch mal?«
»Wie oft kommen Ihre Entführer zu Ihnen?«, fragte Spandrel gleichmütig.
»Dieser Kerl - Wagemaker - bringt mir Brot und Wasser. In welchen Abständen, das kann ich nicht sagen. Ich kann überhaupt nichts sagen!« Die Stimme des Jungen brach. »In dieser elenden Dunkelheit!«
»Beruhigen Sie sich, Edward«, sagte Estelle zärtlich. »Für Sie bin ich Master Walpole, Madam!« »Wie Sie belieben.« Estelles Stimme hatte einen eisigen Ton angenommen. »Nun, Master Walpole, hätten Sie vielleicht die Güte, sich weiterer Vorwürfe an uns, die Ihnen noch in den Sinn kommen könnten, zu enthalten? Wir alle müssen eben warten, so ruhig und geduldig wir können.«
Erneut trat Schweigen ein, doch Spandrel konnte sich nicht vorstellen, dass es lange vorhalten würde. »Etwas gibt es vielleicht noch, das einen Versuch wert wäre«, sagte er unvermittelt. Damit ging er zur Wand und begann, sie nach dem zugemauerten Fenster abzutasten. Als er die Stelle gefunden hatte, nahm er sein Taschenmesser und schabte zwischen zwei Ziegeln am Kitt.
»Was machst du da?«, rief Estelle.
»Ich kratze Mörtel weg. Vielleicht kann ich dann einen Ziegel herausstemmen.«
»Meinst du, das geht?«
»Mit viel Geduld.« Mörtelstücke fielen vor Spandrels Füße. »Ich bezweifle, dass Wagemaker für die Versiegelung des Turms gute Maurer genommen hat.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Das weiß ich nicht.« Spandrel blickte über die Schulter, weil er Estelles Nähe spürte, sah jedoch nichts. »Aber was hindert mich daran, es auszuprobieren? Es sei denn, du hast eine bessere Idee.«
»Ich habe keine bessere Idee.« Kurz berührte ihre Hand seinen Ellbogen. »Aber ich bin mir sicher, dass es immer einen Ausweg gibt. Man muss nur gründlich genug suchen.«
»Eines Tages gibt es keinen mehr. Das weißt du doch auch, oder?«
»Eines Tages. Aber nicht heute.«
»Wenn ihr glaubt, dass ihr es schafft, warum macht ihr dann nicht weiter?«, ertönte ein vertrautes Quengeln in ihrem Rücken.
»Kindermund tut Wahrheit kund«, murmelte Estelle.
»Und verzogene Bälger«, fügte Spandrel hinzu und widmete sich wieder seiner Arbeit.
Einen Ziegel hatte Spandrel beträchtliche Zeit später gelockert, doch er war noch weit davon entfernt, ihn herauszuziehen, als Estelle ihn von der Eingangstür aus aufforderte, innezuhalten.
»Ich glaube, ich höre draußen etwas«, meldete sie. »Schritte. Stimmen. Ich bin mir nicht ganz sicher.«
Als Spandrel sich neben sie gestellt hatte, war sie sicher. Und er ebenfalls. Gesprächsfetzen waren zu vernehmen. Wer da redete und was gesagt wurde, ließ sich allerdings nicht beurteilen. Dann polterte ein Stiefel auf der Schwelle, und der Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt. Sie wichen zurück, und kurz darauf sprang die Tür auf.
Das hereinflutende Tageslicht blendete sie. Ein Schemen, umrahmt von Licht, zeichnete sich in der Tür ab. »Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!«, dröhnte Captain
Weitere Kostenlose Bücher