Die Mitternachtsrose
nicht einmal der Mond erhellte den Himmel. Rebecca verbarg sich hinter der Hecke, die den Hof auf einer Seite begrenzte, und verharrte einige Sekunden lang, um Atem zu schöpfen und auf Geräusche des Filmteams zu lauschen. Doch es herrschte völlige Stille. Sie überlegte fieberhaft, welche Szene gedreht wurde, und kam zu dem Schluss, dass das Team irgendwo bei der vorderen Auffahrt sein musste. Den Koffer immer noch in der Hand, machte sie sich im Schutz der Büsche auf den Weg zur Vorderseite des Gebäudes. Als sie den Park erreichte, erkannte Rebecca, dass sie einen Fehler gemacht hatte: Von hier aus waren die hellen Scheinwerfer jenseits des hinteren Gartens zu sehen.
Rebecca versteckte ihren Koffer hinter einem Busch – sie konnte ihn später holen, im Moment behinderte er sie nur – und lief den Weg zurück, den sie gekommen war, zum hinteren Teil des Hauses, dann an der dunklen Einfassung des ummauerten Gartens entlang. Auf der anderen Seite der hohen Eibenhecke, die den Garten vom Moor trennte, würde sie den Lichtern zum Team und in die Sicherheit folgen können. Sie beschleunigte ihre Schritte. Als sie die Hecke erreichte, schlüpfte sie durch die Öffnung und entdeckte, keine dreihundert Meter entfernt, das Filmteam.
» Gott sei Dank « , flüsterte sie erleichtert und blieb kurz stehen, um Atem zu schöpfen.
Da hörte sie hinter sich ein Rascheln. Rebecca wollte sich umdrehen, doch bevor sie herausfinden konnte, wer es war, wurde ihr ein Tuch aufs Gesicht gepresst. Ein durchdringender Geruch stieg ihr in die Nase, und ihr wurde schwindlig.
Wenige Sekunden später verlor sie das Bewusstsein.
43
Ari musste eine Weile suchen, bis er die Treppe zum Dachgeschoss von Astbury Hall fand. Als er an den zahlreichen Türen vorbeiging, fragte er sich, in welchem Zimmer Anahita ihren ersten Sommer in Astbury verbracht hatte.
Fernsehgeräusche führten Ari in den bewohnten Bereich des Dachgeschosses, wo er an einer Tür klopfte. Wenige Sekunden später wurde sie von einer Frau in Pflegerinnenuniform geöffnet.
» Kann ich Ihnen helfen? « , erkundigte sie sich argwöhnisch.
» Ja. Ich würde gern mit Mrs Trevathans Mutter sprechen. Soweit ich weiß, wohnt sie hier oben. «
» Ja. Dürfte ich erfahren, worum es geht? «
» Ich halte mich vorübergehend im Haus auf und stelle Nachforschungen über die Familiengeschichte der Astburys an. Weil Mrs Trevathans Mutter hier gearbeitet hat, könnte sie mir vermutlich ein paar Fragen beantworten. «
» Verstehe. « Die Pflegerin zögerte.
» Wer ist da, Vicky? « , fragte eine Stimme mit starkem Devon-Akzent aus dem Zimmer.
» Ein Herr, der sich mit Ihnen über die Zeit unterhalten möchte, in der Sie hier gearbeitet haben « , antwortete die Pflegerin.
» Bitten Sie ihn herein « , sagte die Stimme.
Die Pflegerin ließ Ari ein. Er betrat einen gemütlichen, überheizten Raum, in dem eine alte Dame vor dem in voller Lautstärke laufenden Fernseher saß. Ihre weißen Haare waren im Nacken zu einer Schnecke geschlungen, und sie hatte die gleichen wachen grünen Augen wie ihre Tochter.
» Hallo « , begrüßte sie Ari. » Wer sind Sie? «
» Mein Name ist Ari Malik. Ihre Tochter hat mir erzählt, dass Sie hier oben wohnen. Ich bin Gast von Lord Astbury. «
» Das hat meine Tochter Brenda erwähnt. Allerdings hat sie mir nicht gesagt, dass Sie mich besuchen würden. Egal. Ich habe Sie vom Fenster aus im Garten beobachtet. Stellen Sie das Ding aus, Vicky, man versteht ja sein eigenes Wort nicht « , wies sie die Pflegerin an. » Also, mein Lieber, was wollten Sie mich fragen? «
» Darf ich mich setzen? «
» Natürlich. Ich heiße übrigens Mabel Smerden. «
» Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs Smerden. Danke, dass Sie mir Ihre Zeit opfern. Ich bin nach Astbury gekommen, weil ich herausgefunden habe, dass jemand aus meiner Familie die ersten drei Jahre seines Lebens auf diesem Anwesen verbracht hat. Er hieß Moh Prasad. Ich glaube, seine Mutter Anahita war mit Ihrer Mutter Tilly befreundet, und Sie selbst haben als kleines Kind mit Moh gespielt. «
Mabel lehnte sich in ihren Sessel zurück. » Meine Mutter ist tot, und ich erinnere mich an nichts. «
Ari spürte ihr Unbehagen. » Jede kleinste Erinnerung könnte mir bei meinen Nachforschungen darüber, was mit ihm passiert ist, helfen. Wurde je ein Foto von Moh gemacht? Ich weiß, dass er Zeit bei Ihnen im Cottage verbracht hat, als Ihre Mutter auf ihn aufpasste. «
» Vielleicht gibt es irgendwo ein
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