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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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Tonfall und Klang seiner Stimme – ein kleines bisschen zu hoch und etwas zu weiblich für einen Mann seiner Größe, fand sie – verstärkten die Authentizität seiner Maskerade noch, gerade durch ihre Unangemessenheit.
    Sie drehte sich zu dem Professor um. »Wer ist dieser Heydrich? Ist er eine Fiktion?«
    Der Professor drückte auf einen weiteren Knopf seiner Fernbedienung, worauf ein rotes Zeichen über dem Duplikat aufleuchtete: .
    Heydrichs Gestalt erstarrte mitten in der Bewegung.
    Professor Bole schenkte ihr ein schnödes, herablassendes Lächeln. »Und ich dachte immer, der Geschichtsunterricht an britischen Schulen sei miserabel, aber …« Er schüttelte traurig den Kopf. »Wie auch immer. Da tschechische Widerstandskämpfer Reinhard Heydrich im Mai 1942 ermordeten, wurde er in der Öffentlichkeit nie so verachtet und gehasst wie andere Nazigrößen, Hitler, Himmler, Goebbels und Göring, obwohl er meiner bescheidenen Meinung nach der schlimmste und gefährlichste Verbrecher von allen war. Das Individuum, das sich hier in diesem Raum so trefflich vorgestellt hat, ist der Mann, dessen geniales Organisationstalent, übermenschlicher Arbeitseifer und totale Missachtung menschlichen Leids den Siegeszug des Dritten Reiches erst möglich machten. Dieser Mann, der vor Ihnen steht, Miss Thomas, war der Kopf des Holocaust. Er war der Mann, der es den Nazis ermöglichte, sechs Millionen Juden in den Tod zu schicken.« Er lächelte Ella schwach zu. »Sollen wir weitermachen?«
    
    »Meinen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung zum Reichsprotektor, Herr Obergruppenführer«, sagte der Professor in einem geradezu lächerlich wirkenden Plauderton.
    Der Dupe bedankte sich mit einem leichten Nicken.
    »Vielleicht sind Sie so nett und beschreiben uns Ihren Werdegang für unsere kleine Freundin hier. Sie ist eine glühende Verehrerin von Ihnen«, fuhr der Professor fort.
    Der Mann warf Ella mit seinen toten Augen einen Blick zu, dann huschte ein verächtliches Lächeln über seine vollen, fleischigen Lippen. »Ich frage mich nur, warum ich vor einer wie der da über meine Karriere berichten sollte.«
    »Einer wie mir?«, fragte Ella und konnte das Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
    »Einer Schwarzen … einer Negerin … Mitglied einer minderwertigen Rasse.«
    Angesichts der Verachtung in der Stimme des Mannes fuhr Ella zurück. Mit aller Kraft zwang sie sich, daran zu denken, dass dieser Heydrich nur eine digitale Phantasie war, und versuchte, ihre Wut darüber zu verbergen, was der Dreckskerl gerade gesagt hatte. Sie holte tief Luft und setzte die Unterhaltung so gefasst wie möglich fort.
    »Ich bin Schulsprecherin meiner Schule. Meine Abschlussprüfungen waren so gut, dass ich zu den besten Absolventen der USA gehöre. Nach der Schule möchte ich Gentechnik studieren. Außerdem bin ich eine erfahrene Musikerin. Das dürfte wohl reichen, um Ihre Äußerung von der minderwertigen Rasse zu widerlegen.«
    Heydrich zog ein silbernes Zigarettenetui aus der Jackentasche und vollführte mit irritierender Bedächtigkeit die Pantomime des Aussuchens und Anzündens einer Zigarette. Dann nahm er einen kräftigen Zug und stieß den Rauch aus. Eine Wolke perfekt imitierten virtuellen Rauchs kräuselte sich zur Decke hoch. Eine übel riechende Dampfschwade, aschfahl und gefiedert, legte sich um seinen Kopf wie ein teuflischer Heiligenschein. »Dass Sie in der Lage sind, Dinge auswendig zu lernen, ist nur ein Beweis für die Minderwertigkeit Ihrer Rasse. Sie sind die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Im Übrigen habe ich schon Schimpansen im Zirkus auftreten sehen. Selbst Affen können durch sorgfältiges Training lernen, bestimmte Tricks überraschend gut aufzuführen.« Er schnaubte verächtlich. »Vielleicht sind Sie auch bloß ein gut trainierter Affe.«
    Wäre der Kerl echt gewesen, hätte Ella es ihm gezeigt. Aber das war er nicht: Er war nur ein Duplikat, das den Mund zu voll nahm und den Schwachsinn nachplapperte, den ein Rassist vor achtzig Jahren von sich gegeben hatte.
    Bleib cool, Ella. Versuch dich in die Mentalität dieses Arschs zu versetzen. Spiel die Psychologin .
    »Wenn ich richtig verstanden habe, sind Sie Offizier, Herr Heydrich. Dann gehört es doch bestimmt zu Ihren Pflichten, den Schwachen zur Seite zu stehen, oder? Und wenn Sie mich als Afroamerikanerin verachten, so könnten Sie mir vielleicht als Frau … als Vertreterin des schwachen Geschlechts helfen?«
    Bei diesem letzten Satz

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