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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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mittellos. Und sobald Astbury verkauft wäre, hätte er kein Reich mehr, über das er herrschen konnte.
    Im vergangenen Monat war Donald klar geworden, dass seine Erziehung ihn lediglich dazu befähigt hatte, als Angehöriger des Landadels sein Anwesen und seine Bediensteten zu führen. Was konnte er, vorausgesetzt, er kehrte nicht in die Armee zurück – ein grässlicher Gedanke –, mit seiner Zukunft anfangen, wenn das Anwesen verkauft wäre? Er stieg bei dem Bach ab, an dem Anni und er sich in jenem ersten Sommer unterhalten hatten, und legte sich ins Gras, um nachzudenken.
    Nach seinen Kriegserfahrungen erschien ihm ein Leben im Müßiggang sinnlos. Und er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er es sein würde, der einen Schlussstrich unter die jahrhundertelange Geschichte der Astburys in Astbury Hall zog. Wieder ertappte er sich dabei, wie er überlegte, ob es nicht vielleicht doch eine Möglichkeit gab, das Anwesen zu retten. Er wusste: Wenn er einen Weg fände, würde er ihn einschlagen, nicht nur seiner Familiengeschichte wegen, sondern auch, weil er damit den etwa zweihundert Bediensteten und Pächtern den Lebensunterhalt sichern und seine Mutter beruhigen könnte, die durch seine Pläne in ihren Grundfesten erschüttert war.
    Donald erhob sich und schwang sich wieder in den Sattel. Er würde sein Schicksal akzeptieren und sich auf die Zukunft mit Anni konzentrieren müssen, um einen neuen Sinn im Leben zu finden.
    15. Mai
    Gestern ist Mutter (endlich!) aus ihrem Zimmer aufgetaucht. Von A habe ich seit fast zehn Wochen kein Wort gehört. Ich habe zahllose Briefe an den Palast geschrieben, jedoch keine Antwort erhalten. Wo kann sie sein? Noch nie war ich so niedergeschlagen. Vielleicht hat sie mich vergessen, wie ihre Freundin Indira einen indischen Prinzen kennengelernt und mit ihm das Weite gesucht …
    Donald ließ den Stift fallen, erhob sich und blickte betrübt durchs Fenster hinaus. Die Sonne stand hoch am Himmel, und es war ein strahlender Tag, den er nur leider nicht genießen konnte, weil ihn schreckliche Gedanken an Anni und die Gründe, warum sie sich nicht meldete, beschäftigten. Möglicherweise lag es daran, dass seine Briefe nicht zu ihr gelangten. Der Postverkehr zwischen England und Indien war bekanntermaßen langsam. Er wusste, dass er erst wieder ruhig würde schlafen können, wenn er von ihr hörte.
    Beim Frühstück stellte er fest, dass seine Mutter sich durch einen Teller mit Eiern und Speck arbeitete.
    » Freut mich, dass es dir besser geht, Mutter. « Er rang sich ein Lächeln ab.
    » Du weißt ja, wie sehr mir der Winter immer zu schaffen macht. Aber jetzt kommt der Sommer, und es gibt jede Menge zu tun. «
    » Ach. « Donald fragte sich, was sie meinte.
    » Ja. « Maud reichte ihm einen Brief. » Alte Freunde deines Vaters haben geschrieben, dass sie uns gern besuchen würden. Natürlich habe ich Ja gesagt. «
    Donald überflog den Brief, auf dem sich ein New Yorker Absender befand. » Hier steht, dass sie in ungefähr sieben Wochen kommen wollen. Wer sind diese Drumners? «
    » Ralph Drumner ist das Oberhaupt einer der ältesten und wohlhabendsten Familien von New York. Ich glaube, ihm gehört eine Bank, und seine Frau ist, soweit ich mich erinnere, reizend. Sie haben eine Tochter namens Violet, die etwa im gleichen Alter ist wie du. Sie macht ihre Europatour und wird irgendwann diesen Sommer zu ihren Eltern stoßen. «
    Donald war überrascht über ihre Begeisterung, denn Maud fand die meisten Amerikaner » gewöhnlich « .
    » Wenn du dich wohl genug fühlst, sie hier zu empfangen, Mutter, freut es mich, dass die Aussicht auf den Besuch alter Freunde dich so aufmuntert. «
    » Ja, das weckt tatsächlich meine Lebensgeister. « Maud lächelte zufrieden.
    Donald beschloss, ihre gute Laune zu nutzen und die Selina-Frage in Angriff zu nehmen. » Vielleicht könntest du dich mit dem Gedanken anfreunden, Selina hierher einzuladen, wenn deine Gäste da sind. Der kleinen Eleanor fehlen ihre Großmutter und Astbury. «
    » Donald, du weißt, dass ich Selina, solange sie mit diesem Mann verheiratet ist, in unserem Haus nicht sehen möchte. Habe ich mich klar genug ausgedrückt? «
    Donald seufzte. Ihm war klar, dass es ihm als Lord Astbury und Eigentümer des Anwesens freistand, sich über ihre Wünsche hinwegzusetzen und seine Schwester einzuladen, wann immer er wollte. Doch er hatte keine Lust, sich zu einem Zeitpunkt, da sich seine Mutter zu erholen schien, wieder mit ihr zu

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