Die Mitternachtsprinzessin
dunklen Nacht sich mehr nach menschlicher Gesellschaft, als einer von ihnen zuzugeben bereit war.
Er hängte den großen Löffel zurück an den Haken und holte aus einem Nebenraum einen Kerzenleuchter, damit sie beim Essen mehr Licht hatten. Er stellte ihn mitten auf den Tisch, aber als er sich umdrehte, wären sie beinahe zusammengeprallt, denn hinter ihm brachte Sophia das Salz.
Sie lächelten einander ein wenig scheu zu und gingen umeinander herum. Sophia versuchte, ihn nicht anzustarren, aber sie erschauerte, als Gabriel sie im Vorübergehen streifte.
Als sie in die alte Speisekammer trat, wo es dunkel und feucht war und die Luft kühl von einer darunterliegenden Wasserquelle, ging er zum Herd und kam danach mit einem langen Zündholz wieder zurück zum Tisch, um die Kerzen auf dem Leuchter zu entzünden. Sophia nahm die kleine Keramikschale mit frischer Butter vom Regal, und zum Schluss nahm sie den Korb mit den Weizenbrötchen aus dem Schrank. Als sie alles auf den Tisch gestellt hatte, lächelte Gabriel ihr zu.
„Ich denke, jetzt sind wir fertig.“ Er rückte für sie einen der einfachen Holzstühle zurecht, ganz der Gentleman.
Sie nickte, lächelte ihm zu und ließ sich auf dem Stuhl nieder. Er wandte sich von ihr ab und kehrte zum Herd zurück. Seine Nähe ließ ihr Herz schneller schlagen. Sophia beobachtete ihn, als er die Schüssel mit dem Ragout vor sie hinstellte. Diese einfache Bewegung schien ihr das bemerkenswerteste Schauspiel der Welt zu sein. Sie nickte zum Dank. Jetzt näherte er sich erneut der Feuerstelle und füllte eine zweite Schüssel für sich selbst.
Als er damit zurückkam, setzte Gabriel sich, dann hielt er inne und zog eine Braue hoch. „Hm, etwas fehlt.“
Er ging hinüber zu der Anrichte und holte vom obersten Regalbrett eine Flasche Wein.
Es dauerte nicht lange, dann hatte er ihnen beiden eingeschenkt. Einen Moment lang sahen sie einander an, als er ihr endlich gegenübersaß - vorsichtig, forschend. Schließlich hob er sein Glas und prostete ihr wortlos zu.
Sie lächelte, errötete ein wenig. Aus irgendeinem Grund wirkte die stumme Geste dieses kampferprobten Soldaten bedeutungsvoller als die geschickten Schmeicheleien von hundert Höflingen.
Sie nahm ebenfalls ihr Glas in die Hand und schlug damit sanft gegen seines. Ein weiteres Mal sagte sie: „Danke.“ Diesmal flüsterte sie.
„Ich danke Ihnen“, entgegnete er.
„Wofür? Weil ich den Tisch gedeckt habe?“
„Weil Sie einem dummen Mann eine zweite Chance geben.“
Sie lachte leise. „Prost!“
Er lächelte spöttisch, trank einen Schluck von dem weißen Wein und begann zu essen.
Sophia hielt das Weinglas noch in der Hand, als sie Gabriel dabei zusah, wie er das Ragout kostete. Seit ihr Vater vergiftet worden war, hatte ihre Mutter, Königin Theodora, ihr und ihren Brüdern befohlen, alle Speisen von den königlichen Vorkostern probieren zu lassen, ehe sie davon aßen. Ohne darüber nachzudenken, wartete Sophia ab und beobachtete ihn weiterhin.
„Was ist? Fangen Sie an!“ Gabriel drängte sie lächelnd, von der Speise zu kosten, nachdem er ihr Zögern bemerkt hatte. „Ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie wären hungrig.“
Überrascht blinzelte sie und bemerkte erst in diesem Moment, dass sie nur aus reiner Gewohnheit gehandelt hatte. Sie musste über sich selbst lachen, nahm den Löffel in die Hand und begann zu essen. Schließlich machte niemand sich die Mühe, einfache Landmädchen zu vergiften.
„Köstlich“, bemerkte Gabriel.
Sophia sah ihn an und freute sich, dass er das Essen genoss, bei dessen Zubereitung sie geholfen hatte. Noch nie zuvor hatte sie für jemanden gekocht.
Während sie ihn beobachtete, begann sie sich zu fragen, ob ihre Rolle als Prinzessin sie nicht mehr von den einfachen Freuden des Lebens trennte, als es ihr bisher bewusst gewesen war.
Wenn sie an all die Vorsichtsmaßnahmen dachte, die sie auf sich nehmen musste -Vorkoster, Leibwächter, Doppelgänger -, konnte sie seinen Wunsch verstehen, nur ein einfacher Mann zu sein.
An diesem Punkt fühlte sie mit ihm, und das machte es schwer für sie, ihm die Fragen zu seiner militärischen Laufbahn zu stellen, die ihr im Kopf herumgingen, seit sie seinen Reisekoffer gefunden hatte. Vorhin hatte er ihr zwar gesagt, dass sie jedwede Erkundigung über ihn einholen dürfte, wenn sie mit zurückkam. Aber gerade jetzt war es einfach nur schön, dieses Essen in freundschaftlichem Schweigen miteinander zu teilen.
Ihr war gar nicht
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