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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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werden ihn zahlen müssen. Mrs. Davenant sagt mir, sie habe McIlwraith so etwas wie ein Versprechen gegeben, dass sie Ihnen das Leben retten wolle, doch wie ich Ihnen mitteilen muss, stand es ihr in keiner Weise zu, sich für dergleichen zu verbürgen. Über Ihr Leben verfüge ich, nicht sie. Und ihre Launen entsprechen nicht meinem Willen. Das ist etwas, das sowohl Sie als auch Mrs. Davenant noch begreifen müssen. Sie scheint zu glauben, dass ich Sie freilassen müsste. Aber dann würde Kelly die Wahrheit aus Ihnen herauspressen, und Atterbury wäre gewarnt und würde seine Umsturzpläne nicht weiter verfolgen. So aber weiß er immer noch nicht, wie gründlich ich ihn durchschaue, und ich habe vor, ihn so lange wie möglich in seiner Unwissenheit zu belassen. Daneben habe ich die Absicht, Sie - und Mrs. Davenant - zu lehren, dass Ungehorsam ein schwer wiegendes Vergehen darstellt.«
    »Was haben Sie mit mir vor?«
    »Ich werde Sie nach Amsterdam schicken.«
    »Damit ich gehängt werde?«
    »Die Entscheidung darüber wird das holländische Gericht treffen.«
    »Aber Ihnen ist klar, wie es entscheiden wird.«
    »Überhaupt nicht.« Einen Moment lang schienen sich Walpoles Lippen zu einem Lächeln zu kräuseln, dann verhärteten sich seine Züge. »Es ist Ihre Sache, wie Sie sich retten, Spandrel. Ich bin mit Ihnen fertig. Morgen werden Sie in den Tower von London gebracht und dort festgehalten, bis der Vogt von Amsterdam benachrichtigt worden ist und wir seine Antwort erhalten haben. Besuch werden Sie nicht empfangen dürfen. Ich fürchte, ich kann nicht zulassen, dass Ihre Lage zum Stadtgespräch wird. Was Briefe betrifft, so dürfen Sie einen an Ihre Mutter senden, sofern Sie das wünschen. Selbstverständlich werde ich ihn vor seiner Überstellung mit der freundlichen Hilfe des Postministers lesen. Folglich werden Sie beim Verfassen genau auf Ihre Worte achten müssen. Eine Flucht ins Ausland wäre angesichts der Umstände wohl eine barmherzige Lüge. Ihre Mutter braucht nichts von den Vorfällen in Amsterdam zu erfahren. Ich werde sie nicht damit behelligen. Und wenn Sie bei Ihrem Prozess die nötige Zurückhaltung an den Tag legen, wird man bei ihr auch nie Schmuckstücke, die meiner Frau gehören, finden. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
    »Ihr Wort... als Staatsmann?«
    »Wie ich sehe, hat dieser Steinschlag Ihr Erinnerungsvermögen nicht beeinträchtigt. Ja, mein Wort als Staatsmann.« Walpole ging gemessenen Schritts zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte und Spandrel ins Auge fasste. »Wir werden uns nicht wieder begegnen. Das gilt auch für Sie und... Mrs. Davenant. Falls Sie noch eine Botschaft für sie haben...«
    »Ich habe keine Botschaft.
    »Schön.« Walpole gestattete sich ein Grinsen. »Ich hätte sie ihr auch nicht übermittelt.«
    Spandrel staunte selbst über seine Gefasstheit. Dabei drohte ihm nun doch das Schicksal, gegen das er sich seit über einem Jahr mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln wehrte.
    Vielleicht war gerade das der Grund für seinen Fatalismus. Er konnte nichts tun. Ein Entkommen war nicht möglich. Es war um ihn geschehen. Tage würden vergehen, Boten hin und her reisen, Ermittlungen ihren Gang nehmen. Dabei stand das Ergebnis längst fest. Und diese Gewissheit bot ihm eine verquere Art von Trost. Er brauchte nicht mehr zu grübeln. Er brauchte nicht mehr zu kämpfen. Alles würde von anderen für ihn geregelt werden, außer natürlich das Sterben. Das würde er selbst tun müssen.
    Während er zum Fenster hinausschaute, sagte er sich, wie leicht es doch wäre, auf den abgeschrägten Sims zu klettern und sein Ende mit einem Sturz durch die Luft von Windsor zu bestimmen. Damit würde er sich viel Leiden ersparen. Doch ihm fehlte der Mut dazu. Und, das wurde ihm schlagartig klar, noch hatte er einen Funken Hoffnung, auch wenn er nicht verstand, wie das möglich war. »So lange es Leben gibt«, hatte sein Vater oft gesagt, »gibt es auch Leiden.« Nun, anscheinend war das die Wahrheit.
    Spandrel schob sein Bett zum Fenster hinüber und machte sich daran, in seinem Licht den einen Brief zu verfassen, den ihm Walpole zugestanden hatte und für den folglich nicht mehr als ein Bogen bereitlag. Er würde die Lüge schreiben, die ihm Walpole nahe gelegt hatte. Seine Mutter sollte weiterhin in dem Glauben leben, sie könne ihn irgendwann wieder sehen. Wenigstens brauchte sie ihr Dasein jetzt nicht mehr als Wäscherin unter den Regeln des Fleet Street Prison zu fristen. Als

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