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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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Juden sein wird.«
    »Sie waren der Typ, der die Vernichtung der Juden organisiert hat?«, fragte Ella ungläubig und erstaunt zugleich von der Beiläufigkeit, mit der Heydrich über seine Beteiligung am Holocaust sprach.
    »Nein. Ich bin dabei, ihren Abtransport in den Osten zu organisieren, wo sie zum Sieg des Deutschen Reichs beitragen werden, indem sie Straßen bauen und Schienenverbindungen legen. Die Arbeit wird … hart sein, und sicher werden dabei auch viele umkommen, aber ich habe nicht vor, sie zu ›vernichten‹, wie Sie es eben so grausam ausdrückten. Die Kosten für Munition wären viel zu hoch, wenn man … wie viele? … zehn Millionen Menschen umbringen wollte. Meiner Meinung nach sollte man diese Kugeln besser dazu verwenden, Russen und andere Feinde des Reiches zu töten, statt sie an den jüdischen Abschaum zu verschwenden.«
    
    »Sie müssen sich vergegenwärtigen, dass der Heydrich, mit dem Sie gerade sprechen, der vom Februar 1942 ist, Miss Thomas. Er hat keine Ahnung, wie der weitere Verlauf des Krieges aussehen wird. Im Augenblick herrscht bei den Nazis noch eitel Sonnenschein. Man hat die Rote Armee zurückgedrängt, und es scheint ganz so, als könnte man die Sowjetunion genauso leicht überrollen wie das übrige Europa. Die ›Endlösung‹ für das Judenproblem, wie Heydrich sie versteht, besteht bislang noch aus dem Abtransport aller Juden in den Osten, wo sie sich zu Tode schuften sollen, indem sie in Weißrussland und in der Ukraine einen deutschen Garten Eden schaffen. Die Massenvernichtung der Juden in Gaskammern war zu dem Zeitpunkt noch keine offizielle Nazipolitik, auch wenn Heydrich in Polen und in der Tschechoslowakei bereits Gaskammern hatte bauen lassen. So gesehen hatte er den Holocaust bereits eingeleitet.«
    
    »Es wird eine bemerkenswerte logistische Herausforderung sein, zehn Millionen Juden in den Osten zu verfrachten«, fuhr Heydrich fort, der offensichtlich nicht mitbekommen hatte, dass man ihn unterbrochen hatte, » sie unterzubringen und zu ernähren … nun ja, mehr schlecht als recht vermutlich. Aber zumindest werden sie so einen gewissen Wert für das Reich haben, statt nur Kosten zu verursachen. Das ist der Vorschlag, den ich vor einem Monat bei der Wannsee-Konferenz gemacht habe und der dort angenommen wurde. In zwei Jahren haben wir eine judenfreie Welt. Zehn Millionen Menschen werden aus dem Reich verbannt und irgendwo angesiedelt, wo sie uns von Nutzen sein können, statt uns nur auf der Tasche zu liegen.« Heydrich lächelte leicht. »Eine judenfreie Welt, ja, das wird mein größtes Verdienst sein.«
    Ella schüttelte den Kopf. »Haben Sie keine schlaflosen Nächte, wenn Sie der Vernichtung von Millionen Menschenleben Vorschub leisten? Halten Sie denn niemals inne und fragen sich, ob das, was Sie tun, richtig ist?«
    Heydrich sah Ella eindringlich an, als hätte er Schwierigkeiten, ihre Frage zu verstehen, als könnte er ihre Hartnäckigkeit nicht begreifen. Plötzlich fing er an zu lachen. Es war ein unnatürlich schrilles Lachen, das Ella an das Meckern einer Ziege erinnerte. »Richtig? Moral ist veränderlich, biegsam. Es kommt nicht darauf an, ob etwas richtig ist, Miss Thomas. Das Einzige, was zählt, ist der Sieg. Der Sieg rechtfertigt alles. Der Erfolg ist das einzige Kriterium, nach dem wir beurteilen, was richtig und was falsch ist.«
    »Das, was Sie tun, ist barbarisch … unzivilisiert.«
    Heydrich zog lässig die Schultern hoch. »Wie der Führer einmal sagte: ›Warum soll der Mensch weniger barbarisch sein als die Natur?‹ Sie nennen mich unzivilisiert, dabei ist das wichtigste Merkmal zivilisierten Verhaltens die Grausamkeit. Lassen wir die Geschichte über mich urteilen«, er lachte höhnisch, »und da ich derjenige bin, der Geschichte schreibt, bin ich zuversichtlich, dass ich Bestnoten erhalten werde.«
    
    »Haben Sie genug gesehen und gehört?«, fragte Professor Bole leise.
    »Mehr als genug. Es ist beängstigend.« Ella spürte eine Leere im Innern … einen Schwindel. O ja, sie hatte schon mehrmals mit Rassisten und Rednecks zu tun gehabt, aber deren Abscheu war Pipikram gewesen im Vergleich mit dem, was sie soeben gehört hatte. Dieser Mann – dieses Ungeheuer – hasste diejenigen, die er für rassisch minderwertig hielt, nicht nur, er wollte sie vernichten.
    
    Heydrichs Bild begann zu flackern und erlosch.
    Ella zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das war

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