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Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Titel: Die Mitte des Weges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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seiner Stube bleiben, während die gehobenen Dienstgrade mit den Wagen der Essensausgabe durch die Flure fahren und die Soldaten bedienen. Es wird kannenweise heißer Kakao, Kaffee und Milch ausgeschenkt, außerdem Gebäck.
    Thomas und Lars starren sich entgeistert an, als sich die Tür öffnet und Feldwebel Ditschig einen Wagen hereinschiebt und fragt: »Wer möchte Kakao?«
    Das ist so bizarr, dass zuerst niemand etwas sagt, dann jedoch lachen sie erlöst und lassen sich einschenken. Ditschig sieht niemanden an, seine Wangenmuskeln zucken und seine Hände zittern. Aus welchem Grund auch immer, scheint das Thema der letzten Nacht ad acta gelegt zu sein. Soeben will Thomas seinen Becher entgegennehmen, als Ditschig ihn anfunkelt.
    Leise, fast unhörbar sagt er: »Sie kommen heute um siebzehn Uhr in den Geräteschuppen. Wir haben miteinander zu reden. Und Sie kommen alleine. Haben Sie das verstanden?«
    Thomas nickt.
    »Gut.« Ditschig sieht sich um. »Wer möchte noch etwas?«
     
     
    Der Geräteschuppen ist ein alter Bau aus Ziegelstein, in dem man Paddel und andere Utensilien aufbewahrt, die für die vielen Schlauchboote gebraucht werden. Da es einen solchen Schuppen auch direkt am Elbanleger gibt, werden diese Dinge kaum genutzt und gelten als vergessener Ersatz.
    Thomas wundert sich, dass sich die Tür öffnen lässt. Also ist Ditschig schon vor der Zeit da. Neonlicht flackert. Von draußen sieht man nichts, da der Schuppen fensterlos ist.
    » Schließen Sie die Tür«, sagt Ditschig, der sich irgendwo im Schuppen befindet.
    Thomas versucht zu sehen, woher die Stimme kommt. Er braucht nicht lange zu suchen, denn der kleine Feldwebel tritt ins Licht. Seine Gesichtshaut wirkt käsig und ungesund, seine Augen hinter der Hornbrille viel zu groß.
    »Und jetzt?«, fragt Thomas flapsig. »Erschießen Sie mich?«
    » Wenn Sie das annehmen würden, wären Sie wohl kaum zu unserer kleinen Verabredung gekommen, nicht wahr?«
    Das stimmt. Mit so etwas rechnet T homas tatsächlich nicht. Liebe Güte, er traut es dem Mann ganz einfach nicht zu. Außerdem ist das hier kein Film, sondern Realität.
    » Ich möchte Ihnen etwas sagen, Wille. Nur Ihnen und unter vier Augen.«
    Thomas dreht sich einen Schwarzen Krauser, leckt über das Papier, verklebt es und sagt: »Legen Sie los, Ditschig.«
    Es scheint, als nehme der Feldwebel diese Disziplinlosigkeit nicht wahr. Stattdessen senkt sich seine Stimme und nimmt einen traurigen Unterton an.
    »Wissen sie eigentlich, wer Sie sind, Wille?«
    Thomas will etwas sagen, aber Ditschig winkt ab. »Ersparen sie mir Ihre geschliffene Rhetorik. Das ist auch nur ein Knüppel, mit dem man um sich schlägt und die blauen Flecken sieht man nur auf der Seele. Nein, Sie wissen nicht, wer Sie sind. Aber ich weiß es und es wäre schön, wenn sie mir aufmerksam zuhören.«
    » Okay«, nickt Thomas und spuckt Tabak aus, der auf seiner Unterlippe kleben geblieben ist. Er hat sowieso Langeweile und findet das alles spannend.
    » Was hat man Ihnen angetan, dass Sie über andere Menschen hinwegtrampeln? Sehen Sie sich an, Wille. Sie sind ein stattlicher Mann. Einer, dem man hinterher schaut. Doch niemand sieht, was Sie wirklich sind. In ihnen ruhen Verärgerung und Unbedacht. Sie wirken wie ein aufsässiger Sohn, der allen Vätern der Welt beweisen will, wie unnütz sie sind. Sie denken zuerst an sich und vielleicht ... aber nur vielleicht, auch an andere Menschen. Sie könnten den Zorn des Achilles in sich tragen, doch dieser hatte einen Grund, dem Krieg des Agamemnon fernzubleiben. Und dieser Grund war ehrenhaft und eine ernste Entscheidung. Doch was ist an Ihrer großen Klappe ehrenhaft? Sie haben nur Zorn des Zornes willens.« Ditschig rückt seine Brille zurecht. »Sie sind so, wie ich sein sollte.«
    Thomas kneift die Augen zusammen und zieht an der Zigarette.
    »Ja, Wille. Sie haben richtig gehört. Ich bin klein gewachsen und wurde deshalb als Kind gequält. Ich bin Brillenträger und wurde verprügelt.«
    Na und?, will Thomas einwerfen. Ich war groß und dünn und wurde als Kind gequält. Auch ich bin Brillenträger und wurde deshalb verprügelt! Pah, was bedeutet das schon?
    »Mein Vater ist ein Dreckschwein und meine Mutter eine Närrin. Große Menschen blicken auf mich hinab und für mich gibt es nur zwei Möglichkeiten. Ich erringe einen militärischen Dienstgrad oder ich werde ein Film- oder Bühnenstar. Und doch trage ich keinen Zorn in mir und habe mein Schicksal angenommen. Ich klage

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