Die Mission
Dampflimousine und dachte daran, dass sie ihren geliebten Vater vielleicht nie wiedersehen würde.
Sie warf einen verstohlenen Blick auf ihre Begleiter. Ein seltsames Völkchen. Am Steuer saß der gewaltige, furchterregende Feldwebel Wysochi und neben ihm auf dem Beifahrersitz ein nervöser Hauptmann Dabrowski, das Gewehr auf dem Schoß. Die Dämonin hockte am anderen Ende des Rücksitzes und erweckte den Anschein, als wäre sie über das, was passiert war, ziemlich pikiert und alles andere als erfreut. Neben ihr saßen die beiden Personen, die Trixie bislang nicht vorgestellt worden waren. Der attraktive junge Mann mit dem langen braunen Haar und die Shade, die ein unerhört freizügiges Kostüm trug. Diese beiden mussten der Seher und seine Assistentin sein, die junge Frau, die vor dem Führer aufgetreten war. Was die beiden hier zu suchen hatten, war ihr ein Rätsel. Es war eine bunt zusammengewürfelte und auch äußerst zänkische Gruppe, wie sie bald feststellen sollte.
Später kam sie zu dem Schluss, dass es zu viel Möchtegernanführer im Wagen gegeben hatte und jeder darauf bedacht gewesen war, den anderen seinen Willen aufzuzwingen. Sie waren noch keine Meile weit gekommen, da ging es bereits los.
»Wir haben höchstens zehn Minuten, bis die Checkya merkt, was passiert ist, und in allen Kontrollposten im ForthRight Alarm schlägt«, sagte Hauptmann Dabrowski, während der Dampfwagen ächzend und stöhnend über eine der neuen Autobahnen des Sektors tuckerte. »Am besten lassen wir den Wagen eine Meile vom Rhein entfernt stehen, gehen dann zu Fuß zum Fluss und erkaufen uns mit Schmiergeld den Weg über die Oberbaum-Brücke. Das wäre der schnellste Weg ins Ghetto.«
Zwar machte Trixie sich große Sorgen um ihren Vater und zeigte nur wenig Interesse an dem, was geredet wurde, rümpfte aber trotzdem die Nase, als sich der kleine Hauptmann Dabrowski zum Anführer der Gruppe aufschwang. Und wie es schien, war sie nicht die Einzige.
»So landen wir am schnellsten in der Lubjanka, falls wir an den falschen Mann geraten«, brummte der langhaarige junge Mann. »Überlassen Sie die Bestechung mir. Dazu braucht man ein gewisses Fingerspitzengefühl. Die Miliz ist sehr empfindlich, wenn jemand vom ForthRight nach Warschau will.«
»Wollen wir denn in den Warschauer Sektor?«, fragte die Dämonin.
»Gewiss«, antwortete Dabrowski knapp. »Die gesamte Checkya wird im ForthRight nach uns suchen. Warschau ist der einzige Ort weit und breit, an dem wir sicher sind.«
Sicher ?, dachte Trixie. Nach allem, was sie wusste, war das Ghetto nicht gerade ein Ort, den man aufsuchte, um sich »sicher« zu fühlen.
»Befindet sich denn das nächstgelegene Portal in Warschau?«, fragte die Dämonin die Shade.
Woher kannten sich die beiden?
Es war das erste Mal, das Trixie einer Shade so nah war, und es gefiel ihr nicht. Nach allem, was man ihr beigebracht hatte, konnte man Shades nicht über den Weg trauen. Shades waren eine Ausgeburt Liliths.
Die schwarze junge Frau, die Mühe hatte, in den Mantel zu kommen, den der langhaarige Mann ihr überlassen hatte, zuckte nur die Achseln. »In Warschau gibt es kein Portal, Norma …«
Norma? Woher kannte die Shade den menschlichen Namen der Dämonin? Und was war ein Portal?
»Wieso fahren wir denn dann dorthin?«, fuhr die Dämonin sie an. »Seid ihr blöd, oder was?«
Die Shade warf ihr einen finsteren Blick zu. »Okay, Norma, wir sind alle ein bisschen nervös, deshalb will ich dir den kleinen Ausrutscher nicht übel nehmen. Zu deiner Information, das einzige Portal in der ganzen Demi-Monde, das überhaupt noch passierbar ist, liegt in NoirVille, aber im Moment …«
»NoirVille? Dann müssen wir dahin«, erklärte die Dämonin, beugte sich vor und klopfte Dabrowski auf die Schulter. »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihren Fahrer anweisen würden, uns nach NoirVille zu bringen, Hauptmann.«
»Nein«, entgegnete Dabrowski entschieden. »Wir fahren ins Warschauer Ghetto. Ich muss mein Volk vor dem unmittelbar bevorstehenden Überfall der SS warnen.«
»Machen Sie sich doch nicht lächerlich«, schnauzte ihn die Dämonin an. »Das Einzige, was zählt, ist, dass Sie mich nach NoirVille bringen.«
»Wir fahren ins Ghetto«, antwortete Dabrowski in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Es geht um das Leben von drei Millionen Menschen.«
Die Dämonin musterte Dabrowski einen Augenblick, als überlegte sie, ob er es wirklich ernst meinte. »Das ist wirklich
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