Die Mitternachtsprinzessin
je. Er hatte ihr Vertrauen gewonnen, aber es ging nicht einzig nur darum, dass sie geschützt war.
Jetzt musste sie ihn beschützen.
Sie wusste genug über Gabriel Knight, um zu erkennen, dass seine Ehre ihn dazu bringen würde, sich einzumischen, wenn sie ihm ihre Situation erklärte, und sie gelobte sich von ganzem Herzen, dass sie ihn nicht in den Alptraum hineinziehen würde, dem ihre Familie bislang ausgesetzt war.
Es schmerzte sie, daran zu denken, was er alles erlitten, wie er beinahe sein Leben für das seines Bruders gegeben hatte. Dieser Krieger hatte die Waffen gestreckt, und sie respektierte sein Verhalten.
Selbst für ihr Volk und die damit verbundenen eigenen drängenden Ziele wollte sie sich nicht dazu bringen lassen, das Recht dieses Mannes auf Frieden und Heilung einzuschränken. Es war nicht nötig, ihn in diese Geschichte mit hineinzuziehen und ihn noch weiteren Gefahren, noch weiterer Gewalt auszusetzen - ganz zu schweigen davon, dass er sich freiwillig als Zielscheibe hergeben müsste für die gesichtslosen Feinde, die es nach ihrem Blut dürstete.
Nein, so gern sie ihm auch die Wahrheit gesagt hätte, ihre Identität musste geheim bleiben.
Sie hatte ihn schon genügend gefährdet, indem sie sich hier auf dem Bauernhof versteckte.
Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, das Vertrauen in ihre griechischen Wachen zu verlieren. Draußen war sie schwach geworden, hätte sich beinahe von ihrer Angst überwältigen lassen, doch nun, da ihr Mut angesichts eines sicheren Quartiers wiedergekehrt war, wollte sie die Hoffnung nicht aufgeben.
Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, bis ihre Männer kamen, um sie zu holen, damit sie ihren Auftrag erledigen konnte. Sie musste ihnen nur noch ein wenig Zeit geben, sie zu finden.
Wenn weitere vierundzwanzig Stunden vergingen, ohne dass sie ein Zeichen von ihnen erhielt, dann würde sie vielleicht erwägen, Gabriel zu bitten, ihr dabei zu helfen, das Schloss zu erreichen.
Aber nur als letzte Möglichkeit. Sie schwor sich, ihn nur; in ihre Probleme hineinzuziehen, wenn ihr keine andere Wahl blieb.
Sie erinnerte sich daran, dass sie keinesfalls eine Jungfer in Not war. Mit einigen Stunden Schlaf, ein paar Verbesserungen an ihrer Kleidung, neuen Vorräten in ihrem Rucksack und Waffen, die sie in Gabriels Reisekoffer gesehen hatte, konnte sie jederzeit das Pferd wieder einfangen und allein zum Schloss reiten.
In diesem Moment klopfte es zögernd an der Tür.
„Sophia?“
Gabriel.
Als sie seine tiefe, seidige Stimme hörte, hob sie den Kopf. Seine Anwesenheit ließ sie lächeln. Ungewohntes Verlangen nach noch größerer Nähe zu ihm durchzuckte sie.
„Ja, Major - was ist?“
„Ich ... äh ... habe Ihr Schlafzimmer vorbereitet und etwas für Sie zum Anziehen gefunden.“
„Das war sehr zuvorkommend von Ihnen.“ Er muss wissen, dass ich ihn begehre, dachte sie.
Was hatte dieser Mann nur an sich, dass es sie so sehr verlockte?
Beim Essen war es ihr schon schwergefallen, zu verstecken, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Er musste es spüren, es in ihren Augen sehen.
Ein Teil von ihr wollte, dass er es sah.
Gabriel, der noch immer auf der anderen Seite der Tür stand, räusperte sich, als könnte er ihre Gedanken hören. „Ich habe für Sie eines meiner Hemden herausgesucht, und auch einen Hausmantel, wenn sie das wollen. Beides hänge ich für Sie an die Tür, ja?“
Sophia setzte sich in dem Zuber auf: „Würde es Ihnen etwas ausmachen, die Sachen hereinzubringen?“
Einen Moment lang war nichts zu hören.
Sie saß reglos da, selbst erschrocken über ihre skandalöse Aufforderung. Es hörte sich an, als hätte sie auch ihn damit erschreckt.
Aber warum sollten sie die gegenseitige Anziehung leugnen? Wem machten sie etwas vor? Er begehrte sie, sie begehrte ihn, und dies war vielleicht ihre einzige Chance, ehe ihre Leibwachen zurückkehrten. Eine kostbare Nacht, um die Last ihrer königlichen Rolle abzuschütteln und die Freuden zu entdecken, die andere Frauen kannten.
Ja, in einem impulsiven Augenblick entschied Sophia, die Hand nach ihm auszustrecken, ihre ersten sinnlichen Erfahrungen mit diesem Mann zu machen. Wenn die alten Schwierigkeiten mit ihrer Familie zurückkehrten, dann waren ihre Tage auf Erden vermutlich gezählt. Es wäre zu ungerecht, ins Grab zu steigen, ohne je die süßen Liebkosungen eines kundigen Liebhabers erfahren zu haben. Gabriel Knight war schön an Körper und an Seele, sein Verlangen nach ihr, sein
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