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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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zu zwängen, ohne dass die makellose Bügelfalte seiner Hose Schaden nahm, wandte er sich Ella zu.
    »Vermutlich hat der General Ihnen bereits erklärt, dass die Simulation Demi-Monde entwickelt wurde, um Chaos und Anarchie in einem Umfeld asymmetrischer Kriegsführung nachzubilden, Miss Thomas. Die Demonstration, die Sie gleich sehen werden, soll Sie über zwei Dinge in Kenntnis setzen. Das erste und offensichtlichste wird Sie, so hoffe ich, vom Realismus der Dupes überzeugen, die die Demi-Monde bevölkern. Dieser Realismus ist derart überwältigend, dass Sie den Unterschied zum wirklichen Leben kaum bemerken dürften.«
    Bla bla bla.
    Ellas Gesicht war ausdruckslos. Sie würde es erst glauben, wenn sie sich selbst davon überzeugt hätte. Bislang jedenfalls hielt sie es für unmöglich, dass man diese Computerduplikate nicht von echten Menschen unterscheiden können solle.
    »Und zweitens«, fuhr der Professor fort, »das, was meiner Meinung nach Demi-Monde so erfolgreich macht, nämlich dass die Simulation jenen Menschentypus enthält, der in asymmetrischen Kriegssituationen Führungspositionen übernimmt. Die Anführer in der Demi-Monde sind historischen Persönlichkeiten nachempfunden, die wegen ihrer außerordentlichen Brutalität und Unmenschlichkeit Berühmtheit erlangten. Wir haben ihre abnormen Persönlichkeiten mit Hilfe modernster Technologie zur Entschlüsselung des menschlichen Erbguts modelliert. Und als Folge sehen, denken und handeln diese VorGelebten Duplikate haargenau wie die Originale, die vor ihnen existierten. Ich sage all das nicht, um Ihnen Angst zu machen, sondern um Sie vorzubereiten.«
    Dann drückte der Professor auf eine Taste der Fernbedienung, die er in der Hand hielt. »Ich werde den Raum ein wenig abdunkeln, Miss Thomas, und dann wird unser Gast hoffentlich die Güte haben, sich uns zu zeigen.«
    Noch ehe es völlig dunkel im Raum geworden war, tauchte aus der rechten Wand ein Mann in tadellos sitzender schwarzer Uniform auf, wie sie die nationalsozialistischen SS -Offiziere getragen hatten. Die polierten Reitstiefel, der Ledergürtel und sein Pistolenhalfter glänzten, und der silberne Totenkopf auf der Vorderseite seiner Mütze funkelte im schwachen fluoreszierenden Licht der Lampe. Dieser Kerl war ein Dupe, daran hatte Ella keinen Zweifel – kein menschliches Wesen konnte durch eine Stahlwand hindurchgehen –, aber …
    Aber was alle anderen Aspekte betraf, war der Mann, der hinter dem Rednerpult stehen blieb, die vollkommene Nachbildung eines echten, lebenden und atmenden Menschen. Ella starrte ihn an und war von der Art, wie der Körper dieses Wesens – der Körper des Duplikats – Licht und Schatten wiedergab, eingeschüchtert. Genau wie ein Mensch aus Fleisch und Blut. Es war ein erstaunlicher, ja beunruhigender Beweis für die Leistungsfähigkeit von Computern. Eine dermaßen echt wirkende Vorstellung, wie Ella sie nie für möglich gehalten hätte. Man konnte diesen Dupe von einem echten Menschen einfach nicht unterscheiden.
    »Hätten Sie die Güte, sich vorzustellen?«, bat Captain Sanderson ruhig.
    Der Dupe wandte dem Captain die hellen, eng beieinanderstehenden Augen zu und schenkte ihm das kälteste und arroganteste Lächeln, das Ella jemals gesehen hatte. Es war, als saugte er mit dem Lächeln alle Wärme und Menschlichkeit aus dem Raum in sich auf. Ella lief es eiskalt über den Rücken. Dieser Mann, der vor ihr stand, war die Personifizierung des Bösen.
    »Wie Sie wünschen.« Der Mann schlug laut die Hacken zusammen und verbeugte sich leicht. Danach nahm er seine Schirmmütze vom Kopf ab, legte sie vorsichtig auf die linke Seite des Rednerpults und strich sich langsam und bedächtig mit der Hand über das glatte blonde Haar. Er sieht nicht besonders gut aus, dachte Ella, aber er fiel auf, was an der Hakennase und dem langen schmalen Gesicht lag. Am schlimmsten fand sie seine eiskalten Augen, die sie nicht anschauten, sondern direkt in sie hineinsahen.
    »Mein Name ist Reinhard Tristan Eugen Heydrich, SS -Obergruppenführer, Leiter des Reichssicherheitshauptamtes, der zentralen Behörde aller Sicherheitsämter des Reiches und Stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren.«
    O Gott.
    Vor lauter Staunen bekam Ella den Mund nicht mehr zu. Die Nuancen seiner Sprache waren so verblüffend korrekt, dass sie Mühe hatte, sich daran zu erinnern, dass der Mensch, der nicht einmal zwei Meter von ihr entfernt am Pult stand, bloß eine Computersimulation war.

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