Die Mission
überzeugt gewesen, dass es so etwas wie Dämonen gar nicht gab, und jetzt schien sie von diesen verflixten Plagegeistern förmlich umzingelt zu sein.
»Verstehe ich Sie also recht«, meinte ein ebenso irritierter Dabrowski, während sein Blick zwischen der Shade und Norma Williams hin und her schweifte. »… Sie sind beide Dämoninnen.«
»Richtig«, antwortete Norma, »obwohl ich keinen allzu großen Wert auf diesen Titel lege.«
»Was haben Sie dann hier in der Demi-Monde verloren?«
Die beiden Frauen sahen sich an, und schließlich antwortete Norma widerwillig. »Ella ist hier, um mir zu helfen, wieder nach Hause zurückzukehren. Also in die Reale Welt. Und ich wurde von Aleister Crowley und Aaliz Heydrich hergelockt.«
»Warum denn?«, wollte Vanka wissen, offensichtlich immer noch verwirrt von den Enthüllungen seiner Assistentin.
Norma seufzte. »Das ist eine lange und komplizierte Geschichte. Sagen wir so, ich bin die Tochter eines sehr einflussreichen Mannes in der Realen Welt, und Heydrich glaubte, er hätte meinen Vater in der Hand, wenn er mich in die Demi-Monde entführte. Eine stinknormale Erpressung.«
»Also nach dem, was ich heute Nachmittag so mitbekommen habe«, fiel Dabrowski ihr ins Wort, »war die Rede davon, dass die Dämonen unsere Demi-Monde zerstören wollten. Den Stecker rausziehen, wie Miss Williams sich ausdrückte. Heydrich soll Miss Willams als Geisel genommen haben, um genau das zu verhindern.«
Norma schüttelte heftig den Kopf und sah sich inständig um. »Hört mal zu, Leute … das wird nicht passieren. Ich kann garantieren, dass niemand den Stecker rausziehen und diese schöne heile Urlaubswelt zerstören will. In der Realen Welt will niemand der Demi-Monde schaden … oder den Betrieb hier dichtmachen.«
Dabrowski war nicht leicht zu überzeugen. »Ich glaube, dass wir Sie lieber im Auge behalten sollten, bis wir uns von dieser letzten Behauptung selbst überzeugt haben, Miss Williams.«
»Hören Sie … es ist lebenswichtig, dass ich in die Reale Welt zurückkehre. Heydrich will seine Tochter an meiner Stelle in die Reale Welt schicken.«
Jetzt war die Shade schockiert. »Wie bitte? Heydrich will dich in der Realen Welt durch seine Tochter ersetzen? Warum denn?«
Norma lächelte zerknirscht. »Heydrich ist ein schlauer Kerl. Er weiß über seine frühere Existenz in der Realen Welt Bescheid. Er will dorthin zurück, um das zu Ende zu führen, was die Nazis vor achtzig Jahren oder so begonnen haben.«
»Verdammt! Und ich hatte das Gefühl, dass der Mistkerl mich so komisch von der Seite angestarrt hat, als ich heute Abend vor ihm tanzte. Wahrscheinlich hat er mich wiedererkannt.«
Ein oder zwei Minuten lang herrschte Stille im Wagen, während jeder seinen eigenen Gedanken nachhing. Schließlich brach Vanka das Schweigen. »Na schön«, sagte er müde, »ich bin ein bisschen durcheinander, aber trotzdem habe ich den Verdacht, dass wir unser Ziel aus den Augen verlieren. Im Moment ist das Wichtigste, dass uns die Checkya nicht erwischt. Sie können mir gern vorwerfen, dass ich nicht besonders ehrgeizig bin, aber im Augenblick interessiert mich nur eins: Ich möchte Beria nicht die Gelegenheit geben, Hackfleisch aus mir zu machen. Also könnten wir diesen Unfug mit ›Portalen‹ und ›Dupes‹ einstweilen vergessen und uns darauf konzentrieren, wie wir ungeschoren ins Ghetto kommen?«
»Ich muss aber nach NoirVille«, wandte Norma erneut ein.
»Du solltest auf Vanka hören, Norma«, sagte die Shade. »Im Moment haben wir so gut wie keine Aussicht, allein nach NoirVille zu gelangen. Wir haben nur eine Chance zu überleben: wenn wir uns im Warschauer Ghetto verkriechen. Sobald sich die Wogen geglättet haben, können wir versuchen, nach NoirVille zu kommen.«
Norma schien nicht gerade erfreut zu sein, doch ihre Einwände wurden im Keim erstickt, als Wysochi sich umdrehte und an Dabrowski gewandt sagte: »Sieht ganz so aus, als hätte die Checkya etwa eine halbe Meile von hier eine Straßensperre errichtet, Sir. Wir sollten aussteigen und zu Fuß weitergehen.«
Ihre Reise ins Warschauer Ghetto hätte Ella am liebsten vergessen. Es schneite heftig, und ohne Vankas Mantel wäre sie erfroren, noch ehe sie den Rhein erreicht hatten. Die vielen gewagten Täuschungs- und Ablenkungsmanöver, die Vanka für unbedingt nötig hielt, um die Checkya abzuschütteln, als sie London verließen und später durch die Nebenstraßen von Berlin fuhren, waren ermüdend und zehrten an
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