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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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ist?«
    »Sie behaupten allen Ernstes, ihn nicht zu kennen?«
    »Ich schwöre es Ihnen - und Gott ist mein Zeuge: Ich habe keine Ahnung.«
    »So was... das ist ja eine verworrene Sache, ich muss schon sagen.« Die Vorstellung, Spandrel könnte tatsächlich unschuldig sein, verblüffte Cloisterman derart, dass er völlig vergaß, seinen Rock zu halten, und sich nachdenklich am Kinn kratzte. »Der Marquis de Prie ist der Bevollmächtigte des Generalgouverneurs der österreichischen Niederlande. Er könnte seine Gründe haben, sich de Vries' Tod zu wünschen.«
    »Was für Gründe?«
    »Wer kann das schon beurteilen? Meines Wissens setzt sich der Marquis für die Schaffung einer mit der V. O.C. rivalisierenden, flämischen Ostindien-Gesellschaft ein. Vermutlich will er damit die flämischen Handelstreibenden bereichern und sie so ihren Herren in Wien, deren treuer Sachverwalter de Prie ist, günstig stimmen. Die V. O.C. wiederum hat alles in ihrer Macht Stehende getan, um das zu verhindern. De Vries stammte aus Flandern und hatte viele Freunde in Antwerpen und Brüssel. Er könnte seinen beträchtlichen Einfluss zu diesem Zweck spielen lassen haben.«
    »Davon weiß ich nichts. Ich war nie in Brüssel. Ich habe lediglich ein Päckchen aus London überbracht, und zwar im Auftrag von Sir Theodore...«
    »Janssen, ich weiß. Ebenfalls flämischer Herkunft. Noch jemand, der großen Einfluss ausübt. Aber wie Sie wissen müssen, sieht sich Sir Theodore gegenwärtig in seinen Möglichkeiten erheblich eingeschränkt. Ja, seine augenblickliche Lage ist in Ansätzen mit Ihrer eigenen vergleichbar.«
    »Inwiefern?«
    »Wann, sagen Sie, haben Sie London verlassen?«, wollte Cloisterman wissen, ohne auf Spandrels Frage einzugehen.
    »Vor einer Woche...« Spandrel dachte angestrengt nach. »Gestern vor einer Woche.«
    »Am Sonntag, den zweiundzwanzigsten Januar nach der alten Rechnungsweise?«
    »Ja, richtig. Sonntag, der zweiundzwanzigste.«
    »Würde es Sie überraschen zu erfahren, dass Sir Theodore am Montag, den dreiundzwanzigsten, aufgrund einer Verfügung des Parlaments verhaftet und in den Tower überstellt worden ist?«
    Es überraschte Spandrel allerdings - sehr sogar. »In den Tower? Warum?«
    »Weil der Erste Kassenführer der South Sea Company, Mr. Knight, just am Tag Ihrer Abreise aus dem Land geflohen ist - am Sonntag, dem zweiundzwanzigsten. Mit der South Sea Company ist es vorbei. Und mit ihren Direktoren. Und zufälligerweise soll sich Mr. Knight nach... Brüssel abgesetzt haben.« Cloisterman bedachte ihn mit einem matten Lächeln. »Das sind tiefe Gewässer, Spandrel. Und die Strömungen sind äußerst tückisch. Ein Mann kann leicht darin ertrinken.«
    »Ich bin am Ertrinken!« Unwillkürlich griff Spandrel nach Cloistermans Ärmel, doch der andere wich geistesgegenwärtig zurück, und dann spannte sich auch schon die Kette. Über drei Fuß stinkenden Zellenboden hinweg starrten sie einander argwöhnisch an. »Gibt es denn nichts, was Sie für mich tun können, Sir?«
    »Sehr wenig.«
    »Aber auch schon sehr wenig... könnte genügen.«
    »Das bezweifle ich.« Cloistermans Züge wurden um eine Nuance weicher. »Dennoch werde ich« - er deutete ein Nicken an, das offenbar als kleiner Trost gedacht war - »sehen, was ich tun kann.«
    Die Nachricht vom Ableben seines alten Freundes hatte Sir Theodore Janssen mit der Schnelligkeit des sprichwörtlichen Lauffeuers erreicht. All die anderen in den letzten Wochen erlittenen Rückschläge hatte er vorausgesehen und auf die eine oder andere Weise erwartet. Dieser Schlag dagegen traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Natürlich konnte der Tod jemanden in seinem oder de Vries' Alter jederzeit ereilen -aber Mord in der angeblichen Sicherheit des eigenen Hauses? Er konnte es nicht fassen. Und doch war es geschehen. Der Bericht ließ keinen Zweifel aufkommen: Ysbrand de Vries war tot. Aber inmitten seiner Trauer über den Verlust seines letzten Jugendfreundes nagte an Sir Theodore auch eine Sorge, die er seinem treuen Diener und wichtigsten Informanten, Nicodemus Jupe, nicht in Gänze anzuvertrauen wagte.
    Heute war der Jahrestag der Hinrichtung König Charles I. Als Zeichen ihrer Ehrerbietung trat Brodricks Untersuchungsausschuss nicht zusammen. Aber morgen würde er seine Arbeit, beflügelt von Blunts und Joyce' Bericht, was immer er enthalten mochte, fortsetzen. Nach Sir Theodores Einschätzung wussten sie inzwischen das Schlimmste. Aber Wissen war noch kein Beweis.

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