Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)
erzählt eine Geschichte vom Angeln und davon, dass ein freundlicher schwuler Mann sich aufhängte, weil er nicht in der Lage war, seinen maskulinen Dienst zu versehen.
Schließlich landet Thomas in Mikes Wohnung, aus der Marita ausgezogen ist und genug Raum bietet für zwei besoffene Männer, die müde sind.
17
Otto Jäckel hat Rückenschmerzen. Das Alter, resümiert er lustlos.
Nun ist er arbeitslos, bezahlt seiner Geliebten eine teure Wohnung und Gina will sich von ihm trennen. Sie ist auf Geschäftsreise und Otto ist alleine in dem großen Haus, das von Ginas Boutiquen bezahlt wird. Niemand soll wissen, dass er arbeitslos ist. Ob Gina, als sie in Bergborn waren, jemandem davon erzählt hat, weiß Otto nicht.
Er wird Tom helfen. Der Junge hat ihn angerufen und er wäre nicht Otto Jäckel, hätte er seinen Neffen nicht sofort nach Berlin eingeladen. Er hatte Tom vorgemacht, einen wichtigen Arbeitstag zu haben, aber heute habe er Zeit für ihn. Er hatte auf den Jungen gewartet, ein Zimmer für ihn gerichtet und Bier, aber Lottes Sohn war nicht aufgetaucht. Vielleicht war er einen Tag später gefahren.
Otto zieht seinen besten Anzug an, bindet die Krawatte korrekt und frisiert sein schütteres Haar streng nach hinten. Er putzt die schwere Brille und blinzelt sich im Spiegel an. Er kann sich noch immer sehen lassen, auch wenn er an Gewicht zugelegt hat. Zumindest seine Potenz hat noch nicht darunter gelitten, was man von seinem Geldbeutel nicht behaupten kann.
Er gießt sich einen Weinbrand ein und nippt am Glas, während er sich in den Sessel setzt, von dem aus man einen wunderbaren Blick in den Garten hat.
Er erinnert sich, wie alles gekommen war.
Eigentlich hatte das Unglück begonnen, nachdem er Frank das Geld, mit dem er spekulierte, zurückgegeben hatte. Frank hatte über seine Erlebnisse in Kambodscha erzählt und am nächsten Tag waren sie mit Ottilie zurück nach Bergborn gefahren.
Danach wurde alles anders.
Gina behandelte ihn noch distanzierter als sonst. Sie liebte Ottilie und kam nicht darüber hinweg, dass die Willes ihre Tochter wieder zu sich genommen hatten. Und sie kam nicht darüber hinweg, dass Otto versucht hatte, seine Schwester zu betrügen. Das war ihr nicht zu verdenken, denn wenn Otto heute daran dachte, erkannte er sich kaum wieder. Liebe Güte, er war ehrgeizig gewesen und hatte tatsächlich eine Karriere in der Versicherungsbranche gemacht, die sich sehen lassen konnte.
»Du gehst über Leichen«, hatte Gina gesagt.
Otto hatte geschwiegen und stets, wenn sie ihn beleidigte, schwieg er, denn er hatte ihr nichts entgegenzusetzen. Sein Betrug war eine einmalige Sache gewesen, diente Gina jedoch über Jahre hinweg als Waffe, wenn sie seiner überdrüssig war.
»Dir kann man sowieso nicht trauen, Otto!«
Unwichtig, was Otto versuchte, wie sehr er sie beschenkte, verwöhnte und um ihre Liebe buhlte, bediente sie sich an seiner Liebe, bis sie satt war, um ihn schließlich darauf hinzuweisen, er habe sowieso einen schlechten Charakter und solle den Ball ganz flach halten.
Er büßte hart für seinen Fehler.
Nie hätte Otto damit gerechnet, dass sie sich wie ein eifersüchtiger Teenager aufführte, als sie von Giselle und der kleinen Wohnung erfuhr, die er seiner Geliebten bezahlte. Im Gegenteil hatte er angenommen, sie sei erleichtert, denn eine intime Beziehung führten sie seit Jahren nicht mehr und auch sonst verband sie wenig.
Doch Gina wäre nicht sie gewesen, hätte sie nicht ein filmreifes Theaterstück daraus gemacht, mit großen Gesten und schrillen Redefiguren. Und plötzlich war das Wort Scheidung gefallen.
Otto wartete täglich auf den Brief von Ginas Anwalt.
Zu allem Überfluss hatte er die Versicherungsgesellschaft um knapp hunderttausend Mark geprellt, was nie bewiesen werden konnte, aber so dezidiert vermutet wurde, dass man ihm unter fadenscheinigen Gründen, selbstverständlich mit einer ordentlichen Abfindung, kündigte.
Otto hatte sich mit einem Kunden angefreundet. Eines Tages, es ging um eine Lebensversicherung, besuchte Otto den humpelnden Freund. Der Mann war auf einem Tennisball ausgerutscht und hatte sich den Knöchel gezerrt. Sofort reagierte Otto und legte die Lebensversicherung ad acta. Ein wahrer Freund lässt den anderen nicht im Strich.
» Warst du beim Arzt?«, fragte Otto.
» Noch nicht.«
» Gut so. Warte noch ein paar Tage damit.«
Otto verkaufte dem Kunden eine Berufsunfähigkeitsversicherung erster Güte und gab ihm Ratschläge,
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