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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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gut situierte Witwe fand sie vielleicht sogar noch einmal einen Ehemann und vergaß ihren verlorenen Sohn. Ja, ohne ihn hatte sie es vielleicht besser. Schlechter würde es ihr jedenfalls nicht gehen.
    Nachdem er den Brief geschrieben hatte, legte er sich auf das Bett, schaute in den Himmel und sah zu, wie sich der Nachmittag dem Abend zuneigte. Wie merkwürdig es doch war, sinnierte er, dass ein Mann, der nie etwas Übles getan, noch jemandem ein Unrecht zugefügt oder Böses gewollt hatte, jetzt trotzdem mit dem Leben für die Verbrechen und Verschwörungen anderer zahlen sollte. Gerecht war das nicht. Und schon gar nicht richtig. Aber so war nun mal der Gang der Welt. Von Licht zu Dunkel und wieder zurück, für manche Menschen.
    Robert Walpoles Eintreffen in der Londoner Residenz der Townshends bedeutete für die Viscountess eine Überraschung, allerdings eine freudige. Seiner Frau zuliebe tat der Viscount genauso erstaunt. In Wahrheit hatte Walpole jedoch angekündigt, dass er auf dem Rückweg von Windsor vorbeikommen und mit ihm über eine Angelegenheit reden würde, von der seine Frau nichts wisse.
    Nach einem in den Augen der Viscountess enttäuschend kurzen und belanglosen Austausch von Familienklatsch, zogen sich Walpole und sein Schwager ins Büro des Viscount zurück, wo sie, gestärkt von Portwein und Tabak, hinter geschlossenen Türen über Dringlicheres konferierten.
    »Edward geht es gut?«, fragte Townshend, obwohl er bereits erfahren hatte, dass sein Neffe in Sicherheit war. Doch ob er auch wohlbehalten war, wusste er noch nicht.
    »O ja!«, rief Walpole mit dem breiten Lächeln eines erleichterten Vaters. »Er hat offenbar nichts Schlimmeres erdulden müssen als ich damals im Schulalltag von Eton. Ihr Städter habt ja keine Begriffe von den Leiden, denen wir am College ausgesetzt waren.«
    »Ich schon, Robin. Du hast dich damals bei mir bis in die kleinste Einzelheit darüber beklagt und mich seitdem immer wieder daran erinnert.«
    »Nur damit du es nicht vergisst!«, lachte Walpole. »Edward wird dich bei eurem Wiedersehen im Sommer mit Geschichten über seine Einkerkerung unterhalten. Wahrscheinlich wird er dabei auch eine dunkelhaarige Dame erwähnen, die Mrs. Davenant zum Verwechseln ähnelt.« Er hob beschwichtigend eine Hand. »Ich weiß, du hast nie etwas von meinen Mätressen hören wollen, Charles. Die Schuld für deine Prüderie gebe ich deiner glücklichen Ehe. Und natürlich danke ich auch Gott dafür. Du und Dolly habt es besser, als ihr wisst. Und es lag nur an deiner... Empfindlichkeit... dass ich dir von der Verwicklung besagter Dame in diese Angelegenheit nichts gesagt habe.«
    »Rede nicht weiter. Es soll so etwas wie... eine Explosion gegeben haben, habe ich gehört.«
    »Der Turm, in dem sie Edward versteckt hielten, war vermint. Er ist bis zu den Grundmauern niedergebrannt.« Walpole schmunzelte. »Das Feuerwerk hat meinem Sohn offenbar gut gefallen.«
    »Sind viele dabei umgekommen?«
    »Negus' Adjutant und zwei Soldaten. Dazu zwei Entführer. Ein dritter ist geflohen. Ich brauche dir wohl nicht eigens zu sagen, dass ich gerne wenigstens einen von den Kerlen lebend gehabt hätte, allein schon um eine Aussage aus ihm herauszuquetschen. So aber sind wir, was Atterbury betrifft, auf unseren Ausgangspunkt zurückgeworfen. Der Flüchtige heißt übrigens Plunket. Er ist dem Geheimdienst als Gefolgsmann der Jakobiten bekannt. Ein kleiner Fisch, aber es lohnt sich, ihn an Land zu ziehen, wenn wir danach mit demselben Netz ein paar größere fangen können.«
    »Aber dein Versuch, Atterbury mit dem Grünen Buch zu ködern, ist damit wohl gescheitert, nehme ich an.«
    »Leider ja, Charles. Es ist wohl ein für alle Mal zugeschlagen worden.« Und mit einem verschmitzten Lächeln fügte Walpole hinzu: »Wir müssen eben das Beste aus dem machen, was wir haben.«
    »Heißt das, dass wir unsere Karten aufdecken?«
    »Noch nicht. Unser in Schande gefallener Bote soll sicher in einem holländischen Gefängnis sitzen, ehe wir bekannt geben, welche Gefahr dem König droht. Horace ist bereit, morgen nach Den Haag aufzubrechen. Wie viele Soldaten, glaubst du, kann er Hoornbeeck abschwatzen?«
    »Nicht so viele, wie Heinsius uns zur Verfügung gestellt hätte.« (Der verstorbene Berater des holländischen Königs war in der Tat ein treuer Verbündeter der Engländer gewesen; doch unter seinem Nachfolger war das Verhältnis abgekühlt.) »Hoornbeeck wird vielleicht zu mehr Entgegenkommen geneigt

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