Die Mitternachtsrose
freut mich für Sie, Lady Selina. «
» Bitte sag doch einfach Selina zu mir; wir sind ja praktisch verwandt. « Sie lächelte. » Jedenfalls bin ich sehr verliebt in Henri. Wir wollen so schnell wie möglich heiraten, egal, was Mutter davon hält. Ich hoffe, er gefällt dir. Manchmal habe ich ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil ich für Eleanors armen toten Vater nie so viel empfunden habe wie für Henri. «
» Wir können uns nicht aussuchen, in wen wir uns verlieben. «
» Nein, wahrscheinlich nicht. Hugo war ein guter Mann, gesellschaftlich gesehen genau der Richtige für mich, wie Mutter immer sagte, aber er hat nie mein Herz erobert. «
» Willst du hier in London bleiben oder nach Frankreich gehen? «
» Wohl beides. Henri besitzt ein Château in Südfrankreich, das offenbar sehr schön ist, aber er mag London auch. «
In dem Moment betrat Donald den Raum. Obwohl er müde wirkte, begannen seine Augen zu leuchten, als sein Blick auf mich fiel. Er wollte sofort zu mir gehen, doch weil seine Schwester mir gegenübersaß, hielt er sich zurück.
» Selina, du bist schön wie immer « , stellte er fest. » Und, Anni, wie geht es dir? « Er nahm meine Hand und küsste sie. Sein Blick drückte all das aus, was sein Körper nicht sagen durfte.
» Gut, danke, Donald « , antwortete ich förmlich, aber mit einem kurzen Augenzwinkern.
Ich merkte, dass Selina uns fasziniert beobachtete, doch es blieb ihr keine Zeit mehr, uns Fragen zu stellen, da sich die Tür zum Salon erneut öffnete und das Dienstmädchen einen klein gewachsenen Mann mit Schnurrbart und langer Künstlermähne hereinführte.
» Hallo, Henri. « Selina begrüßte ihn ebenso förmlich wie ich zuvor Donald. » Darf ich dir meinen Bruder Lord Donald Astbury vorstellen und unsere Freundin, Miss Anahita Chavan? «
» Enchanté, Mademoiselle « , sagte der Graf, als er mir die Hand küsste.
» Wer möchte was trinken? « , fragte Selina.
Der Wein zum Essen lockerte unsere Zungen, und wir begannen, über Selinas und Henris Zukunftspläne zu sprechen.
Einmal beugte Henri sich zu mir herüber und flüsterte: » Ist ihre Mutter wirklich so schlimm, wie Selina sagt? «
» Leider ja. Und sie mag keine Ausländer. «
Wir mussten über die absurde Situation lachen, in der wir uns alle befanden. Während Donalds Hand unter dem Tisch zu meinem Knie wanderte, erzählte Henri weiter.
» In den nächsten zwei Wochen will ich mit Selina nach Devon fahren, um bei Madame le dragon um die Hand ihrer Tochter anzuhalten. Wird sie mich bei lebendigem Leib verschlingen? «
» Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Sie bei dem Abenteuer einen oder zwei Finger verlieren. Mehr vermutlich nicht, denn Franzosen schmecken ihr nicht. «
Nach dem Essen blieben Donald und Henri den Sitten der Zeit gemäß zu Brandy und Zigarren am Tisch sitzen, während Selina und ich in den Salon wechselten.
» Ist Henri nicht wunderbar? « , fragte sie, als sie sich zufrieden in den Sessel am Kamin sinken ließ.
» Ich finde ihn sehr sympathisch und glaube, dass er dir ein guter Ehemann wird. «
» Donald verehrt dich genauso wie Henri mich. Vielleicht sollten wir Doppelhochzeit feiern « , schlug sie kichernd vor.
» Selina, deine Voraussetzungen unterscheiden sich sehr von denen Donalds«, erwiderte ich ernst. »Er ist der Erbe von Astbury und wird, wie er mir einmal gesagt hat, eine Frau heiraten müssen, die ihm helfen kann, das Anwesen zu retten. Du weißt selbst, wie renovierungsbedürftig es ist. «
» Ich kenne mich mit Geld nicht aus. «
» Donald hat mir gestanden, dass es sehr schlecht um die Finanzen der Familie bestellt ist. «
» Aber er braucht eine starke Person wie dich, die ihn dabei unterstützt, Astbury auf Vordermann zu bringen « , entgegnete Selina.
» Leider wissen wir beide, dass deine Mutter das anders sehen wird. «
» Liebst du ihn, Anni? «
» Mehr als alles auf der Welt. Doch ich will ihm nicht die Zukunft verbauen, Selina. Ich habe keinerlei Mitgift, und gemischtrassige Ehen sind in England nach wie vor nicht gern gesehen. Nicht dass Donald mich überhaupt gefragt hätte « , fügte ich hastig hinzu.
» Unsinn! Erst vor einer Woche habe ich einen Brief von meiner Freundin Minty, Indiras großer Schwester, erhalten, in dem steht, dass eine ihrer Freundinnen einen Engländer geheiratet hat. «
» Wahrscheinlich war ihre Freundin eine Prinzessin, keine einfache Kinderschwester « , seufzte ich. » Wir wissen beide, dass deine Mutter
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